Mordgier
Sean, »aber es dauert immer noch seine Zeit. Und die DNS-Ermittlung ist ein richtig teures Verfahren.«
»Ach so«, sagte Heubel. »Die Sache hat für Sie keine hohe Priorität.«
»Es ist nicht so, als wüssten wir Ihre Situation nicht zu würdigen, Sir -«
»Der Schock«, sagte Milo. »Das Gefühl der Verletzung Ihrer Privatsphäre.«
»Das sehen Sie richtig«, erwiderte Heubel. »Aber die Hauptsache ist doch, was spricht dagegen, dass er sich irgendwo da draußen rumtreibt und finstere Pläne schmiedet?«
Milo hielt ihm das, was er seinen forensischen Schadensbegrenzungsvortrag nennt. Der nach den wöchentlich ausgestrahlten Märchen im Fernsehen zunehmend notwendiger wird.
Die wichtigsten Punkte waren: Zauberkunststückchen der Spurensicherung boten gute Unterhaltung, aber die Kleinarbeit am Tatort war in weniger als zehn Prozent der Verbrechen relevant, die Zahl der beantragten DNS-Tests beim Justizministerium hatte derart zugenommen, dass man ein Labor in New Jersey hinzugezogen hatte, und der Rückstau war so groß, dass nur Morde und Sexualverbrechen zur Analyse zugelassen wurden.
»Selbst bei einem Kapitalverbrechen kann es Monate dauern, Mr. Heubel.«
»Wow. Wie in aller Welt klären Sie überhaupt ein Verbrechen auf, Lieutenant?«
Milo lächelte. »Wir mogeln uns so durch und haben manchmal Glück.«
»Tut mir leid, ich wollte nicht - zehn Prozent, das ist alles?«
»Wenn’s hochkommt.«
»Okay, ich verstehe … es ist nur so, dass man in einer bestimmten Gegend wohnt und glaubt, man wäre verhältnismäßig isoliert von - ich nehme an, das ist auch eine Illusion.«
»Sie wohnen tatsächlich in einer sicheren Gegend, Sir. Einer der sichersten in unserem Zuständigkeitsbereich.« Wobei er das hässliche kleine Westside-Geheimnis aussparte: Gewaltakte sind in den teuren Postleitzahl-Bezirken selten, aber Einbruchdiebstähle einschließlich Autodiebstählen nicht. Weil, wie ein gefasster Einbrecher es formulierte, »es dort die coolen Sachen gibt«.
»Also sollte ich mich einfach wieder beruhigen«, sagte Nicholas Heubel, »und vergessen, dass es überhaupt passiert ist.«
»Ich will Ihnen was sagen, Sir. Falls Detective Binchy Zeit hat, kann er technische Unterstützung anfordern und den Fleck untersuchen lassen, zumindest verifizieren, ob es Blut ist. Falls die Tatortspezialisten Zeit haben, können sie auch den Rest des Wagens inspizieren. Wenn das Ihr Wunsch ist.«
»Wonach würden sie suchen?«
»Nach mehr Blut, allem, was außergewöhnlich ist. Es könnte etwas Zeit in Anspruch nehmen.«
»Also würde ich den Wagen ein paar Tage nicht benutzen können.«
»Kann sein.«
»Na ja«, sagte Heubel, »ich habe an anderer Stelle nichts gesehen …« Er ließ ein schiefes Lächeln aufblitzen. »Ich hab mich mit einer Taschenlampe umgesehen. Fürchte, ich hab’s forensisch vermasselt.«
»Waren Sie mit dem Staubsauger im Wagen, Sir?«
»Nein, aber meine Fingerabdrücke -«
»Ihre Abdrücke werden überall im Wagen sein, weil Sie der Fahrer sind. Falls Sie ihn nicht gesaugt haben und irgendein bemerkbarer Fleck oder Fasern hinterlassen wurden, können sie gefunden werden.«
Heubel fuhr sich mit einem Finger unter ein Brillenglas. »Zehn Prozent, ja? Ich hätte auf neunzig gewettet. Ich kenne mich in der Beziehung wohl wirklich nicht aus.«
»Deshalb sind wir hier, Sir. Möchten Sie, dass Detective Binchy technische Unterstützung anfordert?«
»Würden sie die Türverkleidung abnehmen müssen?«
»Nein, Sir. Sie werden Tupfer benutzen, vielleicht Substanzen an der Oberfläche abkratzen, alles, was sie finden, mit einer Salzlösung nassmachen, verschiedene Reagenzien aufbringen - Chemikalien, die auf Körperflüssigkeiten reagieren. Sie können an Ort und Stelle eine Analyse auf menschliches Protein durchführen und, falls es Blut ist, eine Blutgruppenbestimmung vornehmen. Wir reden hier von ein paar Minuten, aber das Warten auf die Spurensicherer könnte eine ganze Weile länger dauern, vielleicht Tage, daher wäre es am besten, wenn Sie den Wagen nicht fahren. In der Zwischenzeit kann Detective Binchy all Ihre Informationen notieren und einen umfassenden Bericht für unsere Akten schreiben.«
Sean trat sich mit einem Schuh gegen den andern.
Heubel sagte: »Ich habe noch einen Wagen, mit dem ich fahren kann. Lassen Sie mich darüber nachdenken.«
»Es ist Ihre Entscheidung, Sir.«
»Schön, frei entscheiden zu können«, sagte Heubel. »Oder die Illusion zu haben.«
*
Als wir
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