Morgen ist ein neuer Tag
Ihnen ein Versprechen abnehmen …«
»Bitte …«
»Sie unterziehen sich einer ›Prüfung‹, wie wir es nennen wollen. In dieser Zeit werden Sie meine Tochter nicht wieder treffen. Das versprechen Sie mir ehrenwörtlich. Bestehen Sie die Prüfung, wollen wir uns noch einmal bei einer guten Flasche zusammensetzen. Ich gestehe, daß Sie mir im Grunde nicht unsympathisch sind.«
»Danke.«
Hans Hertens Stimme steigerte sich zu besonderer Eindringlichkeit.
»Ich stelle folgende Bedingung«, sagte er. »Ich werde Sie morgen mit Ihrer Frau zusammenführen. Und Sie werden acht Tage lang jeden Abend mit Ihrer Frau verbringen. Und wenn Sie nach diesen acht Tagen immer noch zu mir kommen und mir sagen: Herr Herten, ich liebe Friedel – dann wollen wir weitersehen. – Einverstanden?«
»Einverstanden.« Bergschulte schlug in die Hand Hertens ein. »Ich werde Sie nicht enttäuschen«, sagte er.
»Hoffentlich nicht«, antwortete Herten doppelsinnig. »Wir treiben da ein frevelhaftes Spiel mit Herzen, aber ich glaube, daß man uns verzeiht, weil es um einen hohen Einsatz geht.«
Er rief den Ober und zahlte.
Dann saßen sie wieder im Wagen, und Herten fragte Bergschulte:
»Wohin darf ich Sie bringen?«
»Bitte nach Hause«, antwortete Fritz. Er nannte die Adresse, und der Wagen fuhr weich und federnd an und wand sich durch den Verkehr auf den hell erleuchteten Straßen.
Als sie in Hafennähe kamen, sagte Bergschulte zu Herten:
»Halten Sie bitte. Ich möchte den letzten Teil des Weges zu Fuß gehen. Frische Luft tut mir jetzt gut.« Er bot Herten die Hand. »Ich danke Ihnen, Herr Herten. In acht Tagen sehen wir uns wieder.«
»In acht Tagen, Herr Bergschulte. Soll ich Friedel in dieser Zeit zu ihrer Tante schicken, oder kann ich mich auf Ihr Ehrenwort verlassen?«
»Sie können, Herr Herten.«
Fritz Bergschulte stand am Bordstein und sah dem Mercedes nach, dessen Schlußlichter sich schnell entfernten. Es war ihm, als führe mit ihm sein Schicksal fort und ließe ihn allein in der Dunkelheit stehen.
Mit den Händen in den Taschen strebte er gesenkten Hauptes seiner Behausung zu. Als er um die Ecke bog, sah er erstaunt vor dem Gebäude, in dem er wohnte, wieder einen Mercedes stehen. Der Wagen hatte eine Mindener Nummer.
Das aber übersah Fritz Bergschulte, der den Wagen in keinen Zusammenhang mit sich selbst brachte.
Ohne den Wagen weiter zu beachten, drückte er die Tür auf und stieg die Treppe empor, die wie immer nach altem Bodenöl roch.
In seinem Zimmer oben brannte Licht.
Paul Ermann erwartete ihn.
7
An diesem schicksalhaften Abend wurde noch sehr viel gesprochen.
Hans Herten rief von einer Telefonzelle aus Lina Korngold an und teilte ihr mit, daß sie morgen schon um halb acht Uhr im Büro sein müsse. Weitere Erklärungen gab er nicht ab, sondern hängte sofort wieder ein.
Zu Hause angekommen, erzählte er Friedel, daß Fritz Bergschulte ein netter Mann sei, der es bedauert habe, daß sie nicht selbst gekommen sei. Er hätte ihr nämlich etwas Wichtiges sagen müssen. Und zwar müßte er eine Woche fort, um eine Bauarbeit außerhalb von Dortmund in der Gegend von Herne zu übernehmen. »Aber nach acht Tagen ist er wieder da«, sagte Hans Herten, ohne rot zu werden. »Und ich glaube, daß wir uns dann alle zusammensetzen und manches zu klären haben …«
Er erhielt dafür einen glücklichen Kuß von Friedel und kam sich vor wie Judas. Um vor sich selbst irgendwie besser dazustehen, versprach er Friedel für den nächsten Abend einen Theaterbesuch in Bochum und zog sich dann schnell in sein Schlafzimmer zurück, wo er noch lange wach im Bett lag, las, rauchte und sich über alles, was jetzt kommen konnte, seine Gedanken machte, ohne diese schematisch zu ordnen. Zu groß kamen ihm die Schicksale vor, die er heute abend in die Hand genommen hatte, um sie selbstherrlich zu lenken.
Unbefriedigt schlief er ein und träumte wild und zusammenhanglos.
Die Unterhaltung zwischen Fritz Bergschulte und Paul Ermann war kurz, aber laut.
Sie begann damit, daß Paul Ermann den verblüfften Freund mit einem gebrüllten Satz empfing:
»Na warte, mein Lieber! Mit dir fahre ich jetzt Schlitten!«
Und Fritz Bergschulte antwortete:
»Wo kommst du her? Was ist los? Wie siehst du mich an? Als wenn du mich ermorden wolltest. Sei vorsichtig, ich wehre mich.«
Dann saßen sie sich gegenüber, durch den Tisch getrennt, und blitzten sich an.
»Was machst du da für einen Blödsinn?« fragte Paul Ermann. »Du
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