Mord ist kein Geschäft
gewußt, wieviel ich von Mike Westerway wußte, es hätte ihr also schwerfallen müssen zu
schwindeln. Sie war also eine großartige Verrückte, die ihren untauglichen
Bruder zwar nicht eben bewunderte, sich aber irgendwie für ihn verantwortlich
fühlte, wenn er in größeren Schwierigkeiten steckte. Es klang ein wenig nach
Schmiere, aber selbst die Schmiere hat gelegentlich ihre Parallelen im realen
Leben.
Sie kehrte mit den Gläsern
zurück, reichte mir das eine und ließ sich dann neben mir auf der Couch nieder,
wobei sie ihren Schenkel fest der ganzen Länge nach gegen den meinen preßte, was,
wie ich verdrossen vermutete, nichts als eine kameradschaftliche Geste war.
»Ist Ihnen jetzt eingefallen,
wer Patrick ist, Rick ?« fragte sie interessiert.
Ich nahm bedächtig einen großen
Schluck Rye , schluckte sachte und spürte, wie er auf
selbstlose Weise Wärme und Wohlbehagen in meinem Inneren verbreitete.
»Klar, mir ist eingefallen, wer
Patrick ist, Süße«, sagte ich gelassen. »Er ist der Bursche, der viermal so
große Männer wie Mike zu verschlucken und sie noch vor dem Frühstück
auszuspucken pflegt. Das haben Sie mir gesagt, als Sie gestern abend zum erstenmal in meinem Haus waren. Erinnern Sie sich ?«
Sie ließ mir ein leicht
glasiges Lächeln zukommen. »Das habe ich gesagt, Rick ?«
»Sie sagten außerdem, Sie seien
sicher, daß ich und mein geheimnisvoller Partner von Fabrielle Frye und Patrick engagiert worden seien, um Mike zu ermorden«, fügte ich hinzu.
»Meine Beweisführung ist meistens lausig, aber mein Erinnerungsvermögen ist
ausgezeichnet — sozusagen unübertrefflich. Wenn Sie etwas aus der Zeit hören
wollen, als ich vier Jahre, fünf Monate und dreieinhalb Tage alt war und meine
Mutter mich fallen ließ, weil...«
»Ich glaube nicht«, sagte
Louise vorsichtig. »Ich weiß nicht .« Sie schüttelte
belustigt den Kopf. »Ich glaube, seit gestern nacht hat sich alles so schnell entwickelt, daß ich die nächstliegenden Dinge
vergesse! Natürlich, Mike hat mir erzählt, daß Eugene Patrick der Mann sei, der Fabrielle Frye gleich nach ihrer Scheidung von ihm,
Mike, heiraten wolle. Wie konnte ich etwas Derartiges vergessen ?«
»Ich glaube nicht, daß Sie
etwas Derartiges vergessen haben, Süße«, knurrte ich. »Sie haben nur vergessen,
daß Sie mir bereits von Patrick erzählt hatten .«
»Oh!« Sie blies eine
Haarsträhne aus ihren Augen. »Beweist das irgend etwas ,
Rick ?«
»Daß Sie eine miserable
Lügnerin sind«, sagte ich, »vielleicht auch eine gute Schauspielerin? Wenn ich
es mir recht überlege, so war, wenn Sie mich zu Mikes Gunsten aushorchen
wollten, das klügste, was Sie tun konnten, die naive, leicht verrückte kleine
Schwester zu spielen, die sich für ihren Bruder einsetzt. Stimmt’s ?«
Ihre Augen hatten noch immer
die dunkelsamtene Farbe des Nachthimmels, aber es glitzerten keine Sterne mehr
darin. »Die ganze Unterhaltung langweilt mich plötzlich entsetzlich, Rick Holman «, sagte sie mit zitternder Stimme. »Ich glaube, ich
kann Sie nicht mehr leiden. Ich möchte, daß Sie jetzt gehen .«
»Okay.« Ich trank mein Glas
leer und stand auf. »Ich gebe Ihnen noch einen letzten guten Rat, Süße. .Wenn
Sie in diese Affäre — worum immer es sich handeln mag — verwickelt sind, so
geht das bei weitem über Ihre Kräfte. Vielleicht fällt der nächste Gorilla, der
daherkommt, nicht auf die Sache mit dem Staubsauger herein; vielleicht glaubt
er, die Information befände sich in Ihrem Kopf und fängt an, mit einem stumpfen
Messer nachzugraben .«
»Leben Sie wohl, Mr. Holman «, sagte sie tonlos. »Ich kann nicht behaupten, daß
es ein Vergnügen war, Sie kennenzulernen, aber es hätte eins sein können .«
»Ich habe dasselbe Gefühl,
Süße«, sagte ich ehrlich und ging auf die Tür zu.
»Rick?« In ihrer Stimme lag ein
unsicher schwankender Unterton, der mich bewog, stehenzubleiben und mich
umzudrehen.
Sie lächelte mich mit
zitternden Lippen an. »Louise Westerway — Louise
Patrick — Louise Westerway «, sagte sie. »Das ist die
Geschichte meines jungen Lebens. Ich glaube, da ist eine psychische
Blockierung, die jedesmal einsetzt, wenn ich mich an
den Patrickschen Teil meines Lebens erinnern soll.
Wie Sie sagten: Ich bin eine miserable Lügnerin .«
»Sie waren mit Eugene Patrick
verheiratet ?« Ich starrte sie an.
»Für acht Monate, drei Wochen
und vier Tage«, sagte sie. »Es war keine angenehme Erfahrung, Rick .«
»Das kann ich mir
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