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Morgen ist ein neuer Tag

Morgen ist ein neuer Tag

Titel: Morgen ist ein neuer Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wußte sie von Hans Herten. Auch daß er eine andere Frau lieben gelernt hatte, hatte sie aus Hertens Worten herausgehört. Was sollte sie ihm sagen, wenn sie jetzt vor der Tür stand? Sollte sie warten, bis er zuerst sprach?
    Sie fühlte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen. Nein – keine Tränen, dachte sie. Alles – nur nicht weinen. Er soll sehen, daß ich mutig bin; daß er an mir eine Stütze hat.
    Sie suchte den Lichtschalter an der Wand, fand ihn, sorgte für Licht und stieg langsam die Treppe empor.
    Vor der Tür ihres Mannes verhielt sie den Schritt und schaute auf das kleine, handgeschriebene Schildchen, das im Schein der nicht gerade hervorragenden Treppenhausbeleuchtung kaum lesbar war.
    Fritz Bergschulte.
    Sie klopfte. Als sich drinnen nichts rührte, suchte sie an der Tür eine Klingel. Aber da war kein Knopf und kein Klingelzug, nur der Schlitz eines Briefkastens, der stark angerostet war, ein Zeichen seines ehrwürdigen Alters.
    Noch unsicherer als zuvor klopfte Lina Korngold wieder an die Tür, diesmal allerdings ein wenig stärker. Eine Tür klappte innen, ein heller Lichtschein fiel durch die Oberlichte heraus ins Treppenhaus, dann drehte sich ein Schlüssel im Schloß, und die Tür wurde geöffnet.
    Fritz Bergschulte blickte kurz auf die draußen stehende Frau, welche die Tasche auf den Boden gestellt hatte und nicht wagte, ein Wort zu sagen. Er zog die Tür weit auf, zeigte nach innen und nickte.
    »Komm herein«, sagte er kurz.
    »Danke …«
    In seinem Zimmer stellte Lina die Tasche neben das alte Sofa. Dann sah sie sich um und blieb am Tisch stehen.
    »Willst du dich nicht setzen?« fragte Fritz Bergschulte.
    »Doch. Danke.« Sie setzte sich auf einen Stuhl und legte die Hände in den Schoß. Sie musterte ihn. Er hatte die Jacke ausgezogen, sein Hemd war etwas fleckig und an den Manschetten grau. Seine stoppeligen Haare zeigten den Ansatz einer weißen Strähne.
    »Hier bin ich«, sagte sie leise. »Wenn du nicht damit einverstanden bist, gehe ich wieder. Herr Herten wollte es so. Ich wäre nie von allein zu dir gekommen …«
    »So? Warum denn nicht?« Bergschulte ging zum elektrischen Kocher und setzte einen Topf mit Wasser auf. »Hast du nicht in Minden alles verlassen, um zu mir zu kommen?«
    »Nein.«
    »Nicht?« Er drehte sich um und starrte sie an. »Aber warum bist du dann in Dortmund? Warum hast du eine Stellung angenommen?«
    »Ich will dir helfen. Dir ist Unrecht geschehen, auch durch mich. Alle sagen zwar, ich sei verrückt, wenn ich mir das einrede, aber wichtig ist mein Gefühl, das mir sagt, daß ich einfach allein hätte bleiben müssen, wie so viele Kriegerwitwen. Ich will deshalb arbeiten und sparen und alles, was mir übrig bleibt, dir zur Verfügung stellen, damit du es leichter hast, wieder anzufangen. Vielleicht kannst du mit dem ersparten Geld später etwas Eigenes aufmachen. Ein Baugeschäft wie der Paul Ermann oder so was. Und dann wirst du ja auch eher Gelegenheit haben, die – die andere zu heiraten …«
    Sie sagte es ohne Bitterkeit, aber es klang, als zerbräche bei ihren Worten etwas in ihrem Inneren. Fritz wandte sich wieder ab und hantierte am elektrischen Kocher.
    »Herr Herten hat dir alles erzählt?«
    »Ja.«
    »Und du sagst nichts dazu?«
    »Was soll ich dazu sagen? Soll ich versuchen, dich umzustimmen? Soll ich weinen? Soll ich klagen, was soll ich tun?« Lina schüttelte den Kopf. »Das wäre alles falsch. Du kannst ja doch tun, was du willst.«
    »Allerdings, das kann ich.«
    »Siehst du …«
    Fritz Bergschulte lehnte sich gegen das Fensterbrett und blickte seine Frau an. Sie saß da auf dem Stuhl, in sich zusammengekrochen, ängstlich, vergrämt, unsicher – ein Häufchen Unglück, das zu bedauern war.
    »Warum hast du dann eigentlich eingewilligt, acht Tage bei mir zu sein?« fragte er nach einer Weile.
    Sie schaute kurz auf.
    »Herr Herten sagte, es sei notwendig.«
    »Ach. Nur deshalb, weil Herr Herten es sagte!« Etwas wie Enttäuschung klang in seiner Stimme.
    Über Linas Gesicht zog eine leichte Röte.
    »Jetzt aber sehe ich, daß es wirklich notwendig ist«, meinte sie schnell. »Deine Hemden müssen gewaschen werden, und die Tischdecke ist auch schmutzig. Wieviel Hemden hast du eigentlich?«
    »Zwei.«
    »Dann werde ich dir morgen noch zwei kaufen. Ich habe von Herrn Herten einen Vorschuß bekommen.« Sie beobachtete Bergschulte, wie er eine Kanne ergriff, in die er das in dem Topf sprudelnde Wasser hineingoß. »Was machst du denn da?«

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