Morgengrauen
gewesen …
Hubertus stellte das Polizeifunkgerät in Riesles Wagen an. Vielleicht würde man ja auf diese Weise etwas von Elke mitbekommen. Allenfalls einen Unfall, wie er sich mit Schrecken ausmalte. Leider lag die Taxifunkfrequenz auf einer anderen Wellenlänge …
An der Talstation der Sesselbahn herrschte Trubel. Menschenschlangen lösten Tickets für die Bergfahrt mit der Sesselbahn zum 1493 Meter hohen Gipfel, der sich als riesiger, fast unbewaldeter Kegel vor ihnen aufbäumte. Und über allem thronte die Silhouette des Bismarckturms.
Andere Touristen deckten sich gerade mit mehr oder weniger kitschigen Schwarzwälder Souvenirs wie Kuckucksuhren, Puppen in typischer Tracht mit Bollenhut oder Schwarzwälder Kirschwasser ein. Auch Andenken an die Schwarzwaldklinik wie ein Messingschild mit allen Darstellern vor der Klinik im Glottertal schienen noch gefragt zu sein, obwohl die Serie ja längst Geschichte war. Aber nirgends auch nur die geringste Spur von Elke.
Dafür klingelte nun Hubertus’ Handy. Es war Elke – zumindest ihre Nummer. Endlich! Was sie sagte, verstand er kaum, der Empfang war recht schlecht – ein Problem, das im Hochschwarzwald immer wieder auftaucht. Doch er hörte, wie sie »Hubertus?« sagte.
»Ja, Schatz?«, fragte er aufgeregt zurück.
Es knarzte, und kurz darauf wurde die Leitung unterbrochen. Lag das nur am schlechten Empfang?
»Klaus, ich habe ein ungutes Gefühl. Lass uns die Polizei alarmieren«, schlug Hubertus mit verzweifelter Miene vor.
»Jetzt lass mal die Kirche im Dorf«, beschwichtigte der Freund. »Wir haben Elke doch genauestens instruiert: Sie soll sich nicht unnötig in Gefahr begeben und sich mit dem Verdächtigen nur an Orten mit vielen Menschen aufhalten. Du weißt ja, wie mies der Handyempfang hier mancherorts ist.«
Hubertus hatte bereits wieder »Schatz« im Display seines Handys gewählt und wartete auf Antwort.
Die Worte, die folgten, waren wie spitze Nadeln auf Hubertus’ Gemütszustand: »Versuchen Sie es später noch einmal. Ihr gewünschter Gesprächspartner ist zurzeit nicht erreichbar …« Bevor der Spruch in englischer Sprache wiedergegeben wurde, beendete Hubertus die Ansage.
»Verdammt noch mal, Klaus! Sie nimmt nicht ab. Elke ist in den Fängen eines Mörders – eines Doppelmörders sogar. Das Spiel ist aus. Es ist Zeit für Kommissar Müller!«
Riesle blieb weiter unbeeindruckt: »Keine Panik, Huby. Lass Elke erst mal machen. Sie ist sicher gerade dabei, seine Fingerabdrücke zu nehmen, ohne dass der auch nur das Geringste davon mitbekommt. Elke ist clever. Ich bin mir sicher, sie bringt sogar eine DNA-Spur dieses Typen mit – ein Haar oder so was.«
Der Gedanke, Elke versuche, einem Doppelmörder ein Haar auszureißen, beruhigte Hubertus nicht unbedingt. Nur mit Widerwillen ließ er sich davon überzeugen, zunächst noch etwas zu warten und sich für ein Glas Bier mit Blick auf den Gipfel und den ausgedehnten Naturpark Südschwarzwald niederzulassen.
Aber auch hier war er kaum noch zu bremsen. Er ertränkte seinen Kummer und seine Ängste in Rothaus-Bier, das nur wenige Kilometer von hier entfernt gebraut wurde.
Als sich eine Stunde später immer noch kein Lebenszeichen von Elke, dafür aber ein Sonnenbrand auf Hubertus’ schütterem Haupt eingestellt hatte, tippte er die Notrufnummer ein.
Klaus jedoch nahm ihm postwendend das Handy ab und drückte auf die Unterbrechungstaste: »Warte doch erst mal, Hubertus. Mit Kommissar Müller würden wir uns nur wieder Probleme aufhalsen. Ich weiß, was wir jetzt machen. Wir haben ja die Telefonnummer des Taxiunternehmens.«
Der Anruf dort ergab, dass der Taxifahrer sich zwischenzeitlich abgemeldet hatte und zwei Stunden Pause machte. Offenbar befanden sich seine Fahrgäste nicht mehr im Wagen. Mit einiger Überredungskunst bekamen sie Namen und Adresse des Taxifahrers: Ewald Hogg, Seebachstraße 3, Titisee-Neustadt. Telefonisch erreichte die hilfreiche Dame in der Taxizentrale den Angestellten allerdings nicht. Da half nur eines: zur Seebachstraße!
Sie gerieten in der einen oder anderen scharfen Kurve talwärts ins Schlingern, legten aber dank Klaus’ langjähriger Rennerfahrung die vierhundert Höhenmeter in einer Spitzenzeit zurück. Als sie jedoch wieder auf die B 31 trafen, brummelte Hubertus: »Toll! Und wo bitte soll jetzt diese Straße liegen? In Titisee oder in Neustadt? Diese Doppelstädte haben doch nur Nachteile …«
Klaus hatte schon die Richtung Freiburg
Weitere Kostenlose Bücher