Mordsberge: Vier Fälle für Kommissar Gabriel (German Edition)
Frühstück versuchen, mit dem Landeskriminalamt in München Kontakt aufzunehmen und die weiteren Schritte zu beraten. Da ich allerdings auch davon ausgehe, dass wir zunächst noch eine Weile hier beieinanderbleiben werden, schlage ich vor, dass Sie sich weiterhin an die Regeln halten, die wir Ihnen gestern genannt haben. Bleiben Sie möglichst zusammen und seien Sie aufmerksam. Nach dem Frühstück werden meine Kollegin Berger und ich damit beginnen, einige Ermittlungen durchzuführen. Wir werden Sie zunächst einzeln befragen. Vielleicht können wir den Fall ja schneller zur Aufklärung führen, als Sie denken …«
Gabriel sah von Gesicht zu Gesicht, ließ sich aber keine weiteren Einzelheiten entlocken.
Nach dem Frühstück schien der Schneefall nachzulassen. Kommissar Gabriel trat ins Freie vor die Hütte, stellte aber schnell fest, dass von einer Wetterbesserung eigentlich nicht die Rede sein konnte. Von der imposanten Bergwelt, die ihn gestern beim Aufstieg so beindruckt hatte, war so gut wie nichts zu sehen. Nur wenige Meter von der Hütte entfernt schien die Welt an einer weißen Nebelwand zu enden.
Sandra, die dem Kommissar nach draußen gefolgt war, lächelte und sagte: »Na, Wolf. Sieht nicht so aus, als dürften wir bald mit besserem Wetter rechnen, was?«
Gabriel grunzte zustimmend. »Die Leute fragen einen ja immer, was man lieber mag, die Berge oder das Meer. Seit wir hier oben sind, weiß ich, was ich zukünftig antworten werde: weder noch!«
Sandra lachte. Dann aber wurde sie ernst und sagte: »Ich habe etwas herausgefunden, was uns möglicherweise schon ein gutes Stück weiterbringt in dem Fall.«
Gabriel sah sie anerkennend an. »Da bin ich ja mal gespannt.«
»Ich konnte gestern Abend nicht einschlafen, weil mir immer wieder ein paar Dinge durch den Kopf gegangen sind.«
»Ging mir auch so«, brummte Gabriel. Er forderte Sandra auf, ihm mehr zu erzählen.
»Zum einen fand ich die Geschichte von Richard Maurer unstimmig. Der Mann hat uns doch erzählt, dass er und seine Frau jedes Jahr bergwandern gehen … und trotzdem will er nicht gewusst haben, dass die Hütte um diese Jahreszeit nicht mehr aufhat? Unglaubwürdig, wenn du mich fragst.«
»In der Tat«, stimmte Gabriel zu.
»Und das Zweite betraf etwas, worüber die beiden Politiker gestern beim Abendessen gesprochen haben. Sie haben geflüstert, und es war klar, dass Weidinger nicht wollte, dass es an meine Ohren dringt. Ist es aber doch, jedenfalls so einigermaßen. Ein paarmal fiel eine seltsame Abkürzung, NAG oder MAW oder so. Ich habe gestern Abend dann noch ziemlich lange im Internet gesurft …«
»Ach, hier gibt es Internet?«
»Marion Hoiser hat für ihre Büroarbeiten einen Anschluss, lieber Wolf. Jedenfalls war es ein langes Geduldsspiel, bis ich endlich Erfolg hatte. Und siehe da, die beiden Fragen, die mich beschäftigt haben, hängen überraschenderweise miteinander zusammen.«
Sandra drückte auf das Display ihres Telefons und hielt es Gabriel hin. Auf dem Bildschirm war ein Gruppenfoto mit mehreren Männern zu sehen. Und drei dieser Männer waren keine Unbekannten: Peter Weidinger, Josef Brettschneider und Richard Maurer.
Gabriel pfiff anerkennend durch die Zähne. »Na, sieh mal einer an. Ich weiß schon, warum ich nicht an Zufälle glaube.«
»Ich auch nicht. Aber jetzt kommt das eigentlich Spannende. Das Foto stammt aus einem Artikel, in dem es um die MAB geht. Das war die Abkürzung, die ich aufgeschnappt hatte. Kein Wunder, dass Weidinger nicht wollte, dass sie laut ausgesprochen wird. Das Kürzel steht für die München- Augsburger Bankgesellschaft, ein ziemlich zwielichtiges Geldhaus mit Sitz in München und Vaduz in Liechtenstein. Und jetzt kommt’s. Der heutige Innenminister, also unser Herr Weidinger, war bis vor zwei Jahren bayerischer Finanzminister. Ausgerechnet während seiner Amtszeit wurde der Landesregierung eine CD mit geheimen Bankdaten zugespielt, bei der es um Schwarzgelder auf Konten bei der MAB ging. Es ist unklar, ob für die Daten Geld geflossen ist oder nicht. Aber jetzt kommt der Clou: Von dieser CD hat man danach nie wieder etwas gehört. Angeblich waren die Daten unbrauchbar. Es gab nie eine Anklage oder auch nur eine Untersuchung, wer da eigentlich belastet wurde.«
»Und wenn die CD wirklich nichts taugte? Ich meine, einige Leute witterten mit solchen Daten das große Geld«, sagte Gabriel.
Sandra feixte. »Klar, möglich ist es. Ich glaube es aber nicht. Es gibt nämlich einige
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