Motte Maroni - Flossen des Grauens
Gschwaderer. „Wir habendas Monster gesehen! Mein Alois und ich!“ Der Dackel winselt, knurrt, fiept und führt nach und nach die komplette Geräuschpalette vor, die in ihm steckt.
„Wo? Wo?“, will Professor Maroni wissen.
Der Meier ist natürlich sofort mitten im Geschehen. Er drängt sich zwischen Herrn Gschwaderer und seinen Dackel und trompetet: „Kann ich helfen? Keine Sorge, ich bin ausgebildeter Jungfischer und habe Nahkampferfahrung mit der Bestie!“
„Das Monster!“, brüllt Herr Gschwaderer. „Mein Alois und ich, wir haben es genau gesehen.“
„Ahaaaaaa!“, jubiliert der Meier.
„Wo? Zum Kuckuck!“, überbrüllt Herta den Meier, Herrn Gschwaderer und den Dackel.
„Am Einser-Kanal!“, berichtet Herr Gschwaderer aufgeregt. „Der Alois und ich waren dort spazieren! Da haben wir eine riesige Flosse aus dem Wasser auftauchen gesehen! Ich und mein Alois! Ganz grün und schuppig und grauslich war sie!“ Der Dackel Alois kläfft bestätigend.
„Der Einser-Kanal?“, fragt Motte.
„Der einzige Abfluss des Neusiedlersees“, erklärt Herta Nipf. „Verbindet um ein paar Ecken den See mit der Donau.“
Der Meier ist kaum zu halten. Gemeinsam mit Motte will er auf der Stelle zum Bootsverleih aufbrechen, damitsie den Einser-Kanal nach dem flüchtenden Monsterfisch absuchen, da ertönen vom Gang her schmatzende Geräusche. Schmatzende Geräusche und lautes Schluchzen. „Überfall!“, verkündet der Fischer Hirnschallerer vor Kälte zitternd, während er die Tür zum Büro aufstößt. „Überfall!“ Die vielen Blinker auf seinem Fischerhut klimpern im Takt. Er wedelt mit einer Bootsplanke. „Das hier ist alles, was mir geblieben ist von meiner treuen Fini II!“
Herta Nipf sieht das Picknick in weite Ferne rücken.
„Was ist denn passiert, Herr Hirnschallerer?“, erkundigt sie sich matt. Sie ignoriert tapfer den Duft von frischem Brot, Speck und Liptauer, der vom Picknickkorb zu ihr herüberweht.
„Ich war fischen, im Einser-Kanal, weil ja der See so gefährlich ist!“, bebt der Fischer Hirnschallerer. Dann niest er heftig.
„Gesundheit!“, ruft der Meier artig, und weil der Herr Hirnschallerer ein Fischerkamerad ist, setzt er nach: „Und Petri Heil!“
„Petri Dank!“, rotzt der Fischer Hirnschallerer und erzählt weiter. „Ich muss kurz eingenickt sein! Plötzlich spür ich einen Ruck, und gleich darauf ist meine Hose nass!“ Motte und Nina haben große Mühe, nicht zu lachen. Der Meier, dem das Phänomen der nassen Hosenicht unbekannt ist, schweigt taktvoll, Herr Gschwaderer schnauft zustimmend, der Dackel Alois hechelt und müffelt, weil er sich sehr aufregen muss. „Also, ich habe eine nasse Hose und wache auf! Rund um mich nur Wasser und Bootstrümmer! Ich schnappe mir die nächstbeste Holzplanke, um mich daran festzuhalten, und in der steckt dieses!“ Er kramt in der Hosentasche und fördert einen sehr großen, sehr spitzen Zahn zutage, welchen er mit großer Geste auf Herta Nipfs Schreibtisch pfeffert. Professor Maroni mustert den Zahn interessiert: „Sieht aus wie der Zahn, den wir im Steg gefunden haben. Einer von unserem Riesenfisch“, flüstert er Herta Nipf zu. „Wo war das genau, als Sie erwachten?“, will er vom Fischer Hirnschallerer wissen.
„In der Donau, bei den Ungarn!“, ruft der Fischer Hirnschallerer. „Zum Glück waren die Leute, die mich rausgefischt haben, so nett und haben mich dann mit dem Traktor nach Pamhagen geführt, dann bin ich zu Fuß und per Autostopp nach Podersiedel und hab einen Mordshunger. Die Aufregung, Sie verstehen!“
Herta Nipf nickt Professor Maroni wehmütigen Blickes zu. Der wuchtet den Picknickkorb auf den Schreibtisch und seufzt: „Mahlzeit!“ Nach all den Aufregungen greifen alle gerne zu, auch der Dackel Alois bekommt ein Stück Käse angeboten, das er gerne annimmt.
Als sich die Nerven der Anwesenden etwas beruhigt haben, beginnt Professor Maroni mit vollen Backen seine Theorie zu erklären: „Ich glaube Ihnen, Herr Gschwaderer. Sie haben wohl wirklich unseren Fisch gesehen, wie er den See verlassen hat. Der ist wieder abgehauen. Zuerst in die Donau, wo er leider Ihnen begegnet ist, Herr Hirnschallerer. Und von der Donau schwimmt er vielleicht ins schwarze Meer, und dann über den Bospurus ins Mittelmeer und vom Mittelmeer dann … ja …!“ Professor Maroni blickt versonnen in die Ferne. „Hoffentlich passiert ihm nichts!“, sagt er, mehr zu sich selbst. Dann zieht er sein Handy hervor, um den
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