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Morgaine 1 - Das Tor von Ivrel

Morgaine 1 - Das Tor von Ivrel

Titel: Morgaine 1 - Das Tor von Ivrel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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rücken.
    Dann tauchte ein kleines Haus auf, ein anheimelndes Gebäude aus groben Steinquadern mit einem unkrautüberwucherten Garten, da und dort schneebedeckt. Die Fensterläden hingen schief in den Angeln.
    Morgaine schüttelte ungläubig den Kopf. »Was war das für ein Ort?« fragte er.
    »Ein Hof«, antwortete Morgaine, »ein schöner Hof.« Und dann: »Ich verbrachte eine Nacht hier – kaum ein Monat meines Lebens ist das jetzt her. Die Menschen, die hier lebten, waren sehr freundlich.«
    Er dachte bei sich, daß sie außerdem furchtlos gewesen sein mußten, wenn sie nach den Ereignissen in Irien Morgaine bei sich aufgenommen hatten; als sie um die Ecke des Hauses geritten waren, blickte er zurück und sah, daß der rückwärtige Teil des Daches eingestürzt war.
    Ein Feuer? überlegte er. Keine überraschende Rache an Menschen, die der Hexe Unterschlupf gewährt hatten. Morgaines Weg war von Katastrophen begleitet – Katastrophen, die oft auch Unschuldige trafen.
    Sie bemerkte nichts. Sie ritt voraus, ohne sich umzudrehen, und er ließ seinen Braunen – er nannte das Tier Mai, wie alle seine Pferde – den Grauen einholen. So ritten sie Knie an Knie, mürrischstumm. Morgaine war ohnehin keine besonders anregende Gesellschafterin. Dieser Anblick stimmte sie nun erst recht melancholisch.
    Hinter einer plötzlichen Wegbiegung, wo die Tannen wieder dichter an den Weg heranrückten, saßen plötzlich zwei zerlumpte Kinder.
    Offenbar Junge und Mädchen, heruntergekommene, zerlumpte kleine Herumtreiber mit riesigen dunklen Augen und hohlen Wangen. Sie saßen trotz des Schnees auf dem Zaun und eilten nun herbei, die Augen ein einziges Meer des Leids, die knochigen Hände ausgestreckt.
    »Etwas zu essen!« riefen sie. »Gebt uns etwas zu essen!« Der Graue, Siptah, stieg auf die Hinterhand und ließ die Vorderhufe wirbeln; Morgaine zog ihn zur Seite und verfehlte den Jungen dabei nur knapp. Sie hatte Mühe, das Tier zu zügeln, das mit geblähten Nüstern und aufgerissenen Augen zurückwich, bis es mit der Hinterhand gegen die Mauer auf der anderen Seite stieß. Vanye bezwang seinen Mai mit harter Hand und verwünschte die rücksichtslosen Kinder. Bettelnde Kinder waren in Koris nicht ungewöhnlich. Meistens stahlen sie schamlos.
    Von Rijan in die Welt gesetzt, dachte Vanye zuweilen, daß Bankerte von Lords oft andere Schicksale erlitten als er vor seinem Exil. Arme gab es zuhauf in den Bergen von Andur, klanlos und notleidend, und die vaterlosen Kinder armer Mädchen fanden in der Regel ein schlimmes Ende. Wenn sie die Kindheit überstanden, wuchsen sie zu gefährlichen Banditen heran.
    Das Mädchen würde vielleicht noch weitere Geschöpfe ihrer Art in die Welt setzen – Elend, das neues Elend gebar.
    Die beiden konnten kaum älter als zwölf sein und schienen Bruder und Schwester zu sein – vielleicht sogar Zwillinge. Sie hatten denselben Wolfsblick, dieselbe spitze Hagerkeit in den Gesichtern, als sie nun vor den gefährlichen Hufen zurückwichen.
    »Etwas zu essen!« flehten sie und streckten die Hände aus. »Wir haben genug übrig«, Vanye richtete seine Worte an Morgaine, eine Bitte, denn die Satteltaschen waren noch schwer von dem gefrorenen Wildbret der letzten Tage. Er hatte Mitleid mit solchen Kindern, so abstoßend sie auch waren, er gab ihnen stets etwas, wenn er konnte – dabei dachte er an sein eigenes Schicksal und hoffte auf ein wenig Glück aus seinem Handeln.
    Als Morgaine mit einem Kopfnicken zustimmte, beugte er sich vor, hob die Satteltasche von Siptahs grauem Rücken und machte Anstalten, sie zu öffnen, als das kleine Mädchen dicht an Mai herantrat, die Sattelrolle hinter ihm wegriß und dabei einen der Haltegurte durchschnitt.
    Er fluchte laut, machte aber nicht den Fehler, den Nahrungspacken fallen zu lassen und dem Mädchen nachzujagen, solange der Junge noch im Hintergrund lauerte; vielmehr warf er das Lederbündel Morgaine zu und hob ein Bein über das Sattelhorn. Nun floh der Junge ebenfalls, indem er über die Mauer sprang. Vanye folgte ihm dichtauf.
    »Sieh dich vor!« rief Morgaine.
    Aber die fliehenden Kinder ließen seine Besitztümer fallen.
    Er gab sich damit zufrieden, bückte sich, um die Sachen aufzuheben, und mußte zu seinem Ärger feststellen, daß die beiden sofort umkehrten und ihn nach der Art frecher Kinder verspotteten und umtanzten.
    Er griff zu, als sich der Junge zu nahe heranwagte, und wollte nichts anderes, als ihm eine Ohrfeige zu versetzen und ein wenig

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