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Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt

Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt

Titel: Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Benecke
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Generation zu Generation weitergegeben worden. »Selbstverständlich wissen alle Mitglieder meiner Familie, woran man Vampire erkennen kann«, erklärte Gheorge.
    Allerdings handeln Vampire nicht immer – wie es hier geschah – aus Bosheit. In einem anderen Fall wenige Jahre zuvor war ein Junge gestorben. Auch seine Familie wurde nun schwer krank, dies leuchtete aber allen Beteiligten ein: Er liebte seine Eltern und Geschwister so sehr, dass er sie zu sich ins Grab holen wollte. Wenn der Junge schon nicht zu den Lebenden zurückkehren konnte, dann sollten sie eben ins Reich der (Un-)Toten hinabsteigen. Der Junge handelte also aus überufernder Liebe, nicht aus Hass.
    »Wie dem auch sei, in unserem Fall musste ich schnell handeln«, berichtete Gheorge Marinescu. »Wenn wir nichts getan hätten, wären meine Gattin, mein Sohn, meine Schwiegertochter und ich gestorben. Es ist ja nicht so, als hätte ich so etwas noch nie gesehen.«
    Im Juli 2004, als die Erkrankung seiner Familie immer weiter fortschritt, trommelte Marinescu fünf – teils entferntere – Verwandte zusammen. Sie enterdigten Toma, zogen die in einem blauen Herrenhemd und schwarzer Schäferkappe gut gekleidete Leiche an eine Wegkreuzung (Symbol des christlichen Kreuzes), schnitten das Herz heraus, veraschten es und nahmen es zu sich. Das hört sich schlimmer an, als es ist: Die Aufnahmen zeigen eine gut erhaltene Leiche, sodass man davon ausgehen kann, dass das Herz nicht völlig ungenießbar gewesen wäre, auch wenn die sechs Verschwörer es nicht zuvor verbrannt hätten.
    »Als wir ihn aus dem Grab zogen«, berichtete Marinescu über den vampirisierten Lehrer, »war sein Mund blutbeschmiert. Er stöhnte, als wir seinen Brustkorb mit der Senseaufschnitten und das Herz herausnahmen. Wir veraschten das Herz, lösten die Asche in Wasser auf und gaben davon allen zu trinken, die krank geworden waren. Sofort ging es ihnen besser – als ob jemand allen Schmerz und alles Siechen von ihnen genommen hätte.
    Abb. 9: So sehen »Vampire« aus: Enterdigung von Petre Toma im Juli 2004 in Marotinul de Sus. Deutlich zu erkennen die Vertrocknungserscheinungen (Mumifizierung der Haut) und der Pilzbefall, der nur bei Leichen, aber nicht bei Lebenden (und auch nicht bei Untoten) vorkommt. Man beachte das auf den Sarg gemalte Kreuz, das den »Vampir« allerdings nicht an seinem zerstörerischen Werk hinderte. (Foto: N. Radu/M. Benecke)
    Das Ritual, nach dem wir vorgingen, ist jahrhundertealt. Kein Mensch konnte sich vorstellen, dass das verboten sein sollte. Wir dachten ganz im Gegenteil, wir würden etwas Gutes tun, weil der Geist von Petre uns doch verfolgte und uns um ein Haar getötet hätte. Er war schließlich extra deswegen von den Toten zurückgekehrt! – Jetzt geht es uns jedenfalls allen besser.«
    Auch viele andere Dorfmitglieder konnten die Aufregung nicht verstehen, nachdem die Tochter des Toten zur Polizei gegangen war und die Totenruhestörer angezeigt hatte. »Es war vollkommen richtig, dass die sechs Männer der Leiche das Herz entnommen haben«, erklärte beispielsweise Paula Diaconu. »Alle Dorfbewohner waren in Gefahr, und wir wissen nun einmal, wie man die bösen Geister der Toten bekämpft.« Kein Wunder also, dass gelegentlich Herzen entnommen werden müssen, bestätigte auch Domnica Branusci: »Das passiert öfter. Normalerweise macht man aber nicht so ein Theater und verständigt sich mit allen Beteiligten, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Es genügt notfalls auch, die Asche in ein Glas Wasser zu streuen und der erkrankten Person einfach so zu verabreichen. Auch wenn er gar nichts von der Asche weiß, wird der Kranke immer gesund.«
    Einzig die Polizei freute sich darüber, dass endlich einmal jemand Anzeige erstattet hatte. »Wir wissen natürlich, was die Dorfbewohner so treiben, aber bisher konnten wir nichts machen.« Um ein Exempel zu statuieren, griff das Gericht durch: Alle sechs Grabschänder wurden im Januar 2005 wegen Störung der Totenruhe zu Gefängnisstrafen verurteilt. Die Einlassung, dass es sich bloß um Notwehr »gegen einen bekannten Vampir« gehandelt habe, wollte das Gericht nicht gelten lassen.
    Wer die Auffassung des rumänischen Gerichts teilt, stimmt wohl mit Otto Steiner überein, der schon 1956 geschrieben hat:
    »Nach mündlichen und brieflichen Berichten treibt im östlichen Mitteleuropa der Vampirwahn auch heute noch ebenso stark wie früher sein abscheuliches Unwesen. Hoffen wir, dass Deutschland

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