Mord in Mombasa: Thriller (German Edition)

zu Harry, auf dessen Gesicht sich jähes Entsetzen malte.
    »Was zum Teufel ist denn das, Tug?«, fragte er mit erstickter Stimme.
    »Die Ladung«, antwortete Viljoen trocken.
    »Nein.« Harry machte einen Schritt zurück und hob abwehrend die Hände. »Nein, zu so etwas habe ich mich niemals bereit erklärt. Davon war nie die Rede! «
    Er wich zurück zu dem kleinen Motorboot.
    Da verschwand das Lächeln von Viljoens Gesicht. »Jetzt komm schon, Harry. Mach keine Geschichten.«
    Im nächsten Atemzug sagte er in Kiswahili etwas zu den Afrikanern, und Jake gefror das Blut in den Adern, als er sah, wie die beiden mit ihren Waffen auf Harry zielten.
    Harry starrte mit schreckgeweiteten Augen auf die Maschinenpistolen, als könnte er nicht glauben, dass sie wirklich auf ihn gerichtet waren.
    »Du hast zu mir gesagt, wir schmuggeln Hasch , Tug. Eine Ladung Hasch .«
    »Na ja«, meinte Viljoen. »Ich dachte, das würde dir zusagen. Dafür hattest du ja schon immer eine Schwäche.«
    Einer der beiden Männer war jetzt hinter den Van getreten und brüllte barsche Kommandos in den Laderaum, was – oder wer  – auch immer, darin sein mochte. Im nächsten Moment sah Jake einen winzigen schwarzen Fuß herauskommen, dann noch einen, und als die Gestalt in den Sand sprang, keuchte er entsetzt auf.
    Es war ein winzig kleines afrikanisches Mädchen in einem schlichten weißen Baumwollkleid, das mit Schweiß und weiß Gott was sonst noch beschmiert war. Als sie draußen war, zwinkerte sie ins grelle Licht und wimmerte leise. Dann gaben ihre dünnen Beinchen unter ihr nach, und sie fiel auf die Knie.
    »Mein Gott«, murmelte Martha.
    Aber das Mädchen war nicht allein. Ihr folgte ein zweites, vielleicht ein paar Jahre älter, dessen knospende Brüste sich unter dem dünnen Stoff ihres Baumwollhängers abzeichneten. Und nach ihr kletterten ein drittes und ein viertes auf wackligen Beinen aus dem Laderaum. Sie schirmten mit den Armen ihre Augen gegen das blendende Sonnenlicht ab. Fünf, sechs – keine von ihnen konnte älter als fünfzehn sein, schätzte Jake, und alle hatten denselben verschreckten Ausdruck auf ihren makellosen Gesichtern mit den großen Augen. Er erinnerte sich an die Hitze und die Dunkelheit im Inneren des Vans und konnte sich lebhaft vorstellen, welche Angst und welche Beschwerden die Mädchen auf der langen Fahrt von der tansanischen Grenze durchgemacht hatten.
    Und es stiegen immer noch mehr aus. Mehr und mehr, bis Jake zwanzig Mädchen sah, die sich in einem Kreis zusammendrängten, als könnte die Nähe sie irgendwie vor diesen Männern schützen.
    »Gehen Sie zurück zum Auto«, bat Jake Martha, »und sehen Sie nach, ob Ihr Handy hier Empfang hat. Wir müssen Jouma Bescheid geben, dass wir noch am Leben sind.«
    »Was wollen Sie unternehmen?«
    »Ich werde herausfinden, wo wir sind. Und wo die Yellowfin hinfährt.«

    Als sie gegangen war, schlug sich Jake weiter durch die Sisalpflanzen Richtung Strand.
    »Was meinst du, Harry?«, hörte er Viljoen krähen. Der Südafrikaner stand neben den kleinen Mädchen, die vor ihm zurückwichen, als wäre er ein Raubtier. »Sind das nicht kleine Schönheiten? Ich habe gehört, dass die Kenner in Europa sie ›Köderfischchen‹ nennen.«
    »Das kann nicht dein Ernst sein«, erwiderte Harry. Sein heiseres Flüstern war im leichten Wind kaum zu hören.
    Viljoen zuckte erneut mit den Schultern. »Ich muss zugeben, mich machen sie nicht so an – ich habe lieber meine Manyanga mit ein bisschen mehr Fleisch auf den Rippen und einer Menge mehr Erfahrung. Aber das ist nicht weiter wichtig, Harry. Wichtig ist, dass sie jemanden anmachen, und dieser Jemand ist bereit, einen Haufen Dollars für Topware zu zahlen. Ich hab gehört, dass sie in Europa hundert Dollar für so was hinblättern. Aber das geht mich nichts an. Mein Job besteht darin, für den Transport der Ware zu sorgen. Ich hab in dem Geschäft nicht weiter die Finger drin.«
    »Du kranker Wichser. Ich werd den Teufel tun, hier mitzumachen.«
    Jake zuckte zusammen, als Viljoen Harry mit dem Handrücken seiner Bärenpranke einen derben Schlag ins Gesicht versetzte. Harry stolperte rückwärts und verlor das Gleichgewicht.
    »Du machst bereits mit, Harry. Fünfundzwanzigtausend, du erinnerst dich sicher?«
    Während er sprach, wusste Jake, dass Viljoen nicht zögern würde, seine Männer das Feuer eröffnen zu lassen, wenn er annahm, dass Harry ernste Schwierigkeiten machen könnte.
    »Bring sie ins Boot, Harry«,