Mord ist schlecht fürs Geschäft
werden.«
Das kam Honey sehr bekannt vor. Frauen wie Mrs. Quentin brauchten keinen Computerkalender, um sich daran zu erinnern, wer wann zu Besuch gekommen war, woher er oder sie stammte und was ihre Absichten gewesen waren. Menschen mit angeborener Neugier hatten einen 10-Megabyte-Speicher – von Geburt an.
Honey stellte die Frage, die sich nun aufdrängte: »Erinnern Sie sich an den Amerikaner, der hier für seinen Stammbaum Nachforschungen angestellt hat?«
Mrs. Quentin nickte. »Mr. Maxted. Drei Tage nacheinander ist er hier aufgetaucht, hat in den alten Kirchenbüchern gelesen und Fragen gestellt. Er hat viel rumgeschnüffelt. Ich habe ihn auch hinter der Kirche erwischt. Da habe ich dann begriffen, dass er sich nicht nur für den Familienstammbaum interessierte«, sagte sie, und jetzt war ihre Stimme nur noch ein verächtliches Zischen.
» Sie
war auch da. Ich habe sie hinten auf der anderen Seite des Zauns gesehen. Ein Flittchen ist die. Lady Charlborough, pah! Die ist keine Lady! Die erste Lady Charlborough, das war eine feine Dame. Aber die …«
Eine Frau! Hatte Elmer ein Verhältnis?
»Haben Sie zufällig gehört, worüber sich die beiden unterhalten haben?«
Die roten Lippen verzogen sich verächtlich. »Ganz gewiss nicht! Ich belausche keine Privatgespräche!«
Honey murmelte eine Entschuldigung.
»Außerdem haben sie völlig normal geredet, nicht wie der Mann, der dann am gleichen Tag noch kam. Das war vielleicht ein ungepflegt aussehender Bursche. Vielleicht ist das ein bisschen unfair. Eigentlich war er nicht ungepflegt, eher bleich und blass. Und laut. Ein Wunder, dass die nicht aneinandergeraten sind. Der Amerikaner war alles andere als erfreut, kann ich Ihnen sagen.«
Die Sonne milderte ein wenig die Kälte, die von hinten aus der Krypta heraufstieg, aber Honey lief trotzdem ein Schauer |155| über den Rücken. Diese Beschreibung kam ihr bekannt vor. Wagte sie die Frage?
Das war also Steve Dohertys Zeuge. »Sie haben nicht zufällig seinen Namen gehört?«
Mrs. Quentin schüttelte den Kopf. »Aber sein Auto habe ich gesehen.«
Honey konnte nur mit Mühe ihre Aufregung verbergen. »Sie erinnern sich nicht zufällig an die Marke oder die Farbe?«
Die gepuderten Wangen verzogen sich zu einem wissenden Lächeln. »Aber sicher doch! Eines von den Autos, das den ganzen Tag die Scheinwerfer anhat. Und ein Kombi dazu. Moment mal, fängt mit einem V an …«
»Ein Volvo?«
»V für Volvo? Genau!«
Honey widerstand der Versuchung, auf dem Rückweg zum Auto fröhlich zu hüpfen.
»Nach Hause«, grummelte Casper, der in seinem Sitz zurückgelehnt lag und sich den Hut tief ins Gesicht gezogen hatte.
»Noch nicht«, sagte Honey, die ihre Erregung kaum noch zügeln konnte. »Ich glaube, unser Amerikaner hatte unter Umständen eine Affäre mit Charlboroughs Frau.«
Casper linste unter seiner Hutkrempe hervor, als sie den Wagen von der Bordsteinkante wegmanövrierte. »Jetzt aber mal halblang, Mädchen.« Den Gashebel bis zum Boden durchgedrückt, waren sie schon unterwegs zurück nach Charlborough Grange.
»Ich muss schon sagen, diese Detektivarbeit ermüdet mich kolossal«, murmelte Casper. »Ich hatte Sie doch lediglich gebeten, mit der Polizei Kontakt zu halten, nicht den Fall selbst zu übernehmen.«
»Ich mache keine halben Sachen, Casper.«
Er wedelte schicksalsergeben mit der Hand. »Machen Sie, was Sie wollen. Aber erwarten Sie nicht, dass ich mich wieder in die hochnäsige Gesellschaft dieses Menschen begebe. |156| Diesen Typen würde ich nicht einmal auf meine B-Liste von Bekanntschaften aufnehmen.«
Das war mal eine Überraschung!
»Machen Sie sich um den keine Sorgen. Jetzt hören Sie mir zu, Casper. Laut Aussage des Pfarrers war Elmer Sir Andrews angeheirateter Schwager, nicht in der gegenwärtigen Ehe – in der ersten.«
»Und Sie vermuten irgendwelche üblen Machenschaften in der Familie«, ergänzte er tiefsinnig. »Oder, wenn ich das sagen darf, Sie hoffen drauf.«
»Mache ich den Eindruck?«
»Ja. Wie eine Bulldogge, die einen Knochen zwischen die Zähne bekommen hat und ihn nicht mehr loslässt.«
»Eine von den Frauen, die sich in der Kirche um die Blumen kümmert, hat gehört, wie sich Elmer mit jemandem gestritten hat. Raten Sie mal, mit wem?«
»Na los. Sagen Sie mir’s«, hauchte Casper müde, die Hutkrempe beinahe auf der Nase.
»Mit Mervyn Herbert!«
»Ah! Da haben wir unseren Mörder!«
»Hätten wir, wenn wir wüssten, wo er ist.«
Sie bog mit dem
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