MordLust
davon.«
»Du meinst das mit Burt Kline?«, fragte Del, und seine Augenbrauen zuckten.
»Dieser verdammte Flowers«, sagte Lucas und verschwand durch die Tür.
DREI
L ucas war mit dem Porsche unterwegs. Sobald er hinterm Lenkrad saß und fuhr, rief er auf seinem Telefon die Liste der Anrufe auf, die er verpasst hatte. Drei kamen von dem privaten Handy von Rose Marie Roux, Leiterin der Abteilung Öffentliche Sicherheit bei der Staatsregierung von Minnesota und seine eigentliche Chefin; einer kam vom Superintendent des Staatskriminalamts, abgekürzt SKA, seinem nominellen Boss; die anderen beiden kamen von einem der schmierigen Berater des Gouverneurs. Er drückte die Wähltaste, und Rose Marie meldete sich nach dem ersten Klingeln.
»Wo sind Sie?«, fragte sie ohne Vorrede. Er war im Telefonbuch ihres Handys gespeichert.
»In Minneapolis«, sagte Lucas. »Ich bin auf dem Weg. Wo genau wohnt sie, vier Häuser hinter der Kathedrale?«
»So in etwa. Ich fahre gerade darauf zu. Hier schwirren ungefähr eine Million St.-Paul-Cops rum. O Gott!«
»Was ist?«
Sie lachte. »Hätte fast’nen Typen vom Fernsehen über den Haufen gefahren … nichts Schlimmes.«
»Ich hab gehört, der Gouverneur hat angerufen«, sagte Lucas.
»Hat er. Er hat gesagt, Zitat, ich will Davenport an dieser Sache dranhaben wie Messing an einem Türknauf, Zitat Ende.«
»Er arbeitet also wieder an seinen Metaphern«, sagte Lucas.
»Allerdings. Er glaubt, das gibt ihm was Volkstümliches«, erwiderte sie. »Hören Sie, Lucas, diese Frau war richtig, richtig
reich. Nun wird eine Menge Geld irgendwohin fließen, und die Wahl steht vor der Tür.«
»Wir sehen uns in zehn Minuten«, sagte Lucas. »Haben Sie schon eine Einschätzung der Lage aus St. Paul?«
»Noch nicht. Harrington muss hier irgendwo sein, ich werde mit ihm reden«, sagte Rose Marie. »Ich muss jetzt das Telefon weglegen und parken. Er wird sich sicher freuen, uns zu sehen. Er versucht nämlich gerade, mehr Geld für Überstunden vom Staat zu kriegen.« Harrington war der Polizeichef von St. Paul.
»In zehn Minuten«, sagte Lucas.
Er war auf der westlichen Seite von Minneapolis, nahm den Highway 100 Richtung Norden und wechselte dann auf die I-394. Während er direkt auf das IDS Center in der Ferne zufuhr, trat er auf das Gaspedal und raste blinkend an Minivans, Jeeps, Pick-ups und dicken Limousinen vorbei bis zur I-94.
Er fühlte sich gut und pfiff ein bisschen vor sich hin.
Früher hatte er häufiger Probleme mit Depressionen gehabt. Diese Depressionen waren, wie er glaubte, genetisch bedingt; sein Vater und sein Großvater hatten auch darunter gelitten. Es war ein Problem der Hirnchemie. Und obwohl die Gefahr einer Depression stets wie ein Damoklesschwert über ihm schwebte, hatte das nichts mit seiner Arbeit zu tun. Denn er liebte die Jagd, liebte es, Arschlöcher zu verfolgen. Ein paar von denen hatte er bereits getötet und sich nie besonders schlecht dabei gefühlt. Andererseits war er selbst einige Male zusammengeschlagen worden, und auch darüber hatte er sich nicht viele Gedanken gemacht. Keine posttraumatische Belastungsstörung.
Und was reiche alte Ladys betraf, die ermordet wurden, nun ja, verdammt, die wären ohnehin früher oder später gestorben. Manchmal, je nachdem, wer das Opfer war, machte ihn ein Mord wütend, oder er machte ihn traurig. Dann wünschte er, dass der Mord nicht passiert wäre. Aber wenn er schon
passieren musste, war er gern bereit, denjenigen zu jagen, wer auch immer es getan hatte.
Er hatte keine Mission; er hatte ein Interesse.
Im Satellitenradio wurde Emmylou Harris gespielt. Sie sang »Leaving Louisiana in the Broad Daylight«, und er sang in einem krächzenden Bariton mit, während er mit neunzig Meilen die Stunde durch den Stadtverkehr zu einem blutigen Mord raste. Er fragte sich, warum die Katholiken nicht so was wie die Christophorus-Medaille zum Schutz vor der Highway Patrol hatten. Er musste mal mit seinem Pfarrer darüber reden, falls er den Typen jemals wiedersah.
Nun kam Gretchen Wilson mit Kris Kristoffersons Song »Sunday Mornin’ Comin’ Down«, und mit ihr sang er ebenfalls mit.
Es war ein herrlicher Tag, Schäfchenwolken am Himmel und der Wind gerade stark genug, um die Flaggen an den Gebäuden entlang der Interstate wehen zu lassen. Die Temperatur etwa fünfundzwanzig Grad. Lucas nahm die I-94 zur Marion Street, fuhr um ein paar Ecken bis auf den John Ireland Boulevard, dann den Hügel hinauf, an
Weitere Kostenlose Bücher