Morgaine 3 - Die Feuer von Azeroth
Begegnung leiten lassen. Wir stecken in der Klemme, und ich fürchte, daß es hier noch mehr
harilim
gibt, als wir im Augenblick sehen können.«
Schweiß lief Vanye über das Gesicht, obwohl es im Wald sehr kühl war. »Eine lächerliche Situation. Ich entschuldige mich dafür. Was rätst du mir,
liyo
?«
»Vanye möchte einen Rat hören«, sagte sie zu Lellin.
»Ich glaube, uns bleibt keine andere Wahl. Wir müssen auf ihre Wünsche eingehen – und wir dürfen nicht gewalttätig werden. Ich glaube nicht, daß sie uns etwas tun werden, solange sie sich nicht bedroht fühlen. Sie können nicht mit uns sprechen; ich glaube, sie wollen sich von etwas überzeugen oder uns etwas vorführen. Ihr Denken ist anders als das unsere; sie sind sehr wankelmütig und regen sich schnell auf. Töten tun sie nur selten; aber wir wagen uns normalerweise auch nicht in ihre Waldzonen vor.«
»Ist dies denn ihr Wald? Immerhin hast du uns hierhergeführt.«
»Im Grunde ist es unser Wald, doch hier sind wir Azeroth näher, als mir lieb ist, jetzt wo wir dem Burschen da gefolgt sind. Deine Feinde mögen hier Dinge aufgetan haben, die wir alle zu bedauern haben werden.
Khemeis
Vanye, ich glaube nicht, daß sie dich freilassen werden, solange sie das Gewünschte nicht bekommen haben, aber ich nehme nicht an, daß sie dir schaden wollen.«
»Liyo?«
»Gehen wir ein Weilchen darauf ein! Wir werden sehen, was passiert.«
Lellin übersetzte mit einem Zeichen der Zustimmung. Der
haril
zupfte sanft an Vanyes Arm, und er setzte sich in Bewegung, während die anderen im Sattel bleiben durften: er hörte sie nachkommen. Die Hand des
haril
glitt zu seinem Handgelenk hinab, ein sanfter Griff, trocken wie altes Laub und unangenehm kalt. Die Kreatur drehte sich ab und zu herum und plapperte ihm etwas zu. Sie erreichten unzugängliches Terrain, und der
haril
half ihm Hänge hinauf und ließ ihn endlich auch los, nachdem eine gewisse Zeit vergangen war. Anscheinend nahm er nicht an, daß Vanye noch fliehen würde. Daraufhin schwand Vanyes Angst etwas, trotz der Absonderlichkeit des Gesichts, das sich gelegentlich noch zu ihm umwandte. Man drängte sie zur Eile, bedrohte sie aber nicht mehr.
Ein paarmal blickte er sich um. Er wollte sichergehen, daß sie die anderen nicht verloren hatten; aber die Reiter hielten Schritt, allerdings langsamer vorankommend auf einem Weg, der normalerweise nicht für Pferde gedacht war. Sezar führte Mai am Zügel mit, und das beruhigte ihn. Aber als seine Zurückschau zu lange dauerte, berührte ihn plötzlich etwas an der Schulter: erschaudernd fuhr er zu dem
haril
herum, der ihn wieder eine Zeitlang festhielt und mit sich zerrte.
Vanye versuchte seinerseits Zeichen zu geben – ein Symbol, das unter Andurin als
Wohin?
galt – ein schlenkriges Hin und Her der offenen Hand. Der
haril
schien ihn nicht zu verstehen. Er berührte ihn mit klebrigen, spinnenhaften Fingern am Gesicht, antwortete mit einem Zeichen, das er nicht verstand, und zog ihn weiter durch Dickichte und über Hänge und immer weiter, bis er außer Atem geriet.
Plötzlich erreichten sie eine schmale Stelle, die von Bäumen frei war. Der
haril
bemächtigte sich wieder seines Arms, um ihn nicht zu verlieren, denn plötzlich lag ein toter Mann vor ihnen, und ein zweiter, Tote auf der ganzen Lichtung, Tote, die in der Dunkelheit und unter dem Laub beinahe nicht mehr auszumachen waren. Im Sternenlicht sah Vanye die Lederkleidung und die Stoffe und erkannte, daß es sich um Feinde handelte. Einer hatte Pfeile bei sich, die mit weißen Federn versehen war. Er leistete dem
haril
Widerstand und schaffte es, einen Pfeil zur Hand zu nehmen. Er zeigte dem Wesen die Feder. Der
haril
schien ihn zu verstehen, entriß ihm aber den Pfeil und warf ihn zu Boden.
Komm, komm!
signalisierte er.
Vanye warf einen Blick über die Schulter und geriet in Panik, denn er vermochte die anderen nicht mehr auszumachen. Dann kamen sie in Sicht, und er gab dem Drängen des
haril
erneut nach. Das Geschöpf bewegte sich nun mit großer Geschwindigkeit, und Vanyes Erschöpfung nahm zu, denn er trug seine Rüstung, und das Wesen vermochte mit seinen langen Beinen große Schritte zu machen.
Dann war der Wald zu Ende: der Baumbestand hörte auf, das Sternenlicht ergoß sich über eine weite Ebene. Aber etwas anderes schimmerte dort ebenfalls, der helle Schein von Feuerstellen, die sich im Freien verteilten. Am Waldrand waren Bäume umgehauen worden, und die Holzwunden schimmerten hell
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