Mord ist kein Geschäft
Sie hätten ihm nur
erzählt, es befände sich in Ihrem Kühlschrank, weil Sie ihn hinhalten wollten.
Aber er wollte nicht hören. Als wir nun zu Ihrem Haus kamen und er sein altes
Paket nicht in Ihrem Kühlschrank fand, begann er so was wie Amok zu laufen und
überall nachzusehen. Leider hat er eine fürchterliche Schweinerei hinterlassen,
Rick—«
»Ich weiß .« Ich fletschte die Zähne. »Ich habe darin geschlafen .«
»Dann, nach etwa einer halben
Stunde, gab er auf und zerrte mich wieder in seinen Wagen zurück. Inzwischen
hatte er sich ein wenig beruhigt, jedenfalls soweit, daß er mir zuhörte, als
ich ihm von dem Gorilla erzählte, der mich gestern am frühen Abend überfallen
hatte, und daß dies der Grund gewesen sei, weshalb ich Sie gebeten hatte, mit
mir zurückzufahren, um nachzusehen, ob das Appartement sicher sei. Dann sagte
er, das alles ergäbe keinen Sinn: Wenn Sie es nicht hätten und er es nicht
hätte, wer es denn dann, zum Teufel, hätte ?« Sie legte
den Kopf zur Seite und sah mich an, als sei ich ein Quizexperte. »Was, glauben
Sie, soll das bedeuten, Rick ?«
»Ich glaube, es bedeutet, daß
er genauso verrückt ist wie Sie«, brummte ich. »Erzählen Sie vollends zu Ende.
Ja?«
»Nun, er fuhr, wie mir schien,
stundenlang ziellos in der Gegend herum. Lange Zeit sprach er überhaupt nicht
mit mir, und dann plötzlich sagte er, er glaube, er sei einem Irrtum erlegen,
als er in das Appartement gekommen sei und Sie dort vorgefunden habe. >Ich
dachte, du seist zur Opposition übergelaufen, Baby<, sagte er. >Ich
glaube, da habe ich mich geirrt .< Dann fuhr er
hierher zurück und setzte mich vor dem Haus ab. Ich fragte ihn, was er nun tun
wolle und erinnerte ihn daran, daß die Polizei glaubte, er habe Gladys
ermordet, und ob er da nicht etwas unternehmen wolle. Und der verrückte Idiot
grinste bloß und sagte, zuerst müsse er das Paket finden, denn der, der es
habe, sei auch der Mörder Gladys’. Es müsse derjenige sein, dem sie es in ihrer
Dummheit zuerst anvertraut habe.
Ich fragte ihn, was das Paket
denn enthielte; er lachte und sagte, wenn ich das wüßte, käme ich
wahrscheinlich auf ehrgeizige Gedanken, und er habe ohnehin schon ausreichend
Konkurrenz. Dann schob er mich aus dem Wagen und fuhr davon .« Sie zuckte ausdrucksvoll die Schultern. »Inzwischen war es etwa halb fünf Uhr
morgens geworden, und ich war völlig fertig. Also legte ich mich ins Bett und
schlief sofort ein. Ich wachte gegen elf Uhr auf und versuchte ab da, Sie
anzurufen. Und das ist, glaube ich, alles .«
»Hat er Sie deshalb >Louise
Patrick< genannt, weil er dachte, Sie seien zu seinen Gegnern übergelaufen ?« fragte ich sie.
»He!« Sie warf mir einen ehrfurchtsvollen
Blick zu, als ob sich soeben Genius persönlich unmittelbar vor ihren Augen
enthüllt hätte. »Daran habe ich gar nicht gedacht, Rick. Himmel — das bedeutet,
daß Patrick zu Mikes Gegnern gehört! Nicht?«
»Es klingt so«, bestätigte ich.
»Jetzt haben wir wirklich was
herausgekriegt .« Sie schäumte einen Augenblick vor
Begeisterung über, dann kam ein verblüffter Ausdruck in ihre Augen. »Wer ist
Patrick ?«
»Darüber muß ich nachdenken«,
sagte ich ausweichend. »Wollen Sie nicht, während ich überlege, den Drink
holen, von dem Sie vorhin sprachen ?«
»Gern«, sagte sie. »Nach wie
vor Rye — . Okay?«
»Sehr gut«, sagte ich. »Auf
Eis.«
Sie stand von der Couch auf und
verschwand mit dem aufreizenden Geraschel von Seide in der Küche. Im dem
Augenblick, da sie außer Sicht war, ging ich zu dem Schreibtisch in der einen
Ecke des Zimmers und zog eine Schublade auf. Dort lagen ein paar alte
Umschläge, die an »Louise Westerway « adressiert
waren. Dann war da ein Brief von einer Agentur, in dem stand, ihr letzter
Werbesong für die Weichkäsegesellschaft sei ein großer Erfolg gewesen, und sie
wollten, daß sie, Louise, noch weiter für sie arbeite. Die Details waren etwas
vage, aber der Bursche von der Agentur, der den Brief geschrieben hatte,
schwärmte davon, daß nun ohne Zweifel der Name Louise Westerway ein Begriff geworden sei, und er hoffe, daß sich in nächster Zeit Großes
ereigne.
Ich schloß die Schublade und
kehrte zur Couch zurück. Es gab also ausreichend Beweise, die bestätigten, daß
sie wirklich Louise Westerway war, fand ich. Auch die
Art und Weise, wie sie das Leben ihres Bruders während der letzten vier Jahre
geschildert hatte, war überzeugend gewesen. Sie hatte zu diesem Zeitpunkt nicht
genau
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