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Morddeutung: Roman (German Edition)

Morddeutung: Roman (German Edition)

Titel: Morddeutung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jed Rubenfeld
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Balmoral. Alle zusammen. Vorhin das mit dem Hafen hab ich übrigens ernst gemeint, Mr. Hugel. Ich habe in Miss Riverfords Schlafzimmer Lehm auf dem Boden gefunden. Und ich glaube, der stammt vom Hafen.«
    »Lehm? Was für eine Farbe?«
    »Rot, leicht klumpig.«
    »Das war kein Lehm, Littlemore.« Der Coroner verdrehte die Augen. »Das war meine Kreide.«
    Der Detective runzelte die Stirn. »Hab mich schon gewundert, warum er so schön im Kreis lag.«
    »Damit die Leute dem Tatort fernbleiben, Sie Schwachkopf!«
    »Nur ein kleiner Scherz, Mr. Hugel. Ich hab nicht Ihre Kreide gemeint. Die hab ich natürlich auch gesehen. Der Lehm war beim Kamin. Zwei kleine Spuren. Hab ich erst mit der Lupe entdeckt. Ich hab das Zeug mitgenommen, um es mit meinen Proben zu vergleichen – hab zu Hause eine ganze Sammlung. Sieht ziemlich ähnlich aus wie der rote Lehm bei den Pieren am Hafen.«
    Hugel ließ das Gehörte einsickern. Er fragte sich ernsthaft, ob er beeindruckt sein sollte. »Ist der Lehm am Hafen irgendwie außergewöhnlich? Oder könnte Ihr Lehm auch von woanders sein? Aus dem Central Park zum Beispiel?«
    »Aus dem Park nicht«, sagte der Detective. »Das ist Flusslehm, Mr. Hugel. Im Park gibt es keinen Fluss.«
    »Und was ist mit dem Hudson Valley?«
    »Könnte sein.«
    »Oder der Fort Tyron Park draußen im Norden, wo Billings in letzter Zeit alles umgegraben hat?«
    »Meinen Sie, da gibt’s Lehm?«
    »Ich gratuliere Ihnen zu Ihrer hervorragenden detektivischen Arbeit, Littlemore.«
    »Danke, Mr. Hugel.«
    »Hätten Sie zufällig Interesse an einer Beschreibung des Mörders?«
    »Klar.«
    »Er ist in mittleren Jahren, wohlhabend und Rechtshänder. Leicht ergrautes Haar, früher dunkelbraun. Größe: eins dreiundachtzig bis eins fünfundachtzig. Und ich glaube, dass er mit dem Opfer bekannt war – sehr gut bekannt.«
    Littlemore sah ihn erstaunt an. »Woher …?«
    »Hier sind drei Haare, die ich an der Leiche des Mädchens gefunden habe.« Der Coroner deutete auf seinen Schreibtisch. Neben einem Mikroskop lagen zwei kleine Glasscheiben, zwischen denen drei Haare klebten. »Sie sind dunkel, aber mit grauen Ansätzen, was auf einen Mann mittleren Alters schließen lässt. Am Hals der Frau waren Seidenfäden – sehr wahrscheinlich von der Krawatte, die dazu benutzt wurde, sie zu erwürgen. Die Seide ist von höchster Qualität. Also hat unser Mann Geld. Und an seiner Dexterität kann kein Zweifel bestehen: Die Verletzungen gehen alle von rechts nach links.«
    »Dexterität?«
    »Rechtshändigkeit, Detective.«
    »Aber woher wissen Sie, dass er sie kannte?«
    »Ich weiß es nicht, ich vermute es nur. Beantworten Sie mir eine Frage: In welcher Position war Miss Riverford, als sie ausgepeitscht wurde?«
    »Bis jetzt hab ich sie nicht zu Gesicht gekriegt«, beklagte sich der Detective. »Ich kenne noch nicht mal die Todesursache.«
    »Erdrosselung, bestätigt durch die Fraktur des Zungenbeins, die ich bei der Leichensektion festgestellt habe. Ein wunderschöner Bruch, wenn ich das so sagen darf, wie ein glatt durchtrenntes Schlüsselbein. Überhaupt eine wunderschöne weibliche Brust: vollkommen geformte Rippen, Lunge und Herz ein Musterbeispiel für gesundes Gewebe nach dem Erstickungstod. Es war mir ein Vergnügen, beides in Händen zu halten. Aber zurück zum Thema. Miss Riverford stand, als sie ausgepeitscht wurde. Das können wir der einfachen Tatsache entnehmen, dass das Blut aus den Wunden gerade nach unten gelaufen ist. Ihre Hände waren zweifellos mit einer starken Schnur über ihrem Kopf gefesselt und sehr wahrscheinlich an einer Lampe an der Decke befestigt. Ich habe Fasern einer Schnur an dieser Lampe bemerkt. Sie auch? Nein? Dann gehen Sie am besten noch mal hin und sehen sich das an. Frage: Warum soll ein Mann, der eine gute, kräftige Schnur hat, sein Opfer mit einer zarten Seidenkrawatte strangulieren? Schlussfolgerung, Mr. Littlemore: Er wollte dem Mädchen nicht so was Grobes um den Hals legen. Und weshalb nicht? Hypothese, Mr. Littlemore: weil sie ihm nahestand. Was die Größe des Mannes angeht, können wir wieder von gesicherten Erkenntnissen ausgehen. Miss Riverford war eins fünfundsechzig groß. Nach ihren Verletzungen zu urteilen, wurden die Peitschenschläge von jemandem in achtzehn bis zwanzig Zentimeter Höhe über ihr ausgeteilt. Also ist der Mörder zwischen eins dreiundachtzig und eins fünfundachtzig.«
    »Außer er hat auf irgendwas gestanden«, meinte Littlemore.
    »Wie bitte?«
    »Auf

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