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Morgen ist ein neuer Tag

Morgen ist ein neuer Tag

Titel: Morgen ist ein neuer Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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…«
    Stöhnend begrub Bergschulte sein Gesicht in seinen Händen. Er sank auf dem Sofa am Fenster in sich zusammen und schlug mit dem Kopf auf die Lehne.
    »Lump!« brüllte er, und seine Stimme war rauh, als müsse sie jeden Augenblick zerbrechen. »Lump! Lump!« Er fuhr auf und streckte beide Hände nach den alten Leuten aus, die entsetzt zusammenstanden und Angst vor ihm hatten. »Heinrich Korngold wurde vor mir entlassen. Er aß neben mir, schlief neben mir, er war neben mir im Bergwerk, neben mir im Ural, in Sibirien, an der Murmanbahn. Er war mein bester Kamerad.«
    Grell lachte Bergschulte auf und bog sich vor Lachen, als erzähle er einen vorzüglichen Witz. »Als er entlassen wurde, bat ich ihn, zu Lina zu gehen. Ich gab ihm ihre Adresse, gab ihm einen Brief mit, den er sich in das Schulterpolster der Jacke einnähte, um ihn durch die Kontrolle zu bringen, und ich sagte ihm: ›Geh zu meiner Frau und bestelle ihr: Ich lebe! Ich komme wieder! Ich halte durch! Sie soll an mich glauben, wie ich an sie glaube.‹ Und dann drückte er mir die Hand und fuhr aus dem Lager ab. ›Ich werde deine Frau trösten‹, sagte er noch. ›Komm bald nach, Fritz!‹ Und ich habe ihm nachgeblickt mit allen Wünschen und Hoffnungen, die ich hatte …«
    »Und uns hat er gesagt, du seist in seinen Armen an Typhus gestorben«, sagte Franz Stahl. »Und Lina glaubte ihm, mußte ihm glauben, denn du hast in all den folgenden Jahren geschwiegen – wie ein Toter.«
    Fritz Bergschulte nickte. Er hatte die Augen geschlossen, als müsse er in sich hineinblicken, um zu erforschen, was er jetzt zu tun habe. Der letzte Schlag war tief gegangen, tiefer in die Seele und an das Mark seines Lebens, als zwölf Jahre Schrecken und Grauen in den Eiswüsten des russischen Nordens. Das Haus verkauft, Lina nicht mehr die Seine, er selbst verraten von dem einzigen Freund, den er zu haben geglaubt hatte, verkauft, verleugnet, in den Akten der Gerichte und im Herzen der Frau ermordet, für tot erklärt und rechtlos gemacht … Der Kamerad an seiner Seite … Einen bess'ren findst du nicht …
    Grauenhaft schrill klang sein Lachen, als er an das Lied denken mußte. Unbewußt, mechanisch nahm er die dampfende Tasse Kaffee, die ihm Emma Stahl reichte, und trank sie in durstigen, langen Zügen aus, nicht achtend, daß er sich die Zunge verbrannte. Ebenso mechanisch, völlig abwesend aß er vier Brötchen mit Camembert-Käse und Cervelatwurst, trank er auch einen Korn, den ihm der Schwiegervater reichte, und lehnte sich dann auf dem Sofa weit zurück.
    »Was willst du nun machen?« fragte Franz Stahl. »Willst du zu Lina gehen?«
    Fritz Bergschulte schüttelte den Kopf.
    »Für sie bin ich tot. Für alle bin ich tot. Aber mein Kind, meinen Peter, den will ich sehen. Er soll seinen Vater wiederhaben, für ihn bin ich da, lebe ich, will ich schuften und Geld verdienen, will ich alles auf mich nehmen, will ich ein neuer Mensch sein. Mein Kind gehört mir, dem lebenden Fritz Bergschulte.«
    »Es wird Kampf geben«, meinte Stahl langsam. »Keine Mutter gibt ihr Kind her.«
    »Ich bin der Vater.«
    »Du bist tot.«
    Hart klang dieser Satz in der stillen Küche. Fritz Bergschulte zuckte unter ihm zusammen wie unter einem Peitschenschlag.
    »Ich werde die Erklärung natürlich rückgängig machen«, sagte er fest.
    »Und Linas neue Ehe?« Die Stimme Emmas zitterte.
    »Was für eine Frage. Sie hat zu mir zu kommen, sie war meine Frau, sie ist es noch immer, denn ich lebe ja. Ich bin zurückgekommen und erwarte nun, daß sie zu mir hält. Aber diesen Kameraden –«, seine Stimme wurde dunkel und fremd … »diesen Heinrich Korngold werde ich ermorden …«
    »Das tust du nicht!« rief Franz Stahl entsetzt.
    »Das tu ich doch!« schrie Fritz Bergschulte wild. »Erwürgen werde ich ihn. Hier –«, er streckte die Hände weit aus – »mit diesen Fingern! Er kennt sie, die Finger, – sie haben zusammen mit den seinen das Blei getragen, sie haben die Balken gehalten, die Loren geschoben, sie haben ihn sogar mit meinem letzten Hemd verbunden, als ihm ein großer Stein auf den Oberschenkel fiel! Er muß sich doch schütteln vor Scham und Ekel vor sich selbst, wenn sein Blick auf seine Narbe fällt. Ja, ja – ich werde ihn erwürgen …«
    »Und dein Kind? Soll es einen Mörder zu seinem Vater haben?«
    »Einen Mörder?« Fritz Bergschulte lachte irr. »Wen will man denn bestrafen? Wen will man denn einen Mörder nennen? Ich bin doch tot!« Er lachte in einem fort und

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