Mr. Fire und ich (Band 1)

Visitenkarten mit seinen Kontaktdaten (Handynummer und E-Mail-Adresse) und einer Nachricht:
„Julia, ich reise für drei Tage nach Kalifornien. Warten Sie artig auf mich und fordern Sie den Teufel nicht heraus … Ein Kuss auf die weiche Haut Ihres Pos. D.W.“
    Ich breche in Tränen aus, ohne genau zu wissen, warum. Vielleicht, weil ich mir nach all dem, was wir erlebt haben, verlassen vorkomme, obwohl er nur drei Tage weg ist. Vielleicht aus Enttäuschung. Vielleicht, weil mich dieses ewige Hin und Her zwischen vernunftbestimmter Ablehnung und leidenschaftlicher Anziehung völlig fertigmacht.
Ich muss wieder einen klaren Kopf bekommen. Und dafür kenne ich ein gutes Mittel: Arbeit. Ich trockne meine Tränen, verlasse die Suite, wobei ich akribisch darauf achte, nicht gesehen zu werden, und gehe in mein Zimmer zurück. Für mein äußeres Gleichgewicht springe ich unter die Dusche, schlüpfe in meine Uniform und binde meine Haare zu einem Knoten zusammen. Für mein inneres Gleichgewicht beschließe ich, diese wenigen Tage der geografischen Entfernung von Daniel zu nutzen, um mich zurückzuziehen und mich zu lösen.
    Die Arbeit an der Rezeption ist einerseits so stressig, dass mir nicht langweilig wird, und andererseits ruhig genug, um mit Tom zu scherzen. Der Tag vergeht schnell, beinahe wie im Flug.
Aber am Abend, in der Dunkelheit meines Zimmers, zerbricht meine harte Schale in tausend Stücke. Schnell wird mir bewusst, dass meine guten Vorsätze sich soeben in Luft auflösen. Dieser Mann ist auch während seiner Abwesenheit so präsent … Ich kann die Erinnerung an seine Hände, seine Zunge, seinen Penis, seinen Duft, seine Stimme und seine grünen Augen noch deutlich auf meinem Körper fühlen. Ich spüre, wie sein Blick auf mir ruht, als stünde er neben mir.
    Ich frage mich, ob seine körperliche Abwesenheit dazu führt, dass er in meinen Gedanken nur noch präsenter ist. Ich kann einfach an nichts anderes mehr denken. Meine gesamte Aufmerksamkeit gilt einzig und allein ihm. Er bestimmt mein Leben, er ist die Luft, die ich atme. Es ist wie ein Zwang, ein Drang.
Musik. Ich brauche Musik, um meine Gedanken zu begleiten, abzulenken und aufzumuntern. Ich schalte meinen Laptop ein und betätige die zufällige Wiedergabe der Playlist, die ich vor meiner Abreise nach New York zusammengestellt hatte. Kommt, ihr sanften Melodien, und helft mir, mich selbst zu finden und mein Herz zu trösten, wenn ich an ihn denke, lasst den Gesang meiner Erinnerungen erklingen und die Töne dieser neuen Gefühle verstummen.
    Während ich verträumt in meinem alten Klubsessel sitze und mich von der Musik verzaubern lasse, checke ich meine E-Mails. Sarah hat geantwortet.
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    Von: Sarah [email protected]
    Gesendet: Sonntag, 15. Juli 2012 18:00
    An: Julia [email protected]
    Betreff: Ein Märchen
     
    Julia, der Abend deines Geburtstages steht den großen romantischen Komödien in nichts nach! Deine Sorgen waren also unbegründet … Es sei denn, dein Prinz hat sich um Mitternacht wieder in einen Frosch zurückverwandelt …?
    Auf jeden Fall freut es mich unheimlich zu wissen, dass du begeistert bist.
    Auf Sizilien ist es einfach wunderbar. Bei meiner Ankunft habe ich Luca getroffen. Wir werden uns heute Abend wiedersehen …
    Ciao bella,
    Sarah
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    P.S. Könnte diese Camille auch seine Mutter sein? Oder seine Schwester?
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    Von: Julia [email protected]
    Gesendet: Montag, 16. Juli 2012 23:28
    An: Sarah [email protected]
    Betreff: Verzaubert
     
    Wenn ich wieder zurück bin, werde ich dir alles über diesen romantischen Exkurs erzählen und wir werden darüber lachen. Das hoffe ich zumindest. Im Moment bin ich allerdings alles andere als ausgeglichen.
    Daniel – der reiche Erbe einer renommierten Juwelendynastie – ist einfach zu reich, zu sehr davon besessen, alles kontrollieren zu wollen, und zu distanziert, um unsere Beziehung einfach und ausgeglichen erscheinen zu lassen. Bei jedem noch so kleinen Geständnis streift er von einer Sekunde auf die andere einen undurchdringlichen Panzer über.
    Er ist für einige Tage nicht in New York und ich dachte, ich würde damit klarkommen. Doch er hat mich völlig in seinen Bann gezogen … Ich weiß, dass ich fliehen oder, wie er, die Unnahbare spielen und von unseren Liebesspielen profitieren sollte, wann immer wir zusammen sind. Aber während seiner Abwesenheit merke ich plötzlich, dass ich mich nicht nur sexuell von ihm angezogen fühle … Natürlich würde