Mordsschock (German Edition)
drehte sich um. „Das ist unser Felixlein, den haben wir vor zwei Jahren bei uns aufgenommen. Irgendjemand muss ihn ausgesetzt haben.“
Voller schüttelte tief betroffen den Kopf. „Was es für Leute gibt! So ein netter Kater! Wir haben auch sechs Katzen, von denen vier kein Zuhause mehr hatten.“
Die Frau musterte Voller. Ihre Gesichtszüge glätteten sich. Liebevoll beobachtete sie, wie sich ihr süßer Felix an Grashalmen zu schaffen machte, um sie anschließend wieder auszuspucken. „Wissen Se, der Felix ist total in meinen Mann vernarrt. Als der mal zur Kur war, hat der Kater mir glatt jeden Morgen auf den Teppich gepinkelt. So hat er ihn vermisst! Und wenn wir ihm Knäckebrot mit Milch geben, macht der richtige Freudensprünge.“
Voller strich sich die Locken aus dem Gesicht. „Knäckebrot mit Milch ist gut! Aber versuchen Sie mal, ihm eine Kindermilchschnitte zu geben. Danach sind unsere Katzen zu Hause ganz verrückt.“
Und so lief das Gespräch weiter. Die Frau hatte ihre Wäsche vergessen und kramte sämtliche Felix-Anekdoten aus, die ihr einfielen.
Voller brach jedes Mal in schallendes Gelächter aus und rief: „Nein, wie herzig! Tiere sind die besseren Menschen!“ Zwischendurch fütterte er uns mit seinen eigenen Katzenerlebnissen.
„Also, Rita Martinek, die wohnt mit fünfzehn Katzen zusammen. Ich war mal bei ihr zu Hause“, wollte ich mich mit der Schauspielerin ins Gespräch einbringen.
„Wer is Rita Martinek?“ Die Frau zog einen Panzer-BH Größe ‚Hängematte‘ aus dem Wäschekorb und schwang ihn auf die Leine.
„Äh, wie gesagt, probieren Sie es mit einer Milchschnitte!“, bügelte Voller rasch meinen Einwurf aus.
In meinem Kopf miaute und fauchte es mittlerweile. Ich dachte an Oscars Eskapaden in meiner Wohnung.
Felix war das Katzengeschnatter zu viel geworden, er hatte sich längst verdrückt. Er ging auf gepflegte Mäusejagd oder himmelte eine Kätzin an. Von wegen Milchschnitte!
Irgendwann bot Voller an: „Ich muss Ihnen mal Fotos von unseren Katzen zeigen. Die werden Ihren Mann bestimmt auch interessieren.“
„Ja, mein Mann kann nicht ohne Felix sein. Wenn er nach Hause kommt, ruft er sofort nach ihm. Felix springt von irgendwoher auf seinen Schoß.“
„Reizend! Wann können wir Ihren Mann mal kennenlernen? Er wollte mit uns über den Gottesanger reden.“
„Komm‘ Se morgen Abend vorbei! Ich sach ihm Bescheid.“
Wir verabschiedeten uns.
Als wir im Auto saßen, fragte ich: „Sag mal, die vielen Katzen, die ihr zu Hause habt, das sind wohl alles Kater?“
Voller lachte. „Ich habe nie eine Katze besessen. Ich bin allergisch gegen Tierhaare.“
„Und die Milchschnitte?“
„Esse ich manchmal ganz gerne! Hat doch geklappt. Okay, das mit der ‚heißen Geschichte’ war natürlich ein Anfängerfehler. Bin ein bisschen aus der Übung.“
Gar nicht so übel, dieser Praktikant! Er gestand sogar Fehler ein!
„Oh, oh“, stöhnte er in diesem Moment laut, sodass ich vor Schreck um ein Haar den Kantstein gerammt hätte.
„Was ist los? Kriegst du einen Blinddarmdurchbruch?“
„Beschreie es nicht!“ Voller presste sein linkes Ohr in Richtung Beifahrerspiegel, dabei drehte er beides so heftig, dass ich befürchtete, Spiegel und Ohr würden ihre Fassung verlieren. „Hier, siehst du es nicht? Ich muss sofort zum Arzt!“
„Was um Himmels willen?“
„Ein Geschwür hinter meinem Ohr. Bestimmt ein böser Tumor! Oh, was soll ich nur tun?“ Voller jaulte wieder auf und betastete sein Ohr.
Ich parkte den Wagen am Straßenrand, um mir Vollers Tumor anzusehen. Hinter dem Ohr saß wirklich etwas. Ein winziger, harmloser Pickel! „Soll ich ihn dir ausdrücken?“
„Ihh, bist du wahnsinnig!“
„Weichei!“
Am nächsten Tag leistete ich Heldenhaftes. Ich besuchte in einem der Dörfer um Rosenhagen herum eine der unzähligen Künstlerinnen, die unbedingt gedruckt werden möchten. Meistens schickten nach Selbstbestätigung suchende malende Ehefrauen ihre Männer vor, die anriefen und uns von den Fähigkeiten ihrer Angetrauten die Ohren volltexteten. Gut, man muss eine Zeitung ja irgendwie dicht kriegen!
Ich verließ die hoffnungsvolle Künstlerin, die mir am liebsten stundenlang ihre Sylter Dünen und Blumenaquarelle gezeigt hätte. Pfeifend fuhr ich zu vollaufgedrehter Musik über die Schnellstraße, grübelte dabei über die beiden Toten in der Kieskuhle und den seltsamen Anruf von Herrn
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