Mord ist schlecht fürs Geschäft
Anwesen«, antwortete Mrs. Patel.
Die Tür von Nummer sechs stand noch offen, damit die Leute von der Spurensicherung ein und aus gehen konnten.
»Ich würde ja wirklich gern einmal einen Blick in die Wohnung im Souterrain werfen«, sagte Honey und schaute auf die Steinstufen, die dort hinunterführten.
Mrs. Patel begann in ihrer braunen Lederhandtasche zu wühlen, die sie unbedingt hatte mitnehmen wollen. »Ich habe die Schlüssel.«
»Wirklich?«
Obwohl sie Mrs. Patel noch nicht lange kannte, hätte sie nicht gedacht, dass irgendetwas an der alten Dame sie noch hätte überraschen können, aber sie wartete trotzdem immer noch mit etwas völlig Unerwartetem auf.
»Meinem anderen Sohn gehört das Nebenhaus. Ich habe den zweiten Satz Schlüssel.«
Spätestens zu diesem Zeitpunkt kam Honey der Gedanke, dass Doherty, anstatt bei einem Richter einen Haftbefehl zu erwirken, wohl besser nebenan bei dieser netten Großmutter hätte anklopfen sollen. Mrs. Patel war eine Matriarchin allererster Güte.
Die Polizisten überlegten kurz, ob sie wirklich die rechtmäßige Besitzerin eines Schlüssels davon abhalten sollten, das Haus zu betreten, schauten ihnen dann einfach hinterher, wie sie die Treppe hinuntergingen.
»Die Wohnung hat einen eigenen Eingang«, sagte Mrs. Patel. Sie zwinkerte. »Sehr diskret.«
Die Wohnung im Souterrain bestand aus zwei Schlafzimmern, einem Badezimmer, einer Küche und einem ebenerdigen |280| Wohnzimmer. Eine Verandatür mit zwei Flügeln führte auf eine geflieste Terrasse hinter dem Haus.
Sogar nach der Modernisierung und Behandlung gegen Feuchtigkeit roch es in einigen im Souterrain gelegenen Wohnungen noch moderig. In dieser hier nicht. Alles war weiß gestrichen, wurde von in die Wand eingelassenen Spots erhellt und sah adrett und sauber aus. Vielleicht ein bisschen zu adrett, zu streng. Es lagen keine Bücher oder Zeitschriften herum, es gab keinen Fernseher oder sonst den geringsten Hinweis darauf, dass hier manchmal jemand wohnte. Und doch war das der Fall.
Honey schnupperte. Der Geruch kam ihr vertraut vor – kein Duft von fettem Speck oder chemischen Reinigern wie in alten möblierten Zimmern, sondern Parfüm, sehr teures Parfüm hing in der Luft. Sie hatte das schon einmal gerochen. Mrs. Patels kesses Zwinkern und ihr Kommentar ergaben auf einmal einen Sinn.
»Wie hieß der Mann, der diese Wohnung benutzt hat?«
»Mr. Conway.«
Honey erinnerte sich an den höflichen jungen Mann, der den Tee gebracht hatte. »Haben Sie je die Frau gesehen, die hier mit ihm hergekommen ist?«
Mrs. Patel verdrehte vielsagend die Augen. »O ja. Sehr blond und mit Gold behängt. Teuer, wenn auch nicht gerade geschmackvoll. Sozusagen aufgedonnert.«
Honey holte tief Luft. »Ich hätte sie nicht besser beschreiben können.«
Lady Pamela Charlborough. Es konnte keine andere sein.
»Es war also ein Liebesnest.«
»In der Tat.« Ein besorgter Schatten fiel auf Mrs. Patels fröhliches Gesicht. »Natürlich nur die eine Frau. Es ist kein Puff, wie man so sagt.«
Honey schüttelte den Kopf und konnte sich ein Grinsen gerade noch verkneifen. »Nein, natürlich nicht.«
»Er ist nicht immer mit ihr gekommen. Manchmal war er auch allein da.«
|281| »Was hat er gemacht, wenn er allein gekommen ist?«
»Meistens in der Werkstatt gearbeitet. Da drüben.«
Sie deutete auf eine Tür unterhalb der Treppe. »Die führt in die Keller. Er hat Köpfe aus Ton und Kunststoff angefertigt. Das hat er meinem Sohn gesagt, als er die Wohnung angemietet hat. Mein Sohn hat ihm geantwortet, dass er so was nicht in der Wohnung tun dürfte, sondern den Keller dazu benutzen müsste.« Sie deutete mit ausgebreiteten Armen auf die makellose Wohnung.
»Das denke ich auch«, stimmte Honey ihr zu.
»Ich mag solche Puppen nicht«, sagte Mrs. Patel plötzlich.
»Er hat Puppen hergestellt?«
Mrs. Patels Kinn schoss vor. »Nur Köpfe. Er hat für seinen Boss Köpfe aus Latex gemacht.«
Honey unterdrückte ein Schaudern.
Sie schaffte es, ihre Stimme weiter freundlich zu halten, als hätte sie nicht an die Köpfe im Gewächshaus gedacht. Die waren ihr natürlich sofort eingefallen.
»Wieso haben Sie denn diese Köpfe gesehen?«
»Er brauchte etwas, um sie damit abzudecken. Er hat meinen Sohn gefragt, ob er ihm die kleinen Säcke aufheben kann, in denen die Gewürze geliefert werden. Das hat mein Sohn getan, und er hat mich gebeten, sie ihm zu bringen.«
Säcke! Wer diese Latexköpfe für die Kriegsspiele herstellte,
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