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Morituri - Die Todgeweihten

Titel: Morituri - Die Todgeweihten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allan Cole & Chris Bunch
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interessierte Kyes der letzte Teil der Legende: die Prophezeiung, dass eines Tages ein weiterer Methusalem geboren werden würde, und dass dieser unsterbliche Grb’chev die Spezies zu noch größeren Erfolgen führen werde.
    Seit einiger Zeit fragte sich Kyes, ob er womöglich dieser Auserwählte war. Das geschah jedoch nur während seiner hysterischen Wahnvorstellungen. Viel wahrscheinlicher war, dass ihm die zusätzliche Lebensspanne nur durch ein winziges genetisches Zucken vergönnt war. Tatsächlich konnte er jeden Augenblick »sterben«.
    Wenn es für ihn noch eine Zukunft gab, dann musste Kyes sie selbst am Schopf packen. Er würde das Geheimnis entdecken und der neue Erlöser seiner Spezies sein.
    Kyes blickte aus dem Fenster. Der Gleiter glitt durch eine Arbeitergegend mit hohen, tristen Mietshäusern, die auf die breite Straße herabblickten. Der Großteil des Verkehrs bestand aus Fußgängern. Die Verknappung von AM 2 verbot öffentliche Verkehrsmittel und vor allem die kompakten kleinen Flitzer, mit denen die untere Mittelklasse sonst so gerne durch die Gegend gurkte. Kyes sah, wie sich eine lange Schlange Wartender aus einem Soyaladen herauswand. Ein schmuddeliges Schild über den Leuten gab den Preis mit zehn Credits pro Unze an. Der Zustand des Schildes machte sich sogar über diesen unglaublichen Preis lustig.
    Zwei schwerbewaffnete Polizisten bewachten den Eingang des Ladens. Kyes sah eine Frau mit einem Bündel unter dem Arm herauskommen. Sofort fing die Menge an, sie anzublöken und an dem Paket zu zerren. Einer der bulligen Polizisten machte einen zögernden Schritt in ihre Richtung. Bevor er sehen konnte, was als nächstes geschah, war Kyes’ Gleiter auch schon vorüber.
    »… so geht das schon seit den Nahrungsmittelunruhen«, sagte die Fahrerin. »Natürlich kostet die Sicherheit auch ’ne Stange Geld, deshalb sind die Preise noch mehr gestiegen. Aber das kann man den Leuten einfach nicht klarmachen. Wie ich schon zu meinem Alten gesagt hab …«
    »Welche Nahrungsmittelunruhen?«
    »Hamse das nich’ mitgekriegt?« Die Fahrerin drehte den Kopf und staunte nicht schlecht, dass ein Mitglied des Kabinetts tatsächlich etwas nicht wusste.
    »Man unterrichtete mich über einige Unregelmäßigkeiten«, erwiderte Kyes. »Aber keine … Unruhen.«
    »Ach so, Unregelmäßigkeiten«, sagte die Fahrerin. »Hört sich gleich viel besser an als Unruhen. Genau das war’s auch, Unregelmäßigkeiten. Müssen so an die zwanzig- bis dreißigtausend heruntergekommene Faulenzer gewesen sein, die hier überall Unregelmäßigkeiten veranstaltet haben. Die Bullen haben ein Auge zugedrückt, haben nicht mehr als ein halbes Hundert oder so umgelegt. Klar, so drei- oder viertausend haben ordentlich was abgekriegt, aber …«
    Wutentbrannt blendete Kyes den Rest aus. Er hatte seine Ansichten dem Kabinett doch klipp und klar dargelegt. Die Erstwelt und ihre Bevölkerung mussten mit Samthandschuhen angefasst werden. Hier, im Herzen des Imperiums, durften Verknappungen erst zuallerletzt spürbar werden. Als er von den »Unregelmäßigkeiten« hörte, hatte er seine Ansichten sogar noch deutlicher gemacht. Doch die Kraas und die anderen hatten ihm versichert, alles sei in Ordnung. Es habe einige wenige kleine Engpässe in der Versorgung gegeben, sonst nichts. Die Vorräte waren aufgefüllt, der Frieden wiederhergestellt worden. Genau! Es waren weniger die Lügen, die Kyes so verstörten – er selbst schätzte sich als meisterhaften Heuchler ein –, nein, es war die offensichtliche Engstirnigkeit seiner Mitverschwörer in dieser Angelegenheit.
    Wenn das Kabinett die Dinge, die sich nur wenige Kilometer vor seiner eigenen Haustür abspielten, nicht unter Kontrolle halten konnte, wie sollte es ihm jemals gelingen, ein weitläufiges Imperium zu leiten? Und wenn sie darin versagten, dann sah Kyes etwas weitaus Schlimmerem entgegen als jeder Hölle, die sie sich vorstellen konnten.
    Ein zweiter immens irritierender Faktor: Wenn es wirklich schon so schlecht stand, dass die örtliche Bevölkerung nicht mehr genug Nahrungsmittel zur Verfügung hatte, warum trugen die Mitglieder des Kabinetts dann ihren eigenen Reichtum so zur Schau?
    Er stöhnte laut auf, als er direkt vor sich die Nadelspitze über die hohen Gebäude des Finanzviertels aufragen sah. Es war der gerade fertig gestellte neue Regierungssitz des Kabinetts.
    »Da bleibt einem die Spucke weg, was?« meinte seine Fahrerin, die das Stöhnen als Ausdruck der

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