Mord zur Bescherung
Cedric. Das macht die Sache bestimmt besser.«
»Für wen?«
Die Frage hätte sie sich sparen können. Mary Jane war schon zur Tür hinaus, als sei sie auf dem Weg, um einen alten Freund zum Nachmittagstee zu treffen.
Honey blieb voller Verzweiflung in ihrer Wohnung zurück.Das umgebaute Kutscherhäuschen lag hinter dem Hotel, vom Green River nur durch einen Innenhof getrennt. Honey saß da, den Kopf in den Händen, und fühlte sich ein bisschen wie Aschenputtel, die nicht schön genug angezogen war, um auf den Ball zu dürfen. Zum Glück für Aschenputtel war ja die gute Fee gekommen und hatte sie gerettet. In Honeys Haus würde wohl keine auftauchen. Sie kannte nur eine Fee, die im Weihnachtsspiel im Theatre Royal diese Rolle übernommen hatte. Aber trotzdem konnte es nicht schaden, sich etwas zu wünschen, oder? Sie schloss die Augen.
Bitte mach, dass das wieder weggeht. Dreh die Uhr zurück. Mach alles so, wie es vorher war.
Karottenrote Haare zu haben, das war nicht die erste Katastrophe der Vorweihnachtszeit. Es war schon eine andere passiert, die sie völlig unverhofft getroffen hatte.
Aus irgendeinem dusseligen Grund, an den niemand sich recht erinnern konnte (obwohl anklagende Finger in ihre Richtung zeigten), hatte das Green River den Termin für die Aufnahme in eine wichtige Touristenbroschüre verpasst. Diese Broschüre wurde vom englischen Tourismusverband veröffentlicht und, wenn man den Gerüchten Glauben schenken durfte, beinahe überall auf der Welt verteilt, einschließlich Timbuktu, Timor und Tokio.
Honeys Tochter Lindsey, die sie von ganzem Herzen liebte, hatte darauf hingewiesen, dass ihre Reservierungen für das nächste Jahr nicht so zahlreich waren, wie sie sein sollten. Wieder deutete der anklagende Finger in Honeys Richtung. Honey hatte den Termin vergessen.
Auf Flüche folgten Entschuldigungen. »Ich hatte so viel zu tun.«
»Wir hatten alle viel zu tun.«
Honey nahm die Sache gelassen. »Das kriegen wir schonhin. Du wirst sehen. Alles wird gut. Das ist nur eine kleine zeitweilige Schwierigkeit.«
»Eile mit Weile.«
Honey hatte inzwischen einen Hut gefunden. Auf keinen Fall würde sie durch den Empfangsbereich laufen und aussehen, als wäre sie einem Zirkus entsprungen. Lindsey schaute hoch. Honey flitzte vorbei. Es musste doch einen Frisör geben, der noch einen Termin für sie freihatte.
»Ich bin mal kurz weg. Dauert nicht lange«, rief sie über die Schulter zurück.
Lindsey hatte erraten, was sie vorhatte. »Du kriegst bestimmt nirgends mehr einen Termin. Ich will ja nichts sagen, aber ich habe dich gewarnt. Genau wie mit dieser Anzeige, von der du gesagt hast, du würdest sie nicht vergessen – die du dann aber doch verschwitzt hast.«
Großer Gott! Diese neunmalkluge Tochter!
Voller Gewissensbisse blieb Honey stehen, knöpfte ihren dunkelgrünen Wollmantel zu und legte sich den hellroten Strickschal vor die untere Hälfte ihres Gesichts. Hier ging es nicht um Haare, das wusste Lindsey. Hier ging es darum, dass sie den Termin für die Anzeige vergeigt hatte.
Du wolltest ja nicht zuhören. Du bist so stur. Schon immer.
Diese kritische Stimme in ihrem Kopf war wohl die vernünftige Seite ihrer Persönlichkeit, die mit beiden Beinen fest auf dem Boden der Tatsachen stand, klare Entscheidungen traf und sich nie irrte. Ihr anderes Selbst, das alltägliche, setzte im Leben eher auf Improvisation und nahm Entscheidungen locker. Man konnte doch genauso gut eine Münze werfen, oder nicht?
So war es wahrscheinlich auch mit der Broschüre gekommen. Sie hatte eine Münze geworfen, anstatt genau nachzusehen, wie viele Gäste die Anzeige in der Publikation des Vorjahres ihnen eingebracht hatte.
Sie versuchte sich, wider besseren Wissens, einzureden, dass alles schon wieder in Ordnung kommen würde, und drückte sich fest die Daumen. Sie brauchte so viel Glück wie nur möglich. Inzwischen hatte sie sich unter die vorweihnachtliche Menschenmenge gemischt, machte gelegentlich einen Abstecher in einen Frisörsalon, in der schwachen Hoffnung, dass man sie irgendwo dazwischenschieben konnte. Sie erntete überall nur mitleidige Blicke.
»Tut mir leid.«
Nur noch zehn Tage bis Weihnachten. Überall auf den geschäftigen Straßen und den uralten Gassen von Bath gaben die Leute das Geld aus, als wären ihre Taschen bodenlos und ihre Bankkonten übervoll.
Furchtlos wuselten die Leute durch die kleinen Läden, großen Kaufhäuser und zu dem Geschäft, das heiße Pasteten und
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