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Morgaine 1 - Das Tor von Ivrel

Morgaine 1 - Das Tor von Ivrel

Titel: Morgaine 1 - Das Tor von Ivrel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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Vernunft in ihn hineinzuschüttein; der Junge drehte sich in seinen Händen und fluchte ausgiebig. Das Mädchen stieß einen Schrei aus, stürzte sich auf ihn und krallte nach der Hand, die den Jungen hielt – sie schwang einen kleinen Dolch. Die Klinge ging tief, so tief, daß er die Hand zurückriß.
    Beide schrien auf und liefen davon, ihm die Beute lassend, verschwanden zwischen den Bäumen. Er fluchte noch immer leise vor sich hin, während er zu Morgaine zurückkehrte und dabei an der schmerzhaften Wunde saugte, die die kleine Katze ihm verpaßt hatte.
    »Kinder von Schurken!« knurrte er. »Diebe! Elende Briganten!« Er hatte vor seinem
liyo,
seiner Lord-Lady, an Gesicht verloren. Mürrisch schwang er sich in Mais Sattel, nachdem er sein Eigentum wieder hinter dem Sitz befestigt hatte. Bis jetzt war er der Meinung gewesen, er sei mißbraucht und unter seinem Wert behandelt worden; Morgaine sei seines Dienstes nicht wert und daher im Unrecht. Zum erstenmal nun hatte er das Gefühl, seiner Verpflichtung nicht gerecht geworden zu sein, und das stürzte ihn doppelt in die Schuld – er hatte sich selbst und seinen
liyo
entehrt.
    Und dann begann er sich seltsam zu fühlen, wie ein Mann, der zuviel Wein getrunken hatte. In seinem Kopf begann es zu summen, sein ganzes Wesen trennte sich plötzlich auf seltsame Weise von der Umwelt.
    Besorgt blickte er Morgaine an; es widerstrebte ihm, um Hilfe zu bitten, doch plötzlich spürte er, daß er sie dringend brauchte.
    Er konnte nicht verstehen, was mit seinen Sinnen nicht stimmte. Er hatte das Gefühl, von einem Fieber überschwemmt zu werden. Er schwankte im Sattel.
    Morgaines schlanker Arm stützte ihn. Sie lenkte Siptah dicht heran und hielt ihn fest. Er hörte, daß sie mit scharfer, strenger Stimme zu ihm sprach und ihm den Befehl gab, sich zusammenzureißen.
    Er fand das Gleichgewicht und brachte endlich die Vernunft auf, sich nach vorn sinken zu lassen, gegen Mais kräftigen Hals. Das Sattelhorn drückte; die vorgebeugte Stellung schnitt ihm den Atem ab. Aber er konnte nichts dagegen tun, so schlaff fühlten sich seine Arme an.
    Morgaine war abgestiegen. Sie hielt seine verletzte Hand. Ganz entfernt spürte er einen Schmerz darin, spürte ihren warmen Mund. Sie behandelte die Wunde wie einen Schlangenbiß, das Gift ausspuckend und ihn oder ihre wilden Geister in einer Sprache verwünschend, die er nicht verstand – und das erschreckte ihn.
    Er versuchte ihr zu helfen. Zunächst fiel ihm nichts ein, dann stellte er überrascht fest, daß sie sich fortbewegt hatte und wieder auf Siptah saß, sein Pferd an den Zügeln führend, und daß sie wieder dem schneebedeckten Weg folgten. Sie hatte seinen einfachen Mantel an; die Pelze wärmten ihn nun.
    Er klammerte sich am Sattel fest, bis sein betäubter Körper endlich merkte, daß sie ihn angebunden hatte und er gar nicht hinabfallen konnte. Da ließ er sich endlich gehen, gab sich den Bewegungen des Pferdes hin. Durst plagte ihn. Er brachte nicht den Willen auf, einen Wunsch zu äußern. Vage registrierte er Perioden der Fortbewegung, dazwischen Dunkelheit.
    Und die Dunkelheit wuchs langsam über den Himmel.
    Er starb, davon war er mit der Zeit überzeugt. Es begann ihn der Gedanke zu beunruhigen, daß er vielleicht stürbe und sie ihr Versprechen vergessen und ihn mit fremden Riten ins Jenseits schicken würde. Die Vorstellung entsetzte ihn: allein wegen dieses Entsetzens wollte er nicht sterben. Er kämpfte gegen jeden Ansturm der Bewußtlosigkeit. Zuweilen brachte er fast den Willen und die geistige Klarheit auf, mit ihr zu sprechen, doch die Worte kamen nur verdreht heraus, und sie ignorierte ihn, glaubte wohl, daß er im Fieber spräche. Vielleicht war es ihr auch egal.
    Dann merkte er, daß sie von Reitern umgeben waren. Er sah ihr Wappen, das einen Wolf mit einem Reh in den Fängen zeigte. Er kannte dieses Zeichen und versuchte sie zu warnen.
    Doch selbst jetzt noch hielt man seine Worte für sinnloses Gestammel. Morgaine schloß sich den Reitern an, und sie wurden in das Tal von Koris geleitet, auf Raleth zu.

4
    Die Burg wirkte irgendwie heruntergekommen, in den Ecken hingen Spinnweben, der Mörtel bröckelte da und dort aus den Fugen und hinterließ tiefe Löcher zwischen den großen, unregelmäßigen Quadern, ideale Verstecke für Spinnen. Der Holzrahmen der Tür reichte nicht ganz bis an den Steinsturz heran; der Halter für die brennende Fackel hing wackelig nur noch an einem von vier Nägeln.
    Das Bett

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