Mordsberge: Vier Fälle für Kommissar Gabriel (German Edition)
einen einzigen, aber gravierenden Fehler begangen, Herr Weidinger. Und der bestand darin, den Stein, der Ihnen als Mordwaffe diente, im Zimmer von Brettschneider zu platzieren. Als ich heute Abend erwähnte, dass der Stein auf DNS -Spuren untersucht wird, haben Sie kalte Füße bekommen und versucht, das Ding wieder verschwinden zu lassen. Darum sind Sie hier. Nur dumm, dass unser Herr Schuster hier auf der Lauer lag … also hören Sie auf, zu leugnen. Das Spiel ist vorbei.«
Der gerade noch so hünenhaft wirkende Weidinger schien vor den Augen von Gabriel und Sandra zu schrumpfen wie ein Luftballon, aus dem die Luft entweicht. Mit hängenden Schultern und schwacher Stimme sagte er: »Brandl, dieses Schwein, hat nicht nur den Josef erpresst, sondern auch mich. Er hat’s nicht anders verdient.«
Sandra sagte: »Das wissen wir doch längst, Herr Weidinger. Bei Ihnen war es vermutlich die MAB -Affäre, mit der Brandl Sie in der Hand hatte. Es kam Ihnen also äußerst gelegen, dass Josef Brettschneider und Brandl in der Nacht aneinandergeraten waren. Sie haben Brandl umgebracht und von Anfang an versucht, die Tat Brettschneider in die Schuhe zu schieben.«
Sie bemerkte genau wie Gabriel in Weidingers Augen ein seltsames Glimmen, begriff aber zu spät, was der Mann vorhatte. Da war Weidinger schon nach vorne gestürzt, hatte den Kommissar mit einem Rempler umgeworfen und ihm den Revolver entrissen.
Bevor einer von ihnen reagieren konnte, richtete der Minister die Waffe gegen sich selbst und drückte ab.
Am nächsten Morgen schien eine freundliche Herbstsonne aus einem wolkenlosen blauen Himmel. Kommissar Gabriel stand vor der Hütte und führte am Handy ein ausgedehntes Gespräch mit seinem Hund.
Erst nachdem er die Verbindung beendet hatte, trat Sandra auf ihn zu. Der Kommissar sah sie irritiert an und fragte: »Hast du mir etwa zugehört?«
»Aber niemals, Chef. Ich weiß doch, dass es ein Privatgespräch war.«
Gabriel sparte sich jeden Kommentar. Ihm war genauso wenig wie allen anderen nach Scherzen zumute. Peter Weidingers Freitod hatte ihn zutiefst schockiert. Zumal es seine Dienstwaffe gewesen war, mit der sich der Politiker selbst gerich tet hatte. Alle Wiederbelebungsversuche waren vergeblich gewesen.
Sandra, die Gabriels Gedanken erriet, sagte: »Nimm es dir nicht zu sehr zu Herzen, Wolf. Niemand konnte mit so etwas rechnen.«
»Doch, ich hätte unbedingt damit rechnen müssen. Er hätte ja auch auf uns schießen können! Ich habe mich wie ein Anfänger verhalten.«
Sandra seufzte nachdenklich. »Vielleicht sollten wir es so sehen wie Ruth Maurer gestern. Es war Fügung. Der Mann hat sein Schicksal selbst gewählt. Er wollte nach ganz oben. Und als ihm klar war, dass er das nie mehr erreichen würde, wollte er nicht mehr leben.«
»Politiker …«, stöhnte Gabriel, als wäre damit alles gesagt.
Sandra fügte hinzu: »Es wird natürlich eine Untersuchung geben, darauf sollten wir uns einstellen. Baumgartner und das LKA stehen bestimmt schon kopf …«
Zum ersten Mal an diesem Morgen erschien ein Lächeln auf Gabriels Gesicht. »Eine Untersuchung? Na, hoffentlich! Vielleicht werde ich ja strafversetzt. Zum Beispiel in mein geliebtes Archiv im Keller des Hamburger Präsidiums.«
Sandra schmunzelte. »Ich fürchte, so viel Glück wirst du nicht haben, lieber Wolf. Eine Strafversetzung, die bekommst du vielleicht. Aber nicht ins Archiv, sondern vielleicht ja irgendwo ganz anders hin. Gemordet wird schließlich fast überall. Das haben wir hier ja wieder einmal gesehen …«
»Lassen wir uns überraschen, liebe Kollegin. Und jetzt entschuldige mich bitte. Ich muss noch ein wichtiges Gespräch führen, bevor hier gleich die Hubschrauber vom LKA landen.«
Sandra sah ihn neugierig an, aber der Kommissar ließ sich wie so oft kein Sterbenswörtchen entlocken.
»Lassen Sie uns ein Stückchen spazieren gehen, Herr Meixner«, sagte Gabriel zu dem Spitzenkoch, der mit den letzten Aufräumarbeiten in der Hüttenküche beschäftigt war.
»Es tut mir leid, aber ich muss wirklich noch …«, murmelte Meixner.
»Nein, müssen Sie nicht.« Er zog den Koch mehr oder weniger unsanft mit sich ins Freie und schritt mit ihm den verschneiten Pfad zum See hinunter. Dabei machte er ihm klar, dass seine Karriere als Koch zu Ende war. »Denn mal ehrlich, Herr Meixner. Sie können gar nicht kochen, oder?«
Meixner lächelte. »Nein, gar nicht. Nicht einmal Rührei. Aber ich habe auch nie etwas anderes
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