Mordsberge: Vier Fälle für Kommissar Gabriel (German Edition)
nicht, dass es für uns alle die reinste Folter ist?«
Gabriel lächelte unbeeindruckt. »Es schmeichelt mir, dass Sie mich offenbar sogar für das Wetter verantwortlich machen, Herr Minister. Aber ich muss Ihnen leider gestehen, dass meine Kompetenzen nicht so weit reichen.«
»Das Wetter, Sie … Sie Hanseat, Sie? Ich rede davon, dass Sie seit sechsunddreißig Stunden ermitteln und noch immer nicht das geringste Ergebnis vorweisen können …«
»Seien Sie sich da mal nicht so sicher.«
»Wie meinen Sie das?«
»So, wie ich es sage«, erklärte Gabriel, griff sich ein Brötchen, schnitt es in aller Seelenruhe auf und beschmierte es dick mit Butter und Käse.
Nach dem Frühstück bat Gabriel sämtliche Hüttenbewohner erneut in die Gaststube, auch Marion Hoiser und ihren Vater sowie Alam Chijoke. Der Ghanaer hatte es wieder einmal vorgezogen, in der Küche zu frühstücken.
Die aufgeregten Gespräche erstarben, als Gabriel sich ans Kopfende des Tisches stellte und mit den Händen eine dämp fende Handbewegung machte. »Ich bitte Sie um ein wenig Ruhe. Herr Weidinger hat vorhin ganz zu Recht angemahnt, dass ich Ihnen ein paar Erklärungen schuldig bin. Nichts lieber als das.«
»Wissen Sie denn, wer der Mörder ist?«, fragte Marion Hoiser aufgeregt dazwischen.
»Nicht so voreilig, Frau Hoiser. Jedenfalls ist uns inzwischen klar geworden, dass Christian Brandl sterben musste, weil er damit gedroht hat, ein Geheimnis zu enthüllen. Ein Geheimnis, das genug Sprengkraft besaß, um das Leben des Mörders zu zerstören … tja, und ab diesem Punkt stellte sich natürlich die Frage, wer von Ihnen eine so schwerwiegende Last mit sich herumträgt, dass er dafür bereit ist, zu töten …«
Gabriel blickte sich in der Runde um. Es wunderte ihn nicht, dass alle am Tisch betreten die Augen senkten. Besonders Alois Meixner schien vor Nervosität kaum stillsitzen zu können. Aber auch das erstaunte den Kommissar nicht sonderlich. Er fuhr fort: »Aber gut, die meisten von Ihnen werden das mit ihrem eigenen Gewissen ausmachen müssen. Ich dagegen möchte mich jetzt den Herren Brettschneider und Maurer zuwenden …«
Josef Brettschneider wurde blass. Richard Maurer schüttelte den Kopf und gab ein erschöpftes Schnaufen von sich. Die Miene seiner Frau dagegen, die direkt neben ihm saß, blieb vollkommen regungslos.
Gabriel sprach mit leiser Stimme: »Ihr Leben ist eine einzige Lüge, Herr Fraktionsvorsitzender, und genau diese Lüge drohte Christian Brandl öffentlich zu machen. Ihre Hoffnungen auf das Amt des Ministerpräsidenten waren damit zerstört. Aber nicht nur das. Aus beruflichem Ehrgeiz hatten Sie zuvor Ihre langjährige Beziehung zu Richard Maurer beendet, er sollte Ihrem krönenden Karriereschritt nicht im Wege stehen. Aber so, wie Sie es sich vorstellten, hat es leider nicht geklappt. Brandls Erpressungsversuch machte Ihnen klar, dass Sie beruflich gescheitert waren, nachdem Sie sich privat in eine Sackgasse manövriert hatten … es ist schon aus schwächeren Motiven heraus getötet worden.«
Während ein allgemeines Raunen anhob, sprang Josef Brettschneider so heftig auf, dass sein Stuhl polternd nach hinten umfiel. »Was reden Sie denn da? Ich habe niemanden umgebracht!« Am ganzen Körper zitternd machte er ein paar Schritte rückwärts in den Raum hinein. Dabei wiederholte er immer wieder, dass er unschuldig sei.
Peter Weidinger stieß ein höhnisches Lachen aus. »Ich wusste es von Anfang an. Du warst es. Dabei hätte dir klar sein müssen, dass du mit deiner … Neigung niemals an die Regierungsspitze kommen würdest.«
»Aber ich war es wirklich nicht. Ich schwöre es!«, schrie Brettschneider.
Es war ausgerechnet Ruth Maurer, die nun die Stimme erhob. »Hör endlich auf, Josef. Wer soll dir das noch glauben? Es war doch klar, dass euer Lügengespinst eines Tages zusammenbrechen würde. Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr du mich anwiderst. Du, und Richard genauso …«
Während Richard Maurer das Gesicht in den Händen vergrub und laut aufschluchzte, wankte Brettschneider zur Eingangstür und zog sie auf.
Sofort erfasste der Wind die Tür und riss sie dem Politiker aus der Hand. Schneeflocken stoben herein und tanzten durchs Zimmer. »Na gut, ihr lasst mir keine andere Wahl«, brüllte Brettschneider und starrte mit irrem Blick auf die Runde am Tisch.
Gabriel stand von seinem Stuhl auf und näherte sich Brettschneider mit vorsichtigen Schritten. »Schließen Sie die Tür, Herr
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