Mordsberge: Vier Fälle für Kommissar Gabriel (German Edition)
beschämt die Augen. »Das tut mir wirklich leid, Herr Chijoke. Ich wollte wirklich nicht …«
»Ach, lassen Sie es gut sein. Ich bin ja selbst schuld, wenn ich die meiste Zeit in der Küche bleibe. Aber wissen Sie, ich gehe diesen Politiker-Typen möglichst aus dem Weg. Sonst wird mir immer nur schlecht. Die sind schwärzer als ich, wenn Sie wissen, was ich meine.«
Sandra lachte. »Das kann ich gut verstehen. Aber erzählen Sie mir doch lieber, wieso Sie überhaupt hier sind.«
Alam Chijoke zuckte mit den Schultern. »Na, wegen Meixner natürlich. Er ist der Boss, er entscheidet. Wobei ich natürlich froh bin, dabei sein zu dürfen.« Er rieb in einer deutlichen Geste Daumen und Zeigefinger aneinander.
»Ist es denn das erste Mal, dass so ein Treffen stattfindet?«
»Nein. Die drei CSU -Vögel treffen sich jedes Jahr und holen immer einen berühmten Koch dazu. Ich war auch schon ein paarmal dabei … ich meine natürlich, mit Meixner. Schlimm, diese Sache. Obwohl ich Brandl nicht gemocht habe.«
»Wenn ich Sie richtig verstanden habe, gilt das ja für alle drei.«
»Ja, aber er war besonders abstoßend. Ich habe mal zufällig mit angehört, wie er mit seinen Freunden über mich geredet hat. Er meinte, jemand wie ich könne auch mit einem deutschen Pass niemals ein Deutscher sein … Als ihm dann auffiel, dass ich zugehört hatte, suchte er mich später auf und meinte, ich solle seine Worte nicht falsch verstehen. Er als Generalsekretär müsse so etwas halt sagen …«
»Widerlich«, sagte Sandra.
»Ja, wobei ich nicht weiß, was ich eigentlich schlimmer fand, seinen Rassismus oder seine Verlogenheit.«
Sandra nickte. »Kommen wir auf das aktuelle Treffen der drei. Haben Sie denn in den zurückliegenden Tagen etwas bemerkt, was uns weiterhelfen könnte? Besonders natürlich in der vorvergangenen Nacht?«
Das strahlende Lächeln verschwand aus Chijokes Gesicht und machte einer nachdenklichen Miene Platz. »Ja, da war schon etwas, obwohl ich es zunächst nicht für wichtig gehalten habe. Die drei Politiker haben ja die meiste Zeit einfach am Tisch gesessen und miteinander geredet. Dabei wurde es auch schon mal lauter. Vor allem der Weidinger schreit ganz gerne durch die Gegend. Aber das schien normal zu sein. Die waren hinterher nie wirklich sauer aufeinander, schon gar nicht, wenn Meixner und ich dann wieder ein paar Leckereien auftischten. In dieser Nacht aber war das anders. Ich musste irgendwann nachts mal raus, und da habe ich jemanden weinen gehört. Natürlich dachte ich zuerst, dass das nur diese Frau Maurer sein kann …«
»Aber sicher sind Sie sich nicht?«
»Nein, ich habe es ja nur durch die Tür hindurch gehört. Dann bin ich wieder ins Bett gegangen, konnte aber eine Weile nicht einschlafen. Tja, und so eine gute Stunde später habe ich wieder etwas gehört. Da haben sich zwei gestritten, und zwar richtig laut. Ich konnte nicht genau verstehen, worum es ging, aber es war heftig. Ich dachte noch, dass diese Politiker wirklich verrückt sind und einfach nie Ruhe geben können. Nicht einmal mitten in der Nacht. Und dann noch draußen vor der Tür, im Freien, nachts und in den Bergen. Aber dann sind sie wieder reingekommen, und ich bin eingeschlafen. Und, na ja, am nächsten Morgen war der Brandl tot.«
Sandra nickte nachdenklich. Ein Weinen und ein Streit. Zumindest Letzteren hatte auch Marion Hoiser gehört, wie sie ihnen schon gestern Abend erzählt hatte.
»Wissen Sie noch, wie spät es ungefähr war, als Sie die Geräusche gehört haben?«
Chijoke schob die Unterlippe vor. »Ich schätze mal, das mit dem Weinen war vielleicht so um zwei Uhr morgens. Und der Streit dann eine Stunde später.«
Sandra lächelte. »Danke, Herr Chijoke. Sie haben uns sehr geholfen.«
Einige Stunden später fühlte Gabriel sich wie ein Arzt im Sprechzimmer. Jedes Mal, wenn er seinen Gesprächspartner entlassen hatte, hätte er am liebsten laut gerufen: »Der Nächste bitte!«
Inzwischen zog wieder ein verführerischer Duft nach köstlichem Essen durch die Hütte. Gabriel tippte auf Wild, vielleicht Reh. Und dazu zauberte Meixner vermutlich etwas mit Trüffeln, möglicherweise einen Jus, was wirklich eine hervorragende Kombination wäre.
Allerdings verspürte er zu seiner eigenen Überraschung trotzdem keinen Hunger. Vermutlich lag es an den vielen Lügen, die er den ganzen Tag über aufgetischt bekommen hatte. Sie hatten ihm den Appetit verdorben.
Weidinger hatte ihm zwar etwas ausgesprochen
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