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Morgen wirst Du frei sein (German Edition)

Morgen wirst Du frei sein (German Edition)

Titel: Morgen wirst Du frei sein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Martini
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essen. Ich tat es ihr nach und sah erst wieder auf, als Eier und Butterbrot in meinem Magen verschwunden waren.
    Sie betrachtete mich zufrieden. »Satt?«
    »Ja. Danke.« Ich sah verlegen auf die Gabel in meiner Hand. »War sehr gut.«
     
    Sie stapelte Teller, Gläser, Besteck aufeinander und verschwand. »Was kommt im Fernsehen?«, rief sie aus der Küche.
    Ich stand auf, um das Programmheft aus dem Fach unter dem Videorekorder zu holen. Dann stutzte ich. Was im Fernsehen kam? Wollte sich diese Frau hier etwa häuslich einrichten? Im Moment wusch sie die Pfanne, räumte die Spülmaschine ein, summte eine Melodie.
    Mit der Zeitschrift in der Hand ging ich in die Küche. »Wer sind Sie? Was tun Sie hier?«
    Sie schaute mich an, fragend, als würde sie an meinem Verstand zweifeln. »Ich vertrete deine Mutter.«
    Ich schluckte. »Ich ... Ich ver ... Ich verstehe nicht«, stotterte ich.
    Sie lachte. »Natürlich verstehst du, mein Junge! Wir werden uns gut vertragen, glaub mir. Und jetzt sag mir endlich, was wir uns heute anschauen. Was haben wir eigentlich für einen Tag? Donnerstag?« Sie schüttelte das Geschirrtuch und hängte es über die Stuhllehne.
    Ich schlug den 6. September auf. »Was, äh, interessiert Sie denn?«
    »Hör mal, du wirst mich doch nicht siezen?!« Sie stemmte die Fäuste in ihre Flanken, schaute mich gespielt böse an. »Wenn du mich nicht Mutter nennen willst, ist das Okay. Dann eben Resi. Oder Thea? Ich meine, deine Mutter hieß doch Theresa, nicht wahr? Such dir aus, was dir gefällt. Dein Vater hat sie meines Wissens Reserl genannt. Aber das ist wohl eher unpassend für einen Sohn, oder?«
     
    In meinem Kopf summte es. Das konnte doch alles nicht wahr sein? Ich schloss die Augen. Als ich sie wieder öffnete, hatte sich an der Szenerie nichts geändert. Die fremde Frau stand genau an der Stelle, an der meine Mutter gelegen hatte.
    Getötet mit einem Messer. Einem Fleischmesser. Von mir.
    Ich drehte mich um, lief ins Bad, hielt den Kopf unter den Wasserhahn. Die Wunde schmerzte, als eiskaltes Wasser über sie rann. Sie hätte genäht werden müssen. Ich nahm ein Handtuch, trocknete mich ab und schaute in den Spiegel.
    »du bist am Arsch«, flüsterte ich dem bleichen Gesicht mit den roten, weit aufgerissenen Augen zu.
     
    Ich hatte beschlossen abzuwarten, was passieren würde. Passiv sein, das konnte ich, das hatte ich gelernt. Also, überlegte ich, wäre es als Stärke zu bezeichnen. Und die sollte ich einsetzen.
    Als ich ins Wohnzimmer zurückkehrte, saß die Frau auf dem Sofa, die Fernbedienung in der Hand.
    Sie zappte.
    Meine Mutter hatte niemals durch die Programme geschaltet. Sie war der Überzeugung gewesen, dass jemand, der nicht wisse, was er sehen wolle, etwas Sinnvolleres mit seiner Zeit anfangen müsse.
    Ich setzte mich auf einen Stuhl am Esstisch.
    »Und? Weißt du schon, was wir anschauen sollen?« Sie nickte Richtung Bildschirm. »Da kommt was über junge Ärzte, ganz frisch von der Uni. Die ersten Schritte im Krankenhaus, begleitet von einer Kamera. Hört sich interessant an. Lebensnah. Aber stell dir vor, du liegst im Bett mit Schmerzen, und so ein Jüngling kommt und erzählt dir, was dir fehlt. Also, was dir vielleicht fehlt. Immerhin ist er ja nur ein Lehrling. Er kann recht haben oder auch nicht. Wie findest du das? Irgendwie keine so gute Vorstellung, oder?«
    Ich schwieg.
    »Aha, da ist ja noch der Oberarzt, der kontrolliert das«, kommentierte sie das Geschehen. »Schau mal, die mit den langen Haaren, die hat noch nie ein Ultraschall gemacht.« Sie lachte laut auf. »Der Patient schaut ziemlich kariert aus der Wäsche. Gleich springt er aus dem Fenster.«
    Sie griff nach einer Wolldecke und einem Kissen und machte es sich bequem. »Jetzt komm schon! Oder willst du auf dem harten Stuhl sitzen bleiben und dir das Genick verrenken, um was zu sehen?«
    Ich ging hinüber, setzte mich in den Lehnstuhl. Mutters Fernsehsessel. Ich hatte noch nie darin gesessen. Er war tief und breit, durchgesessen bis auf die Gurte.
    Die Frau auf dem Sofa lächelte mir zu und schaute dann wieder auf den Bildschirm, wo Menschen in weißen Kitteln über lange Gänge hasteten.
     
    Ich betrachtete sie aus den Augenwinkeln. Wie alt mochte sie sein? So alt wie meine Mutter, knapp 60, schätzte ich. Sie reichte mir gerade bis zur Schulter, war vollbusig, mit rundem Hinterteil und kräftigen Beinen. Nicht dick, aber gut genährt, etwas mehr als vollschlank. Sie schien nicht unsportlich, auf alle

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