Mord nach Drehbuch
jetzt hin.«
Der Regisseur wuselte hinter ihr her, eifrig darum bemüht, die aufgebrachte Hauptdarstellerin zu besänftigen. »Marty na , Darling!«
»Du hast es gehört! Ich bin in meinem Wagen! Und ich komme nicht wieder raus, ehe diese Frau da endlich weg ist!«
Schweigend schauten ihr alle hinterher, wie sie mit gerafften Röcken davonstürmte.
Der Regisseur seufzte. »Sie müssen das verstehen, ich habe ohnehin schon genug Probleme. Was halten Sie davon, wenn Sie sich fürs Erste einmal verziehen? Sich einfach zwischen den anderen Statisten verkrümeln?«
»Okay, mach ich.«
Er ging weg, wirkte aber immer noch leidgeplagt. Honey fragte sich, ob er vielleicht deswegen so lange graue Haare hatte, weil er einfach keine Zeit fand, zum Friseur zu gehen.
Sie schaute ihm auch noch nach, als er die Straße überquerte und zu dem Haus ging, das man für die Dreharbeiten angemietet hatte. Sie lauschte aufmerksam auf das, was rings um sie geschah. Sie hörte ihren Nebenmann etwas flüstern. Es klang wie: »Krepier doch wegen mir!« Eine andere Stimme bekräftigte das mit: »Hört, hört!«
»Ich schließe daraus, dass Miss Manderley nicht geradeübermäßig beliebt ist«, sagte Honey zu ihrem Freund, dem Tontechniker.
»Etwa so beliebt wie ein Furunkel am Hintern«, antwortete er und fügte dann grinsend hinzu: »Und wir alle wissen, was man am besten mit einem Furunkel am Hintern macht. Aufstechen – mit einem scharfen Gegenstand.«
Kapitel 2
Martyna Manderley hatte die breiten, eckigen Schultern eines Supermodels und ein Ego, das für eine Frau von gerade mal fünfundzwanzig ein paar Nummern zu groß war. Der rasche Ruhm hatte sie reich gemacht. Er hatte sie auch arrogant werden lassen. Das kann wohl passieren, wenn eine junge Frau sich unbesiegbar fühlt und einen Vertrag mit einer weltberühmten Kosmetikfirma unterschrieben hat.
Courtney, die Maskenbildnerin, tat ihr Möglichstes. Aber es war früh am Morgen, und Martyna Manderley, die heute Jane Austen, die allererste Verfasserin wahrhaft romantischer Literatur, spielen sollte, war maximal zickig.
»Großer Gott! Ich sehe ja aus wie ein verdammtes Scheißgespenst«, fuhr Martyna die Maskenbildnerin an, nachdem sie mit Glubschaugen ihr Spiegelbild betrachtet hatte. »Ich will, dass meine Augen mehr betont werden! Und mehr Rouge!«
Die liebe kleine Courtney, ganze einsfünfzig groß und ein wenig füllig um die Taille, war ein freundliches Schätzchen. Ihre ohnehin schon rosigen Wangen wurden scharlachrot.
»Damals haben sie aber keinen Lidstrich getragen …«
»Das ist mir scheißegal, was die damals gemacht haben. Wir leben heute!« Ihr Ton war kaum freundlich zu nennen, noch viel weniger damenhaft.
»Aber man hat mir gesagt …«
»Es ist mir so was von schnurzpiepegal, was dieser Hohlkopf von Regisseur dir gesagt hat. Ich will einen Lidstrich! Und Rouge!«
»Aber ich kann doch nicht …«
»Her damit!«
Martyna schnappte sich den Lidstrich aus der Make-up-Tasche, die Courtney um die Taille gebunden trug.
»Du wirst doch nicht etwa weinen?«, fragte sie fröhlich, als sie mit dem Stift an ihrem Unterlid entlangfuhr. Mit glitzernden Augen starrte sie auf die unglückliche junge Frau, während sie auch das andere Auge von innen nach außen mit einem Lidstrich umrahmte.
»Du blöde kleine Kuh. Mach schon. Heul doch. Dann kann ich Boris erzählen, wie inkompetent du bist, damit er dich endlich rausschmeißt.«
Sie war höchst erfreut, dass Courtney den Tränen nah war. Die Rolle der fiesen Tyrannin war ihr wie auf den Leib geschrieben. Sie genoss das Gefühl der Macht über die junge Frau, die sie für unterlegen hielt. Wenn sie noch ein wenig weiterstichelte, dann …
Da rauschte mit einem Schwall eiskalter Luft Sheherezade Parker-Henson in den Wagen.
»Tut mir leid, dass ich mich verspätet habe.« Die leitende Maskenbildnerin hatte nun gar nichts Bescheidenes an sich, und ganz sicherlich fürchtete sie sich nicht vor dem von allen anderen verhätschelten Star.
Sie betrachtete Martyna ganz genau, und ihre Kiefer begannen zu mahlen.
»Kein Lidstrich«, blaffte sie und riss dem Star den Stift aus den eleganten, schmalen Fingern. »Das geht gar nicht, dass Jane Austen wie eine schrille Supertussi daherkommt, oder?«
Martyna wandte sich jammernd zu ihr um. »Dann stellt gefälligst eine voll ausgebildete Maskenbildnerin ein und keinen dämlichen kleinen Lehrling frisch von der Schule.«
Sheherezade Parker-Henson war eine der besten
Weitere Kostenlose Bücher