Mordsberge: Vier Fälle für Kommissar Gabriel (German Edition)
schien die Welt wieder in Ordnung. Marion Hoiser verkündete die neueste Wettervorhersage: In der Nacht sollte der Schneesturm zum Erliegen kommen. Für den nächsten Tag war strahlendes Herbstwetter ange kündigt, sodass einem Hubschraubereinsatz der Polizei nichts mehr im Wege stand. Und der vermeintliche Täter war oben in seinem Zimmer eingesperrt und konnte niemandem mehr etwas anhaben.
All das nahm Alois Meixner zum Anlass, noch einmal groß aufzufahren. Es gab marinierte Forelle mit Orangen-Kapern-Sauce. Dazu reichte der Sternekoch Wildreis und mediterranes Gemüse. Am Tisch herrschte eine ausgelassene, ja fast fröhliche Stimmung. Offenbar gingen alle davon aus, dass die Gefahr, in der sie alle in den vergangenen Tagen geschwebt hatten, endlich gebannt war.
Es gab lockere Gespräche über Alois Meixners Koch kunst, Weidingers Überlegungen, vielleicht doch für das Amt des Ministerpräsidenten zu kandidieren, Marion Hoisers bevorstehenden Urlaub auf Teneriffa und Ruth Maurers Absicht, ein ganz neues Leben anzufangen.
Nur Gabriel und Sandra waren deutlich angespannt. Als einer der Gäste bemerkte, der Kommissar solle doch zufrieden sein, dass er seine Arbeit mit Erfolg beendet habe, sah Gabriel die Gelegenheit gekommen, seinen Köder auszuwerfen. »Ich bin nur enttäuscht, dass Josef Brettschneider sich so hartnäckig weigert, ein Geständnis abzulegen. Aber gut, der Täter wird dennoch seine gerechte Strafe erhalten. Überraschenderweise ist ja die Tatwaffe in Brettschneiders Zimmer aufgetaucht, sie lagert jetzt im Kühlraum der Hütte. Morgen früh werden wir sie an unsere Kollegen von der Kriminaltechnik übergeben, die darauf eventuelle Fingerabdrücke und auch das DNS -Material des Täters sicherstellen werden. Ich bin mir ganz sicher, dass spätestens dann alle offenen Fragen geklärt sind.«
Gabriel sah ein letztes Mal in die Runde, stand dann auf und zog Sandra mit sich. »Wenn Sie uns jetzt also entschuldigen würden, wir ziehen uns zurück. Die letzten Nächte waren kurz, und ich und meine Assistentin freuen uns darauf, endlich einmal richtig ausschlafen zu können. Ich rate Ihnen übrigens, dasselbe zu tun und die Nacht möglichst auf Ihren Zimmern zu verbringen. Denn man kann ja nie wissen …«
In Wahrheit war Gabriel viel zu aufgeregt, um die Augen zu schließen. Wenn alles gut ging, würde der Fall in dieser Nacht nun tatsächlich zum Abschluss kommen.
Irgendwann war der Kommissar wohl doch eingeschlafen, wenn auch nicht besonders tief. Ein kurzer Lärm aus dem Erdgeschoss der Hütte ließ ihn sofort hellwach werden.
Kurz darauf hörte Gabriel ein leises Klopfen an seiner Zimmertür.
»Ja, ja, ich komme ja schon«, sagte er.
Er stand auf, öffnete die Tür und sah in das grinsende Gesicht von Bernhard Schuster. »Hat alles geklappt, Herr Kommissar.«
»Der Täter sitzt also in der Falle?«
»Wie ein Tiger im Käfig.«
»Und wer … obwohl, nein, sagen Sie es nicht. Ich will mir die Überraschung nicht verderben.«
Gabriel klopfte nebenan bei Sandra und forderte sie leise auf, ebenfalls mit nach unten zu kommen. Als sie aus ihrem Zimmer trat, streckte ihr Bernhard Schuster die Hand entgegen, lächelte äußerst liebenswürdig und sagte: »Schuster, Bernhard. Ich bin Reporter und freue mich, Sie kennenzulernen. So eine fesche Polizistin habe ich ja noch nie gesehen!«
Sandras Blick hätte für eine Vollnarkose gereicht. Warum fuhren die schmierigsten Typen eigentlich immer auf sie ab? Dann sah sie Gabriel an. »Wer ist denn nun der Täter?«
»Das werden wir gleich sehen«, sagte Gabriel und machte sich auf den Weg nach unten.
Kurz darauf standen sie vor der Tür zu dem Raum, der so kurzfristig zum Gefängnis umfunktioniert worden war. Gabriel entsicherte seine Dienstwaffe, öffnete die Tür – und blickte in das finstere Gesicht von Peter Weidinger.
»Ah, der Herr Minister. Seltsamerweise überrascht es mich gar nicht, dass wir Sie hier treffen«, sagte der Kommissar in einer eigenartigen Mischung aus Spott und Er schöpfung.
»Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden, Kommissar. Und nehmen Sie gefälligst die Waffe runter.«
»Das mache ich gerne, Herr Minister. Aber nur, wenn Sie zugeben, dass Sie Christian Brandl ermordet haben.«
Weidinger wurde laut: »Das ist doch lächerlich, Kommissar. Wie kommen Sie überhaupt dazu, mich zu verdächtigen …«
Aber auch Gabriel wurde laut. Das kam zwar selten vor, doch wenn es so weit war, hatte er einiges Talent darin. »Sie haben
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