Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord ist ihre Leidenschaft

Mord ist ihre Leidenschaft

Titel: Mord ist ihre Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. D. Robb
Vom Netzwerk:
gelassen. Er hatte überlebt und sogar triumphiert. Und in diesem Moment wurde ihm vielleicht zum ersten Mal bewusst – er hatte sich verändert.
    Nie wieder wäre er so wie der Junge, von dem er an der Ecke herausgefordert worden war. Er hatte aus eigener Kraft einen völlig neuen Menschen aus sich gemacht. Er genoss das Leben, das er sich geschaffen hatte, und zwar nicht nur, weil es das genaue Gegenteil von seinem alten Dasein war.
    Er hatte Liebe in sich, die glühende Liebe zu einer wunderbaren Frau, die in seinem Herzen niemals hätte Wurzeln schlagen können, wäre es wie damals noch aus Stein.
    Und nach all den Jahren durfte er entdecken, dass die Rückkehr an den Ort der Kindheit die Geister der Vergangenheit nicht wachgerufen hatte, sondern sie endgültig vertrieb.
    »Fahr zur Hölle, du verdammter Bastard«, murmelte er abgrundtief erleichtert. »Du hast mich doch nicht klein gekriegt. «
    Er wandte sich ab von allem, was einmal gewesen war, lenkte seine Schritte zurück in Richtung Gegenwart und Zukunft und ging langsam und zufrieden durch den Regen, der wie ein Meer aus weichen Tränen vom grauen Himmel auf seine Wangen fiel.

16
    N ie zuvor war Eve auf einer Totenwache gewesen, und es hatte sie überrascht, dass Roarke, der doch für seinen guten Stil bekannt war, ausgerechnet im Penny Pig Abschied von der toten Freundin nahm.
    Das Lokal war für den Publikumsverkehr geschlossen. Trotzdem herrschte kein geringeres Gedränge als am Abend zuvor. Es schien, als ob Jennie, wenn auch anscheinend keine Verwandten, so doch jede Menge Freunde zurückgelassen hatte.
    Eine irische Totenwache, so sollte Eve entdecken, unterschied sich nicht besonders von einem gewöhnlichen Besuch im Pub. Es gab Musik, Gespräche und es flossen literweise Schnaps und Bier.
    Sie dachte an die Totenfeier, an der sie erst vor einem Monat teilgenommen hatte, und deren Folge noch mehr Gewalt und Tod gewesen war. Dort hatte der Tote in einem auf einer Seite durchsichtigen Sarg gelegen, an den Wänden des Raumes hatten schwere Samtvorhänge gehangen und der Duft der unzähligen Blumen hatte einen regelrecht betäubt. Es hatte eine Atmosphäre der Trauer vorgeherrscht und wenn jemand gesprochen hatte, dann höchstens sehr gedämpft.
    Hier gedachte man der Toten auf eine völlig andere Art.
    »Unsere Jennie war wirklich ein wunderbares Mädchen«, erklärte ein Mann mit lauter Stimme und hob schwungvoll sein Glas. »Sie hat immer großzügig eingeschenkt, hat den Whiskey nie gepanscht, und ihr Lächeln war so warm wie das Essen, das sie einem serviert hat.«
    »Also dann, auf Jennie«, stimmten die anderen Gäste zu und tranken auf die Tote.
    Geschichten wurden zum Besten gegeben, in denen es nicht nur um die Vorzüge der guten alten Freundin, sondern oft auch scherzhaft um die Grillen eines der Anwesenden ging. Beliebtes Ziel des wohlmeinenden Spotts war natürlich Roarke.
    »Ich erinnere mich an einen Abend«, begann Brian gerade. »Es ist Jahre her, unsere Jennie war noch ein junges, hübsches Mädchen und hat Bier und Whiskey ausgeschenkt. Das war noch, als Maloney – Gott sei seiner räuberischen Seele gnädig – das Penny Pig gehörte und ich für einen Hungerlohn hinter dem Tresen stand.«
    Er machte eine Pause, nahm einen Schluck von seinem Whiskey und blies genüsslich den Rauch einer der von Roarke spendierten Zigarren in die Luft. »Ich hatte ein Auge auf Jennie geworfen – welcher junge Kerl, der noch ganz bei Verstand war, hatte das wohl nicht? –, aber sie hat mich nicht beachtet. Nein, ihr gefiel der junge Roarke. An jenem Abend herrschte hier ein ziemliches Gedränge und abgesehen davon, dass ich selbst sie angeschmachtet habe, haben wohl alle jungen Männer insgeheim gehofft, der guten Jennie wenigstens ein Zwinkern zu entlocken.«
    Er legte sich die Hand aufs Herz und seufzte derart leidend, dass seine Zuhörer vor Lachen brüllten und ihm begeistert applaudierten.
    »Aber natürlich hat sie mal wieder nicht auf mich geachtet, sondern ausschließlich auf Roarke. Der saß am selben Tisch wie heute Abend, nicht annähernd so elegant gekleidet und ganz bestimmt auch nicht so frisch duftend wie jetzt, aber mindestens genauso attraktiv. Jennie schwebte also mindestens ein Dutzend Mal an seinen Tisch, beugte sich dort derart weit zu ihm herunter, dass mir das Herz in dem Verlangen, mir selbst wäre nur einmal ein solcher Blick auf ihre volle Brust vergönnt, beinahe bis zum Hals schlug, und fragte ihn mit süßer Stimme,

Weitere Kostenlose Bücher