Mord ist schlecht fürs Geschäft
Wagen in die Einfahrt ein, zielte haargenau zwischen die Pfeiler, die zu beiden Seiten des Tors standen.
»Er hat sich bei der Kirche auch mit Pamela Charlborough getroffen.«
»Nur bei der Kirche?«, fragte Casper so betont scharf, wie das seine Art war.
»Nur bei der Kirche«, antwortete sie grimmig. »Der Taxifahrer hat gesagt, dass er sich hier drei Tage nacheinander stundenlang aufgehalten hat.«
»Hübsche Kirche«, meinte Casper. »Bin mal herumgegangen.«
Honey erinnerte sich daran, dass ihr der Innenraum ein wenig düster vorgekommen war. »Drinnen war es finster.«
»Wie gesagt, meine Liebe, ich bin außen herumgegangen. |157| Es gibt da einen sehr gepflegten Friedhof, der von efeuberankten Mauern und Lorbeerhecken umgeben ist.«
»Wie überaus poetisch.«
»Es gibt auch einen Zauntritt, und es liegen kaum mehr als zwei Felder zwischen dem Friedhof und Charlborough House.«
Honey umklammerte das Lenkrad. Ihre Augen strahlten vor Begeisterung. »Also konnte der Taxifahrer gar nicht wissen, ob Elmer Charlborough Grange einen Besuch abgestattet und sich mit Pamela Charlborough getroffen hat.«
»Sollten Sie sie nicht
Lady
Charlborough nennen?«, erkundigte sich Casper mit einer Nonchalance, die Noël Coward Ehre gemacht hätte.
»Was man so hört, ist sie alles andere als eine Lady!«
»Sie haben Vorurteile. Und glauben Sie bloß nicht, dass ich nicht begriffen habe, in welche Richtung Ihre Vermutungen gehen. Sie nehmen an, dass sie eine Affäre mit unserem amerikanischen Freund hatte.«
»Richtig. Wenn er keine Affäre mit ihr hatte, warum hat er dann ihre Bekanntschaft gemacht?«
»Diese Begegnung hätte vorher verabredet sein können, sie könnte auch reiner Zufall gewesen sein. In jedem Fall dürfen wir unseren vermissten Mr. Herbert nicht außer Acht lassen. Mr. Maxted wird ermordet aufgefunden, und Mr. Herbert ist verschwunden. Um es in Detektivsprache zu sagen, der Fall liegt glasklar.«
Honey schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht glauben, dass es so einfach ist. Die Kusine seiner Frau ist doch schon lange tot, warum sollte er da herkommen?« Ihr schoss ein Gedanke durch den Kopf, der ihr kalte Schauer über den Rücken jagte. »Es sei denn, er wusste nicht, dass sie tot ist? Es sei denn, er hatte den Verdacht …«
»Jetzt sind Sie aber wirklich in einem Kriminalroman gelandet. Sie erfinden die Geschichte …«
Sie hörte ihm nicht zu. Sie war so sehr mit dem »was wäre wenn« und dem »warum« beschäftigt, dass sie am Haupteingang |158| des Herrenhauses vorbeifuhr. Casper schrie erschrocken auf, als sie den Wagen herumriss.
»Tut mir leid, ich war ganz woanders.«
Casper setzte sich wieder aufrecht hin und schob seinen Hut zurück. »Ich auch. Ohne meinen Sicherheitsgurt hätte es mich durch die Windschutzscheibe katapultiert.«
Diesmal machte niemand die Tür auf.
Honey schaute zum Auto hinunter, das sie auf dem kiesbestreuten Weg unterhalb der Treppe abgestellt hatte. Casper hatte es sich bequem gemacht, die Arme vor der Brust verschränkt, den Hut wieder über die Augen gezogen, aber sie wusste, dass er grübelte. Er hatte die neuerworbene Uhr verloren, und er war stinksauer darüber.
Die Tür blieb verschlossen. Die Fenster blickten leer über die warmen Steinterrassen, die in der Nachmittagssonne brieten. Die Schatten der Bäume auf den Rasenflächen wurden länger, und Bienen summten um die Blüten. Die Luft war erfüllt von Blumenduft und dem Aroma der grünen Blätter, dem Geruch des Grases in der Sommersonne.
Honey traf eine instinktive Entscheidung und ging den Pfad entlang, der vor dem Haus vorbeiführte, dann durch einen Torbogen und weiter zu einer Rosenlaube: ein Tunnel aus Blüten, schwer vom Duft gelber und weißer Rosen, die auf ganzer Länge miteinander um die Wette rankten.
Sie trat durch eine Tür in einen ummauerten Garten, in dem Obstbäume am Spalier den warmen roten Ziegelstein hinaufwuchsen. Solche Gärten hatte es schon im Mittelalter gegeben. Vielleicht war auch dieser älter als das Haus selbst, das auf der Ruine einer früheren Wohnstatt errichtet worden war.
Die gärtnerische Umgebung, ein paar Mülltonnen, ein kleiner Zementmischer, ein Aufsitzmäher, den man noch nicht weggeräumt hatte, all das wies auf den Dienstboteneingang hin. Hinter dem Haus war es so ruhig und menschenleer wie vorn.
»Hallo?«, rief sie.
|159| Der Klang ihrer Stimme verhallte in der Sonne, die auf die roten Ziegelsteinmauern und die Metallgegenstände
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