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Mordsschock (German Edition)

Mordsschock (German Edition)

Titel: Mordsschock (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaby Hoffmann
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eines heimlichen Autorennens? Ein Motor heulte. Hässliches Knattern zerschnitt die Stille. Jemand grölte unartikulierte Laute. Das Licht kam näher. Ich kniff die Augen zusammen. Nach so viel Finsternis blendete es. Im Scheinwerferlicht sah ich zwei Jugendliche auf Mopeds hocken, die sich damit vergnügten, einige flachere Sandhügel rauf und runter zu sausen. Enttäuscht lief ich zu meinem Auto zurück. 
    Allerdings – wenn Jugendliche die Kieskuhle als Treffpunkt für ihre Mopedrennen auswählten, warum sollten sich nicht junge Erwachsene zum illegalen Cruisen verabreden? So weit hergeholt fand ich den Gedanken nicht. 
    Während der Heimfahrt klingelte mein Telefon.
    „Wo treiben Sie sich herum?“, keifte mein Chef. Es interessierte ihn nicht ernsthaft, denn er wartete keine Antwort ab. „Sie hätten seit Stunden zurück sein müssen. Auf Ihrem Dienstplan stand heute Abend eine Vernissage. Jetzt musste Frau Zöllner für Sie einspringen, die frei hatte.“ Er schimpfte über unverantwortliches Herumtreiben. „Die nächsten Spätdienste sind Ihre!“
    Ausgerechnet Gundula hatte sich geopfert und meinen Termin übernommen. Das würde sie mir ewig vorhalten. Aber dieser Zickenzirkus stachelte mich gerade an. Nun würde ich es denen erst recht zeigen! 
     
    Am nächsten Morgen erschien ein Praktikant in unserer Redaktion. Volker Schöndorff. Ebenmäßige Gesichtszüge, Zahnpastalächeln, treuherzige braune Augen, schwarze Locken, schlank und stattliche 1,90 Meter groß. Er plante, seine Semesterferien bei unserer Lokalzeitung zu verleben. Genauso alt wie ich. Folglich nicht unbedingt ein Student der schnellsten Sorte. 
    Während dieser Volker sich selbstbewusst vorstellte, scholl von der Straße lautes Stimmengewirr hoch. 
    Ich wischte ein Guckloch in die staubige Fensterscheibe und spähte hinunter. Auf dem Bürgersteig gab es einen kleinen Auflauf wütender Passanten und Radfahrer. Ein in der Sonne funkelndes, silbernes Mazda-Cabriolet versperrte ihnen den Weg. „Ich glaube, dein Parkplatz kommt nicht so gut an.“ 
    „Och, man muss sich doch erst mal orientieren.“ Lässig schwang Volker seinen knackigen Po in der Markenjeans auf meinen Schreibtisch. 
    „An deiner Stelle würde ich mich ein bisschen schneller orientieren. Sonst ist Papis Auto bald Schrott.“ 
    Ein älterer Herr ließ seinen Stock in diesem Augenblick bedrohlich in Richtung Mazda-Cabriolet kreisen. 
    „Das ist nicht Papis Auto, sondern meins“, stellte er klar und lüpfte seinen Jeanspo elegant in die Höhe. Geschmeidig wie ein Gepard huschte er die Holzstiegen nach unten. Rums. Die Bürotür flog, beschleunigt durch Volkers Fahrtwind, mit lautem Knall zu. 
    Schadenfroh presste ich meine Nase gegen das Fenster, um mitzuerleben, wie die Passanten den Neuen anpöbelten. Ich wurde enttäuscht. 
    Kaum, dass er unten aus der Tür getreten war, baute er sich kerzengerade vor den wütenden Leuten auf und hielt eine kleine Rede. Ich verstand natürlich nicht, was er Wundersames verbreitete, aber es wirkte. Besänftigt gingen die Leute weiter. Er fuhr unbehelligt davon, um einen unspektakuläreren Parkplatz zu suchen. 
    Der Neue erklärte uns im Laufe des Vormittags, wie die Welt funktionierte. „Schreiben kann ich! Ist nicht mein erstes Praktikum. Und überhaupt – wenn man studiert, muss einem das ja sowieso liegen. Bloß, ich dachte, es ist nie verkehrt, von der Pieke auf anzufangen. Mit den großen Sachen beschäftigt man sich eh früh genug. Deshalb ist es gut, wenn ich bei so einer kleinen Lokalzeitung mal reinschaue.“ Seine große Klappe schmückte er mit charmanten Gesten, die sogar Gundula von irgendwelchen pseudoklugen Kommentaren abhielten. 
    Nur Herbie blieb sachlich. Trocken meinte er: „Du kannst um fünfzehn Uhr zur Einweihung des neuen Klohäuschens auf dem Bahnhof gehen.“ 
    Das selbstbewusste Auftreten dieses großkotzigen Charmebolzens wirkte auf manche kompetent. Das sollte sich mal eine Frau erlauben, die wäre sofort bei allen unten durch, dachte ich, als Volker Wagner Verbesserungsvorschläge für das Layout der Zeitung machte. Leider erlebte ich Wagners Reaktion nicht mit, weil ich ans Telefon gerufen wurde. 
    Eine Beschwerde! Ein Leser erhitzte sich über meinen Gottesanger-Text: „Wie können Sie so einen Blödsinn schreiben?“ 
    Was war nun wieder los? Schließlich handelte es sich um meinen bisher einzigen Artikel, mit dem ausnahmsweise alle zufrieden waren. 
    Der Mann schimpfte weiter:

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