MORDrhein-Westfalen (Vier Krimis mit Tatorten in NRW - Münsterland, Sauerland, Niederrhein) (German Edition)
schockiert, vielleicht sogar mehr als das. Bei so mancher Beerdigung hatte ich schon wesentlich fröhlichere Gesichter gesehen.
Sie nahm ihre Brille ab und sah mich dann fest an. Ihre grün-grauen Augen funkelten dabei gefährlich, fast wie bei einer in die Enge getriebenen Raubkatze.
Ich war es, der sie in die Enge getrieben hatte, ohne es zu wollen, aber auch ohne es verhindern zu können.
Sie sagte: "Du willst also eine Art ... Finderlohn! Verstehe."
Ich schüttelte den Kopf. "Du verstehst gar nichts!"
Um ihren Mund zuckte es. Das, was ich im Moment von ihrem hübschen Gesicht zu sehen bekam, trug jetzt den Ausdruck von Bitterkeit und Verzweiflung.
"Du bist also auch so ein schmieriger Absahner!", meinte sie tonlos.
"Du kennst also noch mehr von der Sorte?"
"Ach, hör doch auf!"
"Hieß einer dieser schmierigen Absahner vielleicht Jürgen Lammers?"
Ich hatte keine Ahnung, wovon ich da redete. Aber das spielte im Moment auch gar keine Rolle. Es war einfach ein Schuss aus der Hüfte, blind, ohne zu zielen ...
Und ich hatte mitten ins Schwarze getroffen!
Annette Friedrichs schluckte, hatte sich aber ansonsten ziemlich gut in der Gewalt.
"Absahnen kann gefährlich werden, nicht wahr?", meinte ich.
"Nur, wenn man zu unverschämt wird!"
Ich nickte leicht. "Ja, genau das meine ich!"
"Hör zu, sag mir einfach, wieviel du willst, und ich sage dir dann, ob das in meinem Rahmen liegt und dann ..."
"Und dann?"
"Dann gibst du mir die Tasche!"
"Hast du den Schnee so nötig?"
"Verdammt!"
"Sag jetzt nicht, du brauchst die Tasche wegen der Tampons so dringend, als hänge dein Leben davon ab!"
Ihr Gesicht wurde jetzt sehr ernst. So hatte ich es noch nie gesehen.
Ich hatte überhaupt noch kein Gesicht mit einem so verzweifelten Blick gesehen. Ein Schauer lief mir den Rücken hinunter. Und gleichzeitig wurde mir bewusst, wie wenig ich von dem begriff, was hier eigentlich vor sich ging. Hinter den Kulissen.
Sie sagte es mir nicht, weil sie glaubte, handeln zu können.
Aber ihr Blick sprach eine eindeutige Sprache. Was, wenn mein Leben tatsächlich davon abhängt, diese Taschewiederzubekommen?,schien sie mich stumm zu fragen.
Ich entschied, dass es jetzt Zeit für die Wahrheit sei. Jedenfalls für die von meiner Seite. "Ich habe die Tasche nicht mehr", erklärte ich zum zweiten Mal, während sie mich ansah, als sei ich ein Alien, das gerade mit seinem Ufo in Omas Vorgarten gelandet ist und dabei die Stiefmütterchen plattgemacht hat.
Sie schluckte und begann dann wie unter Schock: "Ich sagte doch, dass ..."
"Es ist die Wahrheit", unterbrach ich sie.
"Wo ist die Tasche?"
"Die Polizei hat sie. Sie haben meine Wohnung durchsucht, und dabei ist sie aufgetaucht. Wahrscheinlich werde ich noch Schwierigkeiten wegen dem Koks bekommen, denn bisher glaubt mir niemand, dass es nicht mir gehört!"
Sie hob den Kopf.
"Und weshalb hast du dich dann hier mit mir verabredet?"
"Weil ich ein paar Dinge wissen möchte!"
"Dinge, die dich nichts angehen!"
"Wenn jemand mich durch einen Privatdetektiv beschatten lässt, der sich darüber hinaus mit mir noch eine wahre Verfolgungsjagd liefert ..."
"Ein Privatdetektiv?"
"Ja."
"Für wen sollte der arbeiten?" Sie schien diese Frage mehr an sich selbst, als an mich zu richten.
"Gute Frage. Ich wüsste die Antwort am liebsten von dir!"
"Ich habe keine Ahnung."
"Du kennst den Mann."
"So?"
"Du musst ihn kennen. Als wir uns zum ersten Mal trafen, oben in Lammers Wohnung ..."
"Was soll da gewesen sein?"
"Da waren doch zwei Typen hinter dir her!"
"Ja, stimmt."
"Und einer der beiden war hinter mir her, weil er dachte, dass ich ihn zu dir führe!"
"Wann war das?"
"Noch nicht lange her, als ich auf dem Weg zu dieser Verabredung war!"
"Es scheint, als hättest du ihn abgeschüttelt. Ich habe lange genug im Geschäft gegenüber gewartet, um zu sehen, ob dir jemand gefolgt ist!"
"Ich habe ihn keineswegs abgeschüttelt. Wir hatten ein nettes Gespräch miteinander. Sagt dir der Name Oswald etwas?"
"Nein, was sollte er mir sagen?"
"Und Raimund Schmidt GmbH − Ermittlungen aller Art? Sagt dir das etwas?"
"Nein."
"Das ist seine Firma."
"Was hat er dir gesagt?"
"Dass du mir einen Bären aufgebunden hast!"
"Er dir allerdings wohl auch!"
"Kümmern wir uns erst einmal um deinen Bären. Wie wäre das?"
Sie war nicht sonderlich begeistert. "Hör zu", sagte sie. "Ich kenne keinen Oswald und keinen Schmidt. Und falls die Schwierigkeiten, die du hast, wirklich etwas mit mir zu tun
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