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Morgengrauen

Morgengrauen

Titel: Morgengrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Ummenhofer , Alexander Rieckhoff
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ihre Wangen: »Elke, Elke, bitte, wach auf.«
    Als er gerade ihren Puls fühlen wollte, hörten sie ein »Platsch«. Das Geräusch kam wohl von einem Reifen, der das Wasser einer Pfütze aufspritzen ließ. Es folgte ein laut aufheulendes Motorengeräusch. Kurz darauf der Lichtstrahl der Scheinwerfer, der die nassen Pflastersteine zum Glänzen brachte.
    Hubertus und Klaus verschanzten sich rasch hinter dem Holzstoß.
    Eine Autotür öffnete sich, und eine große, massige Gestalt mit Hut betrat den Unterstand. Das war er! Was sollten sie jetzt nur tun?
    Die Person kam näher.
    Hubertus kramte in Klaus’ Jackentasche. Zum Glück schwieg der Polizeifunk gerade. Jetzt würde er noch eine andere Funktion erfüllen: Hummel brachte sich breitbeinig in Stellung und stieß den Kasten aus seinem Nacken ab.
    So hatte er sich einst mit 8,84 Metern im Kugelstoßen eine Siegerurkunde bei den Bundesjugendspielen 1977 erkämpft. Das Funkgerät war etwas leichter als die damalige Kugel, doch die Weite war in etwa die gleiche. Es machte ein dumpfes Geräusch, und die Gestalt ging zu Boden. Treffer!
    Hummel und Riesle kamen aus der Deckung hervor, näherten sich dem Körper, der etwa auf halber Höhe des Unterstands auf dem Boden lag.
    Klaus knipste die Taschenlampe an und lenkte den Lichtstrahl auf das Gesicht der Gestalt, der das Blut an den Schläfen herunterlief. Den Mann kannten sie – aus der Zeitung, aber auch persönlich. Schulz! Stadtrat Schulz! Sein großer Hut lag neben ihm. An der Seite, an der das Funkgerät ihn getroffen hatte, war er eingedellt.
    Hubertus war nur kurz fassungslos, dann bemühte er sich wieder um Elke. Er nahm ihr die Fesseln ab, riss ihr das Klebeband vom Mund und zog riesige Knäuel von Mullbinden zwischen ihren Lippen hervor. Hoffentlich war sie nicht erstickt!
    Er schüttelte sie: »Elke!«
    Sie schien zu erwachen.
    »Elke. Ich dachte, du wärst tot!«
    Elke lächelte: »Aber Hubertus. Ich habe doch nur meditiert. In einer solchen Situation darf man das innere Gleichgewicht nicht verlieren.«

26. EISENHUT
    Klaus alarmierte triumphierend per Handy die Polizei (»Sie können kommen, der Fall ist gelöst!«) und beschrieb den Weg zum Wellblechverschlag.
    Hubertus registrierte Klaus’ Anruf vor lauter Sorge um seine Ehefrau gar nicht. Diese schien jedoch weitgehend unversehrt. Elke war wirklich zäh.
    Nachdem sie ihre Haare etwas in Ordnung gebracht hatte, erzählte sie von der Spazierfahrt mit Schulz, auf den derweil Klaus aufpasste. Noch immer lag er am Boden – mittlerweile bewegte er sich jedoch wieder etwas. Lebensgefährlich schien seine Kopfverletzung nicht zu sein, auch wenn er blutete.
    »Zunächst war es sehr nett«, berichtete Elke. »Nachdem ich gesehen hatte, dass Herbert im Taxi saß und der Antwortbrief also von ihm war, fiel die Spannung von mir ab. Schließlich dachte ich, dass er wohl kaum der Mörder sein würde.« Sie versuchte, sich aufzurichten, was schon ganz gut gelang. »Herbert hat sich zwar gewundert, warum ich die Anzeige aufgegeben habe, aber er glaubte eben, wir hätten uns wieder getrennt, Hubertus – so wie letztes Jahr.«
    Sie blickte ihren Mann an, der nicht wusste, was er ihr hätte entgegnen sollen. Er schüttelte nur langsam den Kopf und ärgerte sich, dass sie diesen Typen beim Vornamen nannte.
    »Herbert war sehr galant und freundlich. Wir sind dann in Schluchsee den Uferweg entlangspaziert, und ich habe mir überlegt, was ich weiter tun soll. Herbert ist schließlich ein sensibler Mann, und ich wollte ihm nicht gleich wehtun und sagen, dass das alles nur ein Trick war.«
    Hubertus lauschte ihr mit Unbehagen.
    »Wir gingen also den Uferweg weiter, und plötzlich sah ich Herberts Fußspuren im Sand. Zunächst dachte ich mir nichts dabei, doch dann fiel mir ein, dass der Mörder vermutlich auch ›Lloyd‹-Schuhe getragen hatte. Die Spuren hattet ihr doch im Freibad gefunden. Ich erkannte sie, weil ich dir solche zu deinem Geburtstag schenken wollte. Plötzlich ging mir ein Licht auf!«
    Hubertus kratzte sich am Kopf. Der Schuhabdruck aus dem Kneippbad! Der war fast in Vergessenheit geraten.
    »Und dann?«, fragte Klaus, ohne Schulz aus den Augen zu lassen.
    Zum Widerstand wäre der aber ohnehin nicht mehr fähig gewesen. »Mein Kopf«, jammerte er leise.
    »Warten Sie’s ab. Sonst waren Sie doch auch nicht so zimperlich!«, polterte Hubertus. »Und einen Falschnamen haben Sie auch benutzt. ›Rupert‹, na toll.«
    Das Funkgerät war noch erstaunlich intakt.

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