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Mordsviecher

Mordsviecher

Titel: Mordsviecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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kommt. Dass sie nur noch ganz kurz geduldig sein müssen.«
    Ach, Sonja! O ja, Tiere waren geduldig, Pferde im Besonderen. Sie ertrugen, sie duldeten, was hätten sie auch anderes tun können als Fluchttiere, denen jeder Fluchtweg verstellt war?
    »Ich bin dann gegangen, und weil ich so verzweifelt war, so verwirrt, so am Ende mit meinen Kräften, hab ich irgendwie falsch auf den Türöffner gedrückt. Ich habe gemerkt, dass das hintere Tor ganz zu blieb, während sich das vordere um die Hälfte öffnete. Ich hab das mehrfach probiert, es gibt eine Tastenstellung, die legt diesen ganzen Mechanismus lahm. Stellen Sie sich das vor, da baut Stowasser sein persönliches Alcatraz, und irgendein lächerlicher Fehler in der Elektronik legt die Türen lahm.« Sie atmete schwer. »Ich hab ihn Dienstag in der Frühe angerufen. Dass ich oben in Krün bin, dass die beiden Tore offen stehen. Hab ihm seine Reptilienräume geschildert. Er wusste, dass ich nicht bluffe.«
    »Was wollten Sie von ihm?«
    »Ich hab gesagt, dass ich für FUF zweihunderttausend Euro will. Ich hab ihm gedroht, dass ich, wenn er das nicht täte, Fotos an alle großen Zeitungen schicken würde. Von den Zuständen hier, von den Daunen in seinem Keller. Ich habe gesagt, dass ich bei jedem erneuten Versuch zu betrügen die Öffentlichkeit einschalten würde.«
    »Das hat er Ihnen abgenommen?«, fragte Kathi ungläubig, und Irmi dachte sich, dass Sonja Ruf eigentlich in höchster Gefahr gewesen war.
    »Er hielt mich für eine durchgeknallte Tierschützerin und Pferdenärrin. Er hat mir geglaubt. In seinem Weltbild waren alle um ihn herum schwach.«
    »Warum aber dieser Alleingang? Mit einem Zeugen wären Sie doch viel besser dagestanden«, meinte Irmi und kannte doch die Antwort schon. Sonja Ruf hatte einmal im Leben beweisen wollen, dass sie auf dem Siegertreppchen stehen konnte. »Das haben Sie also alles ganz allein geplant?«
    »Trauen Sie mir das etwa nicht zu?«, stieß Sonja Ruf aus.
    Irmi wurde von Mitleid ergriffen. Wie sehr musste das Selbstbewusstsein der jungen Frau mit Füßen getreten worden sein. Was war nur passiert? Wie stark verzerrte sich das Bewusstsein, wenn man so eine Frage stellen musste?
    »Doch, natürlich tue ich das«, beeilte sie sich zu sagen. »Erzählen Sie bitte weiter.«
    »Er ist sehr schnell gekommen. Ist durch die Kellerräume gepoltert und hat rumgeschrien: ›Du Bix, wo bist du? Du dumme Pritschn, was willst du?‹ Dann hat er irgend so einen Blaumann-Mantel vom Haken gerissen, hat ihn sich übergeworfen und ist die Treppe raufgestürmt. Ich war unter der Treppe, und er hat da oben weitergebrüllt. Dann auf einmal nicht mehr. Ich bin hochgeschlichen. Er lag am Boden, die Augen weit aufgerissen. Er hat in meine Augen gesehen, und wissen Sie, Frau Mangold, dieser Moment hat mich nicht entschädigt. Nicht für Sleipnir und nicht für das Fohlen. In dessen Augen hab ich gesehen, und das werde ich mir nie verzeihen. Am Samstag hatte es noch gelebt.« Die Tränen rannen weiter, wie bei einer Madonnenfigur, aus deren Augenwinkeln unerklärliche Tränen liefen.
    »Sie wollen also sagen, als Sie kamen, war er schon am Boden?«
    »Ja, mir war klar, dass ihn irgendetwas gebissen hatte. Ich bin davongelaufen.«
    »Sie haben ihn einfach liegen lassen?« Irmi hatte das Gefühl, die Luft hier wäre besonders stickig und schwer zu atmen. Das war unterlassene Hilfeleistung, und die Schlange war ja noch da gewesen. Sonja Ruf hatte wiederum in Gefahr geschwebt. Beim zweiten Mal hatte die Schlange sie dann doch erwischt.
    »Ich habe dann noch einmal bei der Polizei angerufen und ein paar Mal wild gehupt. Ich dachte, dass da in der Nachbarschaft doch jemand aufmerksam werden müsste. Dann bin ich gegangen. Den Rest kennen Sie.«
    »Nicht ganz. Als Sie zum zweiten Mal in Krün waren, als Sie den Lkw-Fahrer attackiert haben, was war das?«
    »Ich wollte das Handy finden. Vor Ihnen. Sie hätten doch entdeckt, dass ich als Letzte mit ihm telefoniert hatte.«
    »Aber der Fahrer?«
    »Wer Stowasser wissentlich unterstützt, verdient einen Schrecken. Diese Pferdemafia ist ein Elend. Sie ist skrupellos. Sie stürzt Menschen und Tiere ins Verderben. Er musste bestraft werden. An dem Skorpion stirbt man nicht.« Sie atmete durch. »Ich wusste, dass der Lkw schon am Freitag kommen sollte. Ich hatte bei meinem ersten Besuch ein Gespräch belauscht zwischen Kilian Stowasser und dem Fahrer. Dabei war ich nur überrascht, dass er so früh kam, sonst waren

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