MORDMETHODEN
betäubten Körpern. Nach den Videos der folgenden Monate glaubten einige der Opfer sogar, eine Überlebenschance zu haben. So fragt ein Mädchen, ob sie beim »Hinausgehen« Karlas Hund ansehen darf. »Mal sehen«, lautet die Antwort. Die Mädchen dürfen sich sogar ein Essen wünschen, das Paul dann beim Schnellimbiss besorgt. Außerdem schaut die erzwungene Gemeinschaft Videos und hört Musik. Eines der Mädchen schläft vor Erschöpfung neben Paul im Bett ein.
Alle Opfer wissen, dass die Situation lebensgefährlich ist und die beiden Täter sie unmöglich wieder freilassen können. Trotzdem versuchen sie, durch gute »Zusammenarbeit« eineentspannte Lage herbeizuführen. Und weil sich Vergewaltigungen, Verkleidungsspiele und Schläge mit ganz normalem Verhalten abwechseln, glimmt in den Mädchen ein Funke der Hoffnung. Doch vergeblich.
Bis 1993 sterben im Haus des jung vermählten Paares mindestens drei Mädchen. Karla und Paul haben nun zwar auch die letzte Grenze überschritten, doch ihre Skrupellosigkeit rettet sie immer noch.
Das Ende naht – nicht
Als später herauskam, wie knapp Paul Bernardo mehrfach der Verhaftung entkommen war, fasste sich ganz Kanada an den Kopf. So brachte ihn im Juli 1991 eine aufmerksame Autofahrerin beinahe zu Fall. Der jungen Frau kam es seltsam vor, dass ständig ein goldfarbener Nissan hinter ihr herfuhr. Sie schrieb sich deshalb das Kennzeichen auf und blieb wachsam.
Als die Frau kurz darauf beim Heimkommen jemanden aus den Büschen vor dem Haus ihrer Eltern verscheuchte, wurde ihr heiß und kalt. Das musste der Nissan-Besitzer sein! Sofort fuhr sie mit ihrem Freund um die Häuser und suchte das auffällige Auto. Und wirklich, es stand ganz in der Nähe vor einer Kneipe; auch das Nummernschild passte. Die Frau alarmierte die Polizei, die den Vorfall höflich notierte.
Wenige Tage später, am 22. Juli, stand die Polizei vor der Tür der Bernardos. Allerdings kam sie nicht wegen des als verdächtig gemeldeten goldfarbenen Nissan, sondern weil das Paar einen Diebstahl angezeigt hatte. Mittlerweile hatten die beiden geheiratet, und während der Hochzeitsreise, so gaben sie an, seien ihnen Geschenke im Wert von 30 000 Dollar aus dem Haus entwendet worden, darunter Uhren, Kameras, Computer, Schmuck, Bargeld sowie Pauls elektronische Instrumente zum Musikmachen.
Die Beamten witterten sofort einen dreisten Versicherungsbetrug. Besonders seltsam fanden sie, dass das junge Paar sogleicheine fertige Liste mit allen gestohlenen Gegenständen bereit hielt. Andererseits fanden die Polizisten aber auch, dass die Sache nicht der Nachforschung wert war. Denn es gab größere Probleme – etwa den Serienvergewaltiger im Nachbarstädtchen sowie die kürzlich gefundenen Kinderleichen. Sollte sich doch die Versicherung um den möglichen Betrug kümmern. Das goldfarbene Auto des Mannes, der einer jungen Frau seit Tagen nachgefahren war, stand zwar vor der Tür. Doch den Polizisten fiel es nicht auf, weil niemand die Meldung über den jüngsten Vorfall weitergereicht hatte.
Das goldfarbene Auto
Das Jahr 1992 war lange angebrochen, und die Morde und Vergewaltigungen waren immer noch nicht aufgeklärt. Nun meldete sich eine (weitere) junge Frau mit einer (weiteren) interessanten Beobachtung: Am 30. Mai hatte sie zusammen mit ihrer Freundin spätabends in einem Donut-Imbiss nahe Port Dalhousie herumgesessen und zwischendurch aus dem Fenster auf den leeren Parkplatz geschaut, der vor dem Restaurant lag. Auf einmal fuhr dort ein goldfarbener Sportwagen langsam auf und ab. Den Frauen kam es so vor, als starre der Fahrer sie an.
Als die beiden das nächste Mal aus dem Fenster sahen, war das Auto verschwunden. Stattdessen sahen sie die Linse einer Videokamera, die aus der unteren Fensterecke auf sie gerichtet war und sofort verschwand, als die beiden jungen Frauen sie bemerkten. Mehr konnten sie nicht sehen, denn draußen war es dunkel. Um Viertel vor drei Uhr nachts verließen die beiden das Restaurant. Wieder fiel ihnen der goldfarbene Wagen auf, der in der Nähe geparkt war.
Die ältere Freundin fuhr die jüngere heim. Als diese gerade ausstieg, rollte das goldfarbene Auto ohne Licht langsam an ihnen vorbei. Nun wurde die Ältere der beiden wütend. Dummerweise hatte sie sich das Nummernschild nichtgemerkt, doch beim nächsten Mal würde sie sich den Spinner vorknöpfen. Als sie zu Hause ankam, wurde aus ihrer Wut allerdings Angst. Denn das verdächtige Auto stand nur wenige Blocks vom Haus ihrer
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