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Mordsberge: Vier Fälle für Kommissar Gabriel (German Edition)

Mordsberge: Vier Fälle für Kommissar Gabriel (German Edition)

Titel: Mordsberge: Vier Fälle für Kommissar Gabriel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koglin , Philip Tamm , Regula Venske , Steffi von Wolff
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noch nicht. Das sind ja Sammlerstücke aus dem 19. Jahrhundert.«
    »Hier fehlt etwas«, bemerkte Sandra.
    Gräfin Goschi seufzte. »Tja, das habe ich auch erst eben bemerkt. Ich werde es wohl melden müssen.«
    »Ein Diebstahl?«
    »Schlimmer als das, Kindchen, viel schlimmer.«
    »Ach?« Sandra guckte die Hausherrin mit einem so naiven Blick an, als wollte sie fragen: »Was kann denn noch schlimmer als ein Diebstahl sein?« Sie war selbst stolz auf sich, die Arbeit in der Mordkommission stand ihr mit Sicherheit nicht ins Gesicht geschrieben.
    Die Reinkarnationstherapeutin dachte nach und kam schnell zu einem Ergebnis. »Ach, Sie werden es ja doch erfahren. Im Haus ist … jemand zu Tode gekommen. Und ich habe gerade bemerkt, dass hier eine Pistole fehlt.«
    »Eine Pistole?« Es gelang Sandra, das Wort auszurufen, als hielte sie es gar nicht für möglich, dass es dergleichen Dinge überhaupt gab. Das »P« hatte sie geradezu ausgespuckt, und erschrocken schlug sie sich die Hand vor den Mund. Gräfin Goschi guckte sie irritiert an. Vorsicht, warnte Sandra auch eine innere Stimme. Übertreib deine Rolle nicht!
    »Ja, ein sehr wertvolles antikes Stück. Ein sogenanntes Terzerölchen.«
    »Ein was?« Diese Frage war nicht gespielt. Sandra kannte nur die gängigen Waffen und vor allem ihre Sig Sauer, auf der sie es schon zu einer gewissen Meisterschaft gebracht hatte. Auf jeden Fall konnte sie besser mit der Schusswaffe umgehen als Wolf Gabriel. Mit antiken Pistolen kannte sie sich hingegen nicht aus.
    »Ein Terzerölchen, Liebe. Süßer Name, nicht? Aber Vorsicht, es handelt sich um eine echte kleine Vorderlader-Pistole. Sie sprechen kein Italienisch? Der Name Terzerol leitet sich von terzuole ab, das Habichtmännchen. Man hat gern die Namen von Greifvögeln auf Geschütze übertragen, falconetto zum Beispiel ja auch. Die Waffe gehörte zum Haus und zu seiner Geschichte. Es war mein Fehler zu denken, die Geschichte wäre vorbei.«
    »Die Geschichte geht immer weiter«, sagte Sandra und kam sich sehr philosophisch vor.
    »Ich muss es diesem Kommissar sagen«, sagte Gräfin Goschi.
    »Ja, den hab ich ja schon kennengelernt. Er scheint nicht von hier zu stammen?«
    »Der ist extra aus Hamburg angereist, so als hätten wir in Bayern keine gestandenen Kommissare. Interessiert sich aber, glaube ich, nur für Essen.«
    »Aus Hamburg?«
    »Sie kommen auch von da oben her, oder?«
    »Fischerhude«, sagte Sandra und bereute die Ortswahl im selben Moment. Sie hätte besser Uelzen oder Lüneburg sagen sollen, Fischerhude war vielleicht zu dick aufgetragen. Aber es war der erstbeste Name, der ihr zu Kerstin Fischer in den Kopf kam.
    Gräfin Goschi nickte völlig unbeeindruckt, auf eine Art und Weise, die deutlich zum Ausdruck brachte, dass sie den Namen dieses Ortes entweder noch nie gehört hatte oder Namen ebenfalls für bedeutungslos hielt.
    »Da Sie sich für Waffen zu interessieren scheinen: Das Terzerölchen stammte noch aus der Zeit König Ludwigs des Ersten. Es hatte ein altes Steinschloss, erst im Laufe des 19. Jahrhunderts wurden diese durch zuverlässigere Perkussionsschlösser ersetzt. Aber es war noch voll funktionsfähig, wie man jetzt weiß.«
    »Das klingt, als hätten Sie Ihr Terzerölchen schon zu König Ludwigs Zeiten benutzt?«, sagte Sandra. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt, dachte sie dabei.
    Gräfin Goschi schien nichts Freches an ihrer Bemerkung zu finden.
    »Ich wusste nicht mal, dass die Waffe geladen war oder wie man sie lud«, antwortete sie. »Deshalb hatte ich die Munition auch daneben in der Vitrine liegen, in so einem hübschen alten Pappschächtelchen, wissen Sie. Es war wohl etwas naiv anzunehmen, alle wären so pazifistisch gesinnt wie ich.« Ihr Blick ging in weite Fernen. »Ja, ja, ich war wohl schon einmal hier. Die Villa Undine stand damals noch nicht. Aber ich habe Bilder im Kopf von einem alten Holzhaus mit …«
    Sie brach ab.
    »Ja?«, fragte Sandra.
    »Ach, nicht so wichtig. Es geht hier ja um Sie. Morgen wollen wir Ihre Rückführung wagen. Sind Sie bereit?«
    »Ich kann es gar nicht erwarten«, sagte Sandra. »Ich meine, etwas herauszufinden über die schicksalhaften Verknüpfungen zwischen dem Einst und dem Heute …« Das konnte nicht ganz falsch sein, so ähnlich hatte sie es in der Broschüre der Villa gelesen. »Aber Sie hatte ich mir ganz anders vorgestellt«, schob sie nach. Ein bisschen naive Treuherzigkeit mochten die Leute.
    Gräfin Goschi lachte. »Ja, das geht vielen so.

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