Mord nach Drehbuch
Maskenbildnerinnen auf der Szene und bekannt dafür, dass man sie so leicht nicht einschüchtern konnte.
»Hör mit dem Scheiß auf, Martyna. Du weißt, wie die Sache hier steht.«
»Oh, Schezzer …«, winselte Martyna. Sie warf ihr ein flehendes Lächeln zu.
Sheherezade hatte schon seit undenklichen Zeiten mit Schauspielern zu tun. Sie wusste genau, dass ein Lächeln nur aus Zähnen und verkrampften Lippen bestehen konnte. Sieh mich an, bin ich nicht wunderbar? Es konnte einem wie ein Geschenk angeboten oder als Schutzschild benutzt werden, um tiefere Gefühle zu verbergen. Und es gehörte zum Standardrepertoire jedes Schauspielers – ein Gesichtsausdruck, den man im Provinztheater und bei der Royal Shakespeare Company gleichermaßen lernte.
Sheherezade umklammerte die Schultern des Stars mit einem Schraubstoffgriff und drehte sie zum Spiegel hin. »Wie ich schon gesagt habe. Lass den Scheiß. Und nenn mich nicht Schezzer. So dürfen mich nämlich nur meine Freunde nennen.«
Nun übernahm die Schauspielerin in Martyna das Kommando. »Bin ich denn nicht eine von deinen Freundinnen, Schezzer?«
Sheherezade schaute verächtlich auf den langen Finger, der ihr zart über den Arm strich. Ihre Miene wurde säuerlich.
»Nein.« Damit schüttelte sie Martyna ab. »Wenn ich eine Freundin wie dich wollte, würde ich mir ein Haustier zulegen. Eine Schlange vielleicht, oder eine Tarantel.«
Martynas Gesichtsausdruck verfinsterte sich. »Wie kannst du es wagen, so mit mir zu reden! Ich kann dafür sorgen, dass du rausfliegst. Das weißt du doch, oder?«
Martynas Haar war zu einem Knoten zusammengefasst, an dem man weitere falsche Locken anbringen konnte. Nun packten Sheherezades starke Finger diesen Knoten und zerrten Martynas Kopf zurück. Dann wischte die Maskenbildnerin mit einem feuchten Kosmetiktuch ziemlich unsanft an dem Lidstrich herum, bis sie ihn völlig weggerubbelt hatte.
»Na, dann mach nur. Und ich könnte dir diesen Gefallen fünffach vergelten, das weißt du auch, oder nicht?«
Sheherezades und Martynas Blicke trafen sich im Spiegel.
Courtney war ziemlich übel. Sie bemerkte den Hauch von Drohung, der in der Luft lag, und hatte doch keine Ahnung,was hier eigentlich vorging. Sie trat den Rückzug zur Tür an und tastete vorsichtig nach dem Griff. Als sie endlich draußen stand, lehnte sie sich keuchend an den Wagen und suchte in ihrer Tasche nach dem Inhalator.
»Geht es dir gut?«
Derek Byrne, der Tontechniker, betrachtete sie aufrichtig besorgt.
Sie nickte, während sie inhalierte, als ginge es um ihr Leben. Eins, zwei, drei, vier …
Derek tätschelte ihr die Schulter. »Probleme mit der Bösen Hexe des Westens?«
Sie schaffte es, mit tränenüberströmtem Gesicht zu nicken.
»Mach dir nichts draus. Schezzer wird ihr den Kopf schon wieder zurechtrücken.« Sein Grinsen war ansteckend.
Courtney lächelte zögerlich. Derek hatte recht. Sheherezade Parker-Henson hatte sich im Griff. Und sie hatte Martyna Manderley im Griff.
»Ich … hasse … sie«, japste Courtney zwischen zwei tiefen Atemzügen.
»Tun wir das nicht alle?«, erwiderte Derek.
»Ich dachte, du kommst mit jedem klar«, meinte Courtney.
Sein Grinsen verflog. »Nur mit den Menschen. Und dazu zähle ich Martyna nun wirklich nicht.«
Kapitel 3
Das Telefon klingelte. Martyna riss die Augen auf und stürzte sich darauf. »Ja!«
»Hallo!«
Sie erkannte die Stimme ihres Verlobten Brett Coleridge. Ihr Klammergriff um das Telefon entspannte sich. »Na, sag mal, Schätzchen. Das ist aber eine Überraschung – eine
wunderbare
Überraschung!«
Die bissige Geierschildkröte hatte sich in eine schnurrende Miezekatze verwandelt. Selbst ihre Augen hatten etwas Katzenhaftes, als sie nun lächelte.
»Ich wollte dich überraschen. Du solltest wissen, dass ich an dich denke.«
»Ach, Brett, das ist ja so cool. Natürlich wäre es noch besser, du wärst hier – wenn du weißt, was ich meine –, aber trotzdem supergut. Ich liebe deine Stimme. Ich liebe deinen Körper, nicht unbedingt in dieser Reihenfolge. Sprich mit mir. Mach mich heiß.«
Sie streichelte den Hörer, während sie sprach, und schlug die Beine unter. Verdammt noch mal, dann kam sie eben zu spät für den Dreh dieser Szene. Es geschah Boris ganz recht, wenn er sich wieder aufregte und ein paar Pillen einwerfen musste. Er hätte eben diese Frau mit ihrem Telefon vom Set schmeißen sollen! Die Frau hatte
sie
nämlich in Rage gebracht. Boris hatte
sie
in Rage
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