Morgenrötes Krieger
bin sicher, daß du das Schiff so steuern kannst, daß es uns allen zum Schaden gereicht, aber doch auch nicht wieder so, daß alle zehn von uns kampfunfähig werden, während nur ihr zwei auf den Beinen – oder sollte ich sagen: funktion s tüchtig – bleibt.“
„Ich verstehe. Ich soll nur das tun, was du mir sagst.“
Sie verließen unverzüglich die Halle und gingen durch einen gewundenen Hohlweg zu jenem Platz, wo das Schiff bereitstand. Es war noch früh am Morgen, und das Licht des Nordherbstes erhellte die Landschaft. Die So n ne stand jetzt tief im Nordosten und bestrahlte den weit entfernten Wall hoher, nackter Gipfel des östlichen G e birgszuges. Die Luft, transparent wie Quellwasser, hatte noch immer eine blau-violette Tönung. Han schaute sich um – der Eindruck war überwältigend und voll bizarrer Schönheit. Und mittendrin ihr Schiff; als sie sich ihm näherten, knirschte der Frost unter ihren Füßen. Bevor sie hinaufstiegen, verharrte Han einen Moment lang am Fuß der Leiter und betrachtete die gewaltigen Berge im Osten.
Hatha bemerkte es. „Du bist überwältigt, weißt es zu schätzen! Das ist gut, sehr gut! Die Einheimischen dieser Region haben dafür kein Auge. Sie glauben, es sei die Heimat der Dämonen und Geister.“ Han verstand das gut. Wer sonst konnte in dieser zerrissen-zerklüfteten Lan d schaft leben? Morgenröte hatte seine Schönheit, aber es war eine erschreckende Schönheit, eine, die demütigte, einschüchterte und Furcht einflößte – sie war keine, die ermutigte oder sicher machte. Hatha fuhr fort: „Wir ne n nen diese Berge den Planetenwall. Eigentlich ein unz u treffender Name, da sie sich nach Norden und Süden nur in der Länge des halben Gesamtumfangs erstrecken. S o weit ich weiß, gibt es nirgends etwas Vergleichbares, weder auf Morgenröte selbst noch auf anderen Planeten. Sie sind so hoch, daß sie die Windzirkulation blockieren, was ein Segen ist, denn ohne diesen Effekt wäre der Pl a net völlig unbewohnbar. Du kannst sicher sein, daß es hier längst nicht so gemütlich wäre, wenn die Winde sich ungehemmt entfalten könnten. Sie würden mit einer wahrhaft höllischen Geschwindigkeit über das Land f e gen. Und man sagte mir, daß die Berge noch immer wachsen!“
Sie stiegen die Leiter hinauf und betraten die Palle n ber . Als sie nacheinander in den Kontrollraum marschie r ten, hätte Han eigentlich erwartet, sich endlich wie zu Hause zu fühlen. Nichts von alledem! Er empfand eine tiefgreifende Fremdheit – so wie ein Eingeborener aus dem Busch, der sich plötzlich in einem Raum, vollg e stopft mit unglaublichen Maschinen, wiederfindet. Die Bewachertriade beobachtete jede seiner Bewegungen. Kein geeigneter Zeitpunkt. Falls sie etwas in dieser Ric h tung erwarteten, so bestimmt jetzt. Besser später, wenn sich noch einmal die Möglichkeit bieten sollte. Er war überzeugt, daß es vorteilhafter war, auf eine günstigere Gelegenheit zu warten und nicht in einer Situation zu handeln, die nur wenig erfolgversprechend war.
Sorgfältig und in aller Ruhe durchlief Han die ganze S e rie der Aktivierungsvorgänge, die für den Start des Schi f fes notwendig waren. Als er damit fertig war, drehte er sich zu Hatha um und sagte: „Wir sind startklar.“
„Gut. Flieg einfach … direkt hinauf. Ich dachte erst, wir könnten noch einen kleinen Rundflug machen, aber wenn ich es so bedenke, halte ich es doch für besser, d a mit noch zu warten. Wenn du so willst – als Belohnung für gutes Betragen. Nun denn, auf geht’s!“ Er wandte sich den Wachen zu, die im Kontrollraum herumstanden, und sagte irgend etwas, dem Han nicht ganz folgen kon n te. Dies war auch nicht nötig, denn der Sinn wurde allein schon aus der gegebenen Situation deutlich, etwa nach dem Motto: „Tötet sie bei dem geringsten Verdachtsm o ment!“ Han schaute auf die Kontrollgeräte, dann zurück zu Hatha.
„Warte! Man kann dieses Schiff, wenn man will, m a nuell fliegen, aber gewöhnlich schaltet man auf Autom a tik. Das spart Antriebsenergie und entlastet den Piloten. Aber ich kann den Kurs nur eingeben, wenn ich die D a ten des Planeten kenne: Größe, Masse, Koordinatenpun k te, Längen- und Breitengrade.“
„Solche Informationen habe ich nicht. Wir benutzen diese … Dinge nicht. Und die Größe spielt keine Rolle. Wenn wir irgendwohin wollen, so steigen wir hoch g e nug, um nicht anzuecken – und ab geht’s.“ Zum ersten Mal wirkte Hatha verunsichert.
„Ich kann vertikal
Weitere Kostenlose Bücher