Mord in Mombasa: Thriller (German Edition)
befahl Viljoen.
O Gott, Harry, tu es! Tu doch einfach, was er sagt!
»Fick dich ins Knie, Tug«, erwiderte Harry.
Einen Moment sagte und tat Viljoen nichts. Dann zog er eine Handfeuerwaffe aus dem Bund seiner Shorts, eine schlanke, silberne Glock, die in seinen Wurstfingern lächerlich fehl am Platz wirkte. Ohne ein Wort ging er zu der Stelle, an der Harry im Sand lag, und drückte ab.
Die jungen Mädchen schrien auf, und es schien, als würden aus den Bäumen rund um die Bucht Tausende von buntgefiederten Vögeln gleichzeitig aufsteigen.
»Der nächste Schuss geht nicht daneben«, erklärte Viljoen. »Und wenn ich dich getötet habe, töte ich als Nächstes den kleinen Kaffer auf deinem Boot. Nur dass ich mir bei ihm vielleicht ein bisschen mehr Zeit lasse. Also, wie sieht’s aus, Harry? Wie sieht’s aus?«
Mit eiskalter Distanz beobachtete Jake Moore die Szene aus seinem Versteck im Unterholz. Seine Wut und seine Angst waren wie weggeblasen. Auf einmal wusste er genau, was er zu tun hatte.
63
C onrad Getty hätte schwören können, dass sein Magengeschwür unter dem unerträglichen Druck endgültig aufgegangen war. Zwar spuckte er noch kein Blut, doch es fühlte sich so an, als hätte ihm jemand einen rotglühenden Schürhaken durch den Mund bis in den Magen geschoben, wobei er sorgfältig darauf achtete, unterwegs das zarte Gewebe seiner Speiseröhre zu versengen.
Dass er eben über diesen besseren Feldweg gerattert war, hatte die Lage auch nicht gerade besser gemacht. Sogar die Stoßdämpfer seines Cayenne waren mit den Spurrillen und Schlaglöchern fast überfordert gewesen, die sie auf dem anderthalb Kilometer langen Weg vom Highway durch den Dschungel zu Croc World abzufedern hatten. Wie Viljoen den Nerv haben konnte, diesen Pfad als Straße zu bezeichnen, war Getty ein Rätsel. Kein Wunder, dass sein räudiger Vergnügungspark keine Besucher anlockte.
Nicht, dass das jetzt noch ein Problem gewesen wäre. O nein – denn Sergeant Viljoen kam nicht mehr zurück.
Der Anruf war vor dreißig Minuten in sein Büro durchgestellt worden. Es knatterte und zirpte, weil Viljoens Handy einen so schlechten Empfang hatte.
»Viljoen – wo zum Teufel stecken Sie? Warum haben Sie nicht angerufen?«
»Wir mussten unsere Pläne ändern, Captain.«
»Was?« Getty kam es vor, als würden die Wände des Büros auf ihn zuschnurren, und für einen Moment hatte er fast Angst, ohnmächtig zu werden.
»Keine Panik – ich sorge dafür, dass die Übergabe glattgeht. Aber danach bin ich weg.«
»Sind Sie wahnsinnig?«, heulte Getty auf. »Whitestone legt uns allesamt um, wenn er das rausfindet.«
Raues Gelächter drang durch die Leitung. »Kapieren Sie es denn nicht, Captain? Der legt uns doch sowieso um. Wir leben nur noch so lange, wie seine kostbare Lieferung in unseren Händen ist. Deswegen werden Sie auch mit mir mitkommen, wenn Sie noch ein bisschen Hirn im Kopf haben.«
»Aber …«, begann Getty, doch er wusste, dass Viljoen recht hatte. »Wohin fahren Sie?«
Viljoen setzte ihm seinen Plan auseinander. Auf eine leicht verdrehte Art war er gar nicht mal schlecht. Ein guter Soldat hält sich immer eine Rückzugsmöglichkeit offen , dachte Getty.
»Mann, Tug, warum haben Sie mir nicht schon früher Bescheid gegeben?«
»Weil Sie schwach sind, Captain. Weil Whitestone es herausgefunden hätte. Und jetzt schlage ich vor, dass Sie sich schleunigst in Bewegung setzen. Sie brauchen nämlich mindestens drei Stunden, um zu unserem Treffpunkt zu kommen.«
»Ja. Ja, okay.«
Erst in diesem Moment ließ Viljoen die Bombe platzen, und Gettys Magengeschwür brüllte auf.
»Unterwegs müssen Sie kurz in Croc World haltmachen«, sagte er. »Sie müssen da noch was für mich erledigen.«
Während der Hotelbesitzer sich mit Vollgas vom Marlin Bay entfernte und auf die Mangrovenwälder zusteuerte, konnte er die Augen kaum vom Rückspiegel abwenden, vor lauter Angst, Whitestone hätte ihn wegfahren sehen. Dabei verfluchte er Tug Viljoen mit jedem Kraftausdruck, der ihm auf Englisch oder Afrikaans geläufig war.
Viljoen hatte ihn um etwas ganz Einfaches gebeten. Aber jede Minute, die Getty in diesem gottverlassenen Loch verbrachte, war eigentlich Zeit, die er besser für die Flucht aus Kenia hätte verwenden können. Der Schweiß rann ihm in Bächen herab, und seine Magenschmerzen erreichten gigantische Ausmaße, während er Benzin aus seinem Metallkanister gegen die Wände von Viljoens Wohnwagen
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