Mord ist ihre Leidenschaft
Sie sich noch aus jener Zeit erinnern, und wer hatte alles mit der Sache zu tun?«
»Ich habe nichts vergessen.«
Roarke studierte die reglose Miene und den kalten Blick des Butlers und nickte. »Darauf hatte ich gehofft. Dann machen wir uns also an die Arbeit.«
Die Lichter der Konsole blinkten wie die Sterne. Er sah sie einfach gerne an. Es war ihm egal, dass das Zimmer fensterlos und klein war, denn er hatte das Summen der Maschine und die künstlichen Sterne, die ihn führten.
Er war bereit, die nächste Runde zu beginnen. Der kleine Junge, der nach wie vor in seinem Innern lebte, genoss diese Art des Wettstreits. Der Mann, zu dem der Junge herangewachsen war, wappnete sich für seine heilige Mission.
Seine Arbeitsgeräte hatte er ordentlich vor sich aufgereiht. Er öffnete das Fläschchen mit dem von einem Bischof geweihten Wasser und bespritzte ehrfürchtig den Laser, die Messer, den Hammer und die Nägel. Die Instrumente göttlicher Vergeltung, die Werkzeuge der Rache. Hinter ihnen stand eine Statue der Heiligen Jungfrau. Der weiße Marmor war das Zeichen ihrer Reinheit, sie hatte die Arme segnend ausgebreitet und die Augen in ihrem wunderschönen Gesicht sahen ihn gütig an.
Er neigte den Kopf und küsste die marmornen Füße.
Eine Sekunde meinte er, Blut an seiner zitternden Hand zu sehen.
Doch nein, seine Hand war makellos und weiß. Er hatte das Blut seines Feindes abgewaschen. Schließlich war er das Lamm Gottes. Das Kainsmal befleckte die anderen, nicht ihn.
Bald, sehr bald schon, träfe er auf den zweiten seiner Feinde, und er musste stark sein, um sich hinter der Maske der Freundschaft zu verbergen und den Köder auszulegen.
Er hatte gefastet, hatte das Opfer gebracht, hatte sein Herz und seine Gedanken von allem weltlichen Übel befreit. Jetzt tauchte er die Finger in eine kleine Schale mit geweihtem Wasser, berührte seine Braue, sein Herz, die linke Schulter und die rechte. Er ging auf die Knie, schloss die Hand um den vom Papst gesegneten Skapulier, dessen Versprechen, ihn vor allem Bösen zu beschützen, er als starken Trost empfand, und stopfte das Stoffstück unter die Seide seines Hemdes, wo es auf seinem warmen Fleisch zum Liegen kam.
Erfüllt von Sicherheit und Zuversicht hob er den Blick zum Kruzifix, das über dem Tisch hing, auf dem die Waffen zur Erfüllung seines Auftrags lagen. Das Bild des leidenden Christus hob sich silbrig schimmernd vom Gold des Kreuzes ab. Das Besitzstück eines reichen Mannes. Nie war ihm der Gedanke gekommen, welche Ironie in dem aus kostbaren Metallen gegossenen Abbild eines Mannes, der Bescheidenheit gepredigt hatte, lag.
Er zündete die Kerzen an, faltete die Hände, neigte seinen Kopf und betete mit einer Leidenschaft, wie sie nur dem wahren Gläubigen – oder dem Wahnsinnigen – gegeben war.
Er betete um Gnade und machte sich bereit für einen Mord.
3
I m Morddezernat der Wache roch es nach abgestandenem Kaffee und frischem Urin. Während ein Wartungsdroide eifrig den alten Linoleumboden schrubbte, bahnte sich Eve, ohne das gewohnte Stimmengewirr der zahlreichen gleichzeitig telefonierenden Beamten auch nur am Rande wahrzunehmen, einen Weg zwischen den dicht an dicht stehenden Schreibtischen hindurch.
Peabodys Bereich bestand aus einem fünfzig Quadratzentimeter großen, schummrig beleuchteten Eckchen im hintersten Winkel des Büros. Trotz seiner Lage und der Enge war es ebenso gnadenlos durchorganisiert und aufgeräumt wie Eves Assistentin selbst.
»Hat irgendwer vergessen, wo die Toiletten sind?«, fragte Eve und Peabody hob den Kopf und sah sie grinsend an.
»Bailey hat einen Penner wegen einer Messerstecherei vernommen. Dem Typen hat es nicht gefallen, als Zeuge hierher mitgeschleppt worden zu sein. Er hat sein Missfallen dadurch zum Ausdruck gebracht, dass er Bailey auf die Schuhe gepinkelt hat. Den Berichten zufolge war seine Blase ungewöhnlich voll.«
»Hier ist es doch immer wieder schön. Ist der Bericht der Spurensicherung zu Brennen inzwischen da?«
»Ich habe gerade angerufen. Er müsste in Kürze kommen.«
»Dann fangen wir am besten mit den Überwachungsdisketten aus den Luxury Towers und aus Brennens Wohnung an.«
»Da gibt es ein kleines Problem.«
Eve legte den Kopf auf die Seite. »Haben Sie sie etwa nicht bekommen?«
»Ich habe bekommen, was es zu bekommen gab.« Peabody griff nach einer versiegelten Tüte, in der sich eine einzige Diskette befand. »Die Überwachungskamera in der obersten Etage und auch die
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