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Morgen früh, wenn Gott will

Morgen früh, wenn Gott will

Titel: Morgen früh, wenn Gott will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Seeber
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Rücken hinunter. Die Luft um uns herum war dick und undurchdringlich, doch ich wusste die Antwort schon, bevor Jean sie noch aussprach.
    »Nein, Liebes. Ich habe ihn nicht gesehen. Tut mir leid.«
    Ich starrte sie an. »Aber wer hat dann hier gesprochen?«
    »Das Radio. Ich habe es gerade ausgemacht«, sagte sie entschuldigend mit leiser, tonloser Stimme wie ein Kind. Das weiße Haar hing ihr auf die bleichen Wangen herunter, als hätte Jean, meine »Perle«, ihr ganzes Leben unter der Erde zugebracht. Ich wusste, dass sie eine »Perle« war, weil meine Nachbarn sie so nannten, als wir eingezogen waren. Nur hatte ich nie das Gefühl, dass sie tatsächlich die »meine« war. Irgendwie gehörte Jean zu den Vorbesitzern.
    »Wann sind Sie heute gekommen?«
    »Ich weiß nicht genau, Liebes.« Jeans Zeitgefühl war wie immer leicht verschwommen. Sie wurde nach Stunden bezahlt und ließ sich über ihr Kommen und Gehen nie aus.
    »Bitte versuchen Sie, sich zu erinnern.« Mein drängender Tonfall sagte ihr, dass etwas nicht stimmte.
    »Ich war heute schon zu spät bei Mrs Hamilton, wegen der Geburt, wissen Sie.« Sie flüsterte fast, als würde ich sie schelten. In ihrem bleichen Gesicht arbeitete es. »Es muss wohl so gegen drei gewesen sein. Ist denn alles …« Sie schnappte nach Luft wie ein Goldfisch auf dem Trockenen. »Ist denn alles in Ordnung, Liebes?«
    »Sind Sie ans Telefon gegangen? Hat jemand eine Nachricht aufgesprochen?«
    »Nein, Liebes. Nun ja …«, hielt sie nervös inne, um zu überlegen. »Tatsächlich habe ich Ihre Stimme auf dem Gerät gehört, als ich hereinkam, Liebes. Aber niemanden sonst, glaube ich. Zumindest nicht, seit ich hier bin.«
    Meine Brust zog sich schmerzhaft zusammen. Ich suchte in der Schublade nach meinem Ersatz-Inhalator. Meine Finger klammerten sich darum, wie die eines Ertrinkenden um ein Stück Holz. Ich atmete das Spray ein und setzte dann behutsam den Deckel wieder auf. Ich musste mich unglaublich anstrengen, damit meine Stimme nicht zitterte, als ich Jean alles zu erklären versuchte:
    »Ich bin bloß besorgt, weil Mr Finnegan und ich heute im Museum waren und getrennt wurden. Er hat Louis bei sich, wissen Sie, und ich bin einfach nicht sicher, ich weiß nicht …« Oh, Gott, es gab mir einen Stich, das zuzugeben. »Ich weiß nicht, wo die beiden jetzt sind. Das ist alles.«
    Das ist alles.
    »Oh, Liebes. Ich bin sicher, sie werden bald zu Hause sein, nicht wahr?« Hoffnungsvoll sah sie mich an.
    Ich ignorierte meine zweifelnde innere Stimme und antwortete hastig: »Ja. Ja, natürlich werden sie bald zu Hause sein.« Sie wartete immer noch. »Ich werde jetzt ein paar Anrufe tätigen. Vielleicht kann ich sie ja finden.«
    »Dann mache ich weiter, oder?«
    Ihre Absätze schlurften geschäftig davon, während ich im Durcheinander der Küchentischschublade nach meinem Adressbuch suchte. Dann fühlte ich einen Schatten vom Flur in die Küche tauchen. Ich sah auf.
    »Rufen Sie doch in seinem Büro an, Mrs Finnegan. Könnte es nicht sein, dass er dort vorbei musste?«
    »Ja, das ist eine gute Idee, Jean. Das mache ich.« Stolz lächelte sie und trapste wieder davon.
    Steif wie ein Stock saß ich am Tisch und wählte Paulines Durchwahl. Sie würde wissen, wo er war. Wenn nicht sie, wer sonst? Vollkommen erschöpft ließ ich meinen Kopf auf die Tischplatte sinken und schloss die Augen einige Sekunden lang, während ich dem Klingeln lauschte.
    »Pauline Gosforth ist bis zum 30. nicht im Büro. Wenn Sie Mickey Finnegan sprechen wollen, rufen Sie bitte Jenny Brown unter der Durchwahl -4657 an.«
    Verdammt! Ich wählte nochmals. Dreimal läuten, bis die nette Jenny antwortete, dem Himmel sei Dank. Sie bot mir an, Mickeys Terminkalender zu überprüfen.
    »Wissen Sie, wenn ich mich recht erinnere, dann hatte er heute Nachmittag ein Meeting. Ich war überrascht zu hören, dass er nicht kommen würde.« Begeistert bot sie ihre Mithilfe an. Ob sie sich wohl als Komplizin der besonderen Art fühlte, wenn sie der Frau ihres Chefs half? »Können Sie eine Minute dranbleiben?«
    Ich wartete, während meine Augen blicklos auf dem Ordner mit den Negativen ruhten, die Mickey letzte Nacht auf dem Tisch einsortiert hatte. »Idyll und Ideal – Romantische Räume« stand in Schreibschrift auf dem Rücken. Ich klickte mit dem Kugelschreiber gegen die Zahnreihen, oben, unten, oben, unten …
    Schließlich war die eifrige Jenny wieder in der Leitung. »Ja, genau wie ich mir das gedacht habe. Um vier Uhr

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