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Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt

Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt

Titel: Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Benecke
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irgendeine Weise (Stiche, Hiebe, Schüsse usw.) ermordet werden.
    Das liegt nicht nur an den bekanntlich klugen Kindern, die recht schnell den Schlüssel zum Waffenschrank ausfindig machen, sondern auch an Waffen selbst, die so unterschiedlich funktionieren, dass es durch Fehlbedienung leicht zu denverrücktesten Erschießungen kommen kann. Beispielsweise genügt es bei einigen Waffen schon, dass sie herunterfallen, damit sich ein Schuss löst.
    Unser Fall begann damit, dass ein Vater mit seinem schon sechsundzwanzig Jahre alten Sohn im Bundesstaat New Mexico im Freien schießen übte. Seine großkalibrige Ruger war daher geladen. Als er sie zur Seite legen wollte, versuchte er, den Hahn aus der gespannten Position in die Ruheposition zu drücken. Dabei löste sich ein Schuss, der nicht nur seine Hand durchschlug, sondern auch die große Baucharterie seines Sohnes traf. Der Sohn wurde schon in der Notaufnahme des Krankenhauses für tot erklärt.
    Der Vater, der also seinen eigenen Sohn erschossen hatte, entschied sich, das Unglücksgerät an den Cousin des Sohnes weiterzugeben. Der freute sich und steckte die Waffe in einen offenen Halfter am Gürtel – Cowboy-Stil.
    Drei Jahre später fiel dem Cousin die Waffe aus dem Hüftgurt, und es löste sich – erneut ohne erkennbaren Grund – wieder ein Schuss. Der durchschlug aber nur eine Fensterscheibe. Also lud er die Ruger erneut und steckte sie dahin, wo sie hingehörte: an seinen Gürtel. Nur wenige Wochen später, als er gerade in seinen Pick-up einsteigen wollte, entglitt ihm der Revolver erneut. Wieder löste sich ein Schuss, und nun traf er mitten in den Körper – dieses Mal in die Leistengegend des Besitzers. Dabei wurde eine große Vene getroffen. So verstarb auch der Cousin durch einen Schuss aus einer Waffe, die er nicht einmal in der Hand gehalten hatte.
    Der Grund für die Unfälle war das altertümliche Design der Waffe. Die verwendete Ruger Blackhawk ähnelt sehr stark den aus Westernfilmen bekannten Armeerevolvern aus dem 19. Jahrhundert. Damals war allerdings bekannt, dass die Waffe ein Eigenleben hatte. Daher lud man häufig nur fünf der sechs Walzenkammern mit Patronen. So eingestellt konnte kein Schuss unbeabsichtigt ausgelöst werden. Denn wo keine Patrone ist, kann auch nichts schießen.
    In derartigen Revolvern sitzt der Auslösestift direkt im Rahmen der Waffe. Fällt der Revolver herunter oder wird der Hahn beziehungsweise Daumengriff sonst wie gegen den Stift geschoben, löst sich bei geladener Waffe manchmal ein Schuss. Das ist zwar nicht so vorgesehen, scheint aber auch niemanden wirklich zu bekümmern. Sogar der Originalrevolver der Firma Colt, also das »Wildwestmodell«, ist bis heute in den USA erhältlich – und zwar nicht als Spielzeug oder Ausstellungsstück, sondern als funktionierende Waffe.
    Für uns Europäer ist es kaum nachvollziehbar, dass es noch Waffen gibt, bei denen der Hahn nach Benutzung
mit dem Daumen
in seine Ruheposition geschoben werden muss. Es ist also abzusehen, dass sich dabei, wenn man abrutscht, ein Schuss lösen muss. Befolgt man die erste Schusswaffen-Regel – die Mündung niemals auf jemand anders außer ein gewolltes Ziel richten –, dann kann natürlich nichts passieren – außer Unfällen. Die Firma Smith & Wesson baut als eine der wenigen seit dem Jahr 2000 grundsätzlich eine Sperre in die Waffen. Die meisten anderen Firmen verweisen darauf, dass man eben besser aufpassen soll. O-Ton: »Aber das gilt ja wohl für alle Werkzeuge.«
Ein Toter, sieben Schüsse
    Es geht auch andersherum: Nicht eine Waffe tötet zwei Menschen im Verlauf von drei Jahren (wie im vorigen Fall), sondern ein einzelner unbewaffneter, harmloser Mann wird von einem Fremden erschossen – allerdings von neun Projektilen, die in nur zwei Sekunden abgefeuert werden. Das Ganze spielt auf einer Halloween-Feier, und der Schütze ist Polizist. Welcher der beiden Tötungsfälle unwahrscheinlicher ist, lässt sich schwer sagen. Immerhin gab es im folgenden Fall eine Untersuchung, die zumindest mir bislang Unbekanntes erbrachte: Manche Menschen können tatsächlich fast so schnell schießenwie ihr Schatten. Nachdem ich davon zum ersten Mal auf der Jahrestagung der US-Forensiker hörte, besorgte ich mir eine Spielzeugpistole (ich habe noch nie in meinem Leben eine echte Schusswaffe in der Hand gehabt) und versuchte, den Fall nachzustellen – vergeblich. Das lag aber nicht daran, dass der geschilderte Ablauf unmöglich ist,

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