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Mordsviecher

Mordsviecher

Titel: Mordsviecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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wenig verloren wirkte, und ging los. Eine frühe Spaziergängerin führte ihren Dackel aus.
    Die Eingangstür von Sonja Ruf konnte man durch leichtes Drücken öffnen. Die Wohnungstür ging mit der EC -Karte auf. Die dreibeinige Katze maunzte, die Laute der Stummelschwänzigen klangen eher wie »aua«. Die Futternäpfe waren gefüllt, die Nachbarin war also nicht untätig gewesen.
    Irmi trat ins Wohnzimmer. Dann ging sie in die Küche und registrierte, dass in einem Terrarium Skorpione herumkrochen. Einen ihrer Kumpels hatten diese Viecher nun eingebüßt. Wenn man Sonja Rufs Gedankengängen folgte, war er den Märtyrertod gestorben im Rachefeldzug für so viele arme Pferde.
    Irmi ging zurück ins Wohnzimmer und setzte sich. Aus dem Regal starrte sie eine weitere Katze mit vor Panik geweiteten Augen an. »Alles in Ordnung, Mieze. Ganz ruhig.« Die Katze überlegte, ob sie springen sollte oder verharren, entschied sich dann doch zur Flucht und sauste so ums Eck, dass es ihr auf dem Parkett die Füße wegzog.
    Irmi musterte das Regal, das Loch, das die Katze hinterlassen hatte, und die Kiste mit den Engelchen. Langsam ging sie dorthin und holte den Pappkarton heraus. Dabei musste sie sich auf die Zehenspitzen stellen.
    Fotos von zwei Isländern. Ein Foto von Max Trenkle. Ein Foto, wo sie beide im Schnee standen und alberne Norwegermützen aufhatten. Briefe. Irmi empfand es als Sakrileg, aber dann siegte die Neugier, und sie öffnete den ersten. Den zweiten, den dritten.
    Es war früh am Morgen, ihr Magen war leer. Er rebellierte, aber er rebellierte gegen etwas ganz anderes als gegen die flaue Leere.
     
Meine sonnige Sonja,
ich glaube auch, dass wir sie strafen müssen. Sie ist wie eine Zecke. Sie ist nutzlos. Sie ist eine Blutsaugerin wie ihr Mann. Denkt nur an sich selbst. So viele Pferde mussten sterben wegen ihr. Auch Sleipnir, der treue Gefährte, der jetzt nur noch übers Himmelszelt galoppieren kann. Frei wie seine Vorfahren in Island. Aber was können wir tun? Dabei ist sie so oft betrunken, wie schnell kann da etwas passieren. Ein Autounfall, ein Treppensturz. Aber die Zecken des Lebens haben ja immer Glück. Ich wünschte, wir könnten etwas tun. Wie stolz wäre ich auf dich, wenn du siegen könntest.
Dein Max
     
Meine Blume,
das war grandios. Meine grandiose Sonja. Die Welt ist reicher ohne sie. Nur manchmal frage ich mich, ob du mir wirklich zugetan bist. Bist du ganz bei mir?
Dein Max
     
Sonja, ma chère,
hast du gut geschlafen nach unserer Nacht? Ich wünschte, ich könnte sagen, ich kann mich ganz entspannen. Aber ich bin durchdrungen vom Gedanken an Kilian. Er zerfrisst mich. Immer verlieren wir gegen Kilian, ach, würden ihn doch seine Schlangen in den Abgrund ziehen. In Australien hat eine Mamba den Pfleger angefallen, ein liebes Tierchen, das ihn kannte. Und warum, ma chère? Er trug eine Schürze, die blutbefleckt war. Er wusste das nicht, aber die Schlange roch das Blut und stieß zu. Ach, das würde ich mir für Kilian wünschen. Er legt doch auch immer einen Stallmantel an, damit seine affektierten Trachtenanzüge nicht leiden. Ein Stallmantel, der einfach blutig wäre. Wie groß wäre ein Mensch, der das bewerkstelligen wollte. Ach, Sonja, aber so ist das Leben nicht. Kilian wird weiter entkommen. Aber es treibt mich so um. Wenn du mich nur retten könntest, Sonjachen.
Dein Max
     
    Sie hatte es geahnt. Die ganze Zeit. Max Trenkle war der Schlüssel. Manipulativ, manipulativ, manipulativ – ein Wort fraß sich in ihr Gehirn. Das war schlimmer als alles, was sie sich hatte vorstellen können.
    Jeder der Briefe schloss mit den Worten: »Sonja, meine Blume, vernichte meine Worte. Vernichte diese Briefe. Es reicht, wenn du sie im Herzen trägst.«
    Aber das hatte die sentimentale Sonja nicht getan!
    Irmi packte die Briefe, schloss leise die Tür und rannte zum Ratshausplatz zurück. Sie rief Kathi an.
    »Weißt du eigentlich, wie spät es ist? Und das am Sonntag!« Kathi klang verschlafen.
    »Bitte komm nach Garmisch. Sofort!«
    Anschließend wählte sie die Nummer des Hasen. Der war augenscheinlich schon wach. Er joggte sonntags immer, er war auch einer von diesen Marathonläufern.
    »Frau Mangold? Ich hätte Sie am Montag eh angesprochen. Aber von mir aus eben jetzt. Ich komm schnell vorbei und bring Ihnen die Unterlagen.« Er klang gar nicht genervt. Er kam freiwillig vorbei, statt dass sie ihm am Telefon die Würmer aus der Nase ziehen musste! Das konnten nur die Endorphine sein, die

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