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Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt

Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt

Titel: Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Benecke
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samt Tochter einfach hinausgeworfen. Frau Santini soll nach Aussage ihrer Schwester erst an diesem Abend – also nach fünfzehn Jahren Beziehungstheater – beschlossen haben, ihren Lebensgefährten zu verlassen.Die Tochter bestreitet das allerdings bis heute. Was genau Frau Santini gesagt hat, ist aber im Grunde nur von geringem Gewicht, denn das ständige Hin und Her gehört bei der losen Familie Santini/Peters ja zum Alltag. Leider bekommt die Aussage der Tochter vor Gericht noch unerwartete Bedeutung.
    Etwa einen Monat später, im September 1995, arbeitet Peters tagsüber im Gartenhaus und trinkt dabei einen halben Kasten Bier leer. Aus irgendeinem Grund ruft er spätabends bei Frau Santini an und fordert sie auf, zu ihm zu kommen. Das Gericht nahm in der ersten Verhandlung an, dass Peters in dieser Nacht eine Aussprache wünschte. Peters selbst sagt, er habe Frau Santini eingeladen, um einen neu eingebauten Kamin im Gartenhäuschen anzusehen.
    Frau Santini kommt gegen dreiundzwanzig Uhr im Gartenhaus an, »hübsch geschminkt und zudem in ein sehr apartes kleines Schwarzes gewandet«, wie Anwalt Bossi berichtet. Zuvor ruft sie die gemeinsame Tochter an und sagt ihr, dass sie über Nacht bei Peters im Gartenhaus bleiben wird.
    Die nun folgende Schilderung beruht allein auf den Angaben von Peters, denn Frau Santini wird den nächsten Morgen nicht mehr erleben. Man habe, so Peters, nach einigen Vorspielereien beschlossen, sich unters Dach zu begeben, wo ein Matratzenlager eingerichtet war. Dort sollte sexuell einmal »etwas anderes« stattfinden – er habe Frau Santini daher vorgeschlagen, sie mit Handschellen zu fesseln.
    Sie stimmt zu. Doch als Peters zu seinem Colt-Revolver greift, um das Spiel noch spannender zu machen, löst sich ein Schuss. Angeblich soll sich der Hahn zuvor zufällig gespannt haben, während Peters die spielerische Bedrohung seiner Freundin durch Gefummel und Gefuchtel aufbaute und dabei auch am Colt herumspielte. Warum die Waffe überhaupt geladen gewesen sei, erklärte Peters damit, dass er bei einem Einbruch den Bösewichten besonders schnell Beine machen wollte. »Man kann die Waffe ja nicht laden, wenn die Einbrecher schon da sind«, erklärte er.
    Um halb drei Uhr nachts ruft er die Polizei an mit der Bitte, einen Rettungswagen vorbeizuschicken. Als der erste Wagen eintrifft, ist aber außer dem wild kläffenden Schäferhund von Peters nichts zu sehen. Erst als weitere Streifenwagen und der Notarzt das Gartenhaus erreichen, kommt der Mann heraus. Er soll sehr gezittert und davon gesprochen haben, im Spiel aus Versehen »seine Frau« erschossen zu haben. Abweichend von seinen späteren Aussagen behauptet er in dieser Nacht, er habe nicht gewusst, dass die Waffe geladen war.
    Weil keine Fluchtgefahr besteht, wird Peters nach sieben Wochen U-Haft auf »freien« Fuß gesetzt. Die Anklage lautet auf fahrlässige Tötung – nicht auf Mord.
    In der ersten Verhandlung urteilt das Gericht so, wie es die Oberstaatsanwältin auch beantragt hatte: zwei Jahre auf Bewährung. Die Urteilsbegründung steht mit dem Geständnis von Peters in Einklang: Es sei vorstellbar, dass der Täter im Moment des tödlichen Schusses wirklich vergessen habe, dass der Colt geladen war. Wenn es aber so sei, dass also bloß ein dummes Sexspiel schiefgegangen sei, dann habe er seine Lebensgefährtin nicht mit Absicht umgebracht. Mangels Vorsatz könnte es sich also weder um Mord noch um Totschlag handeln.
    Mit dieser logischen, wenngleich für Laien empörenden Begründung kam Peters im März 1996 »frei«. Er war zwar zu einer zweijährigen Strafe wegen fahrlässiger Tötung verurteilt worden, aber die Öffentlichkeit sah nur, dass Peters nicht ins Gefängnis musste. Man sieht einem verurteilten Menschen nun mal nicht an, dass er in Wirklichkeit unter Bewährung steht, wenn er »frei« herumläuft. Dass Peters das durfte, leuchtete kaum jemandem ein. Selbst sein späterer Anwalt Bossi räumt ein, dass das Gericht zugunsten des Volksempfindens besser eine höhere Strafe hätte wählen sollen. Die höhere Strafe hätte nämlich nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden können. »Peters wäre dann wenigstens für zwei oder drei Jahre ins Gefängnis gewandert«, so Bossi. »Das hätte durchaus der Schwere seiner Schuld entsprochen.«
    Mehr als alle anderen Prozessbeteiligten konnte der Bruder des Opfers das Urteil so nicht akzeptieren. Er war Nebenkläger und konnte nicht einsehen, dass der Mann, der seine

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