Mr. Joenes wundersame Reise
Feinstein kam auf ihn zu.
Das bildhübsche Mädchen warf sich in seine Arme, und der Duft ihrer Haare erinnerte an sonnenge-reiften Honig.
»Joenes«, säuselte sie mit vibrierender Stimme,
»ich habe an dich gedacht seit unserer vorzeitigen Trennung in San Francisco, als du dich so mannhaft und in liebender Gebärde zwischen mich und die Blauen geworfen hast. Du bist mir im Traum und auch in meinen wachen Momenten erschienen, bis ich diese nicht mehr voneinander unterscheiden konnte. Mit der Unterstützung meines Vaters habe ich in ganz Amerika nach dir suchen lassen. Doch ich befürchtete schon, dich niemals mehr wiederzusehen, und so zog ich mich an diesen Ort zurück, nur um meinen angegriffenen Nerven Ruhe zu gönnen. O Joenes, was, meinst du, war es, was uns wieder zusammengeführt hat – Zufall oder Schicksal?«
»Nun«, begann Joenes, »mir kommt es so vor ...«
»Ich wußte es«, schluchzte Deirdre fast und preß-
te sich noch enger an ihn. »Wir werden von heute an in zwei Tagen heiraten, am 4. Juli also, denn ich 109
habe in deiner Abwesenheit eine durch und durch patriotische Gesinnung entwickelt. Ist dir das Da-tum recht?«
»Nun«, begann Joenes erneut, »wir sollten einmal überdenken ...«
»Ich war mir sicher«, sagte Deirdre. »Und ich weiß auch, daß ich bis vor kurzem noch ein ziemlich heißer Feger war, wenn ich nur an die Fixeror-gien denke oder an den Monat, den ich heimlich in einem Studentenschlafsaal an der Harvard Universität zubrachte oder an die Zeit, als ich die Queen der West Side Boppers war, nachdem ich die andere Queen mit einer Fahrradkette erschlug, und an andere kindliche Eskapaden. Ich bin auf diese Erlebnisse wirklich nicht besonders stolz, mein Liebling, aber ich schäme mich auch nicht der na-türlichen Wildheit meiner Jugend. Daher habe ich dir all diese Dinge gebeichtet, und ich werde dir weitere beichten, sobald ich mich daran erinnere, denn zwischen uns darf es keine Geheimnisse geben. Meinst du nicht auch?«
»Nun«, begann Joenes, »ich denke ...«
»Ich war mir sicher, daß du es so sehen würdest«, sagte Deirdre. »Zu unserem Glück liegt all das in der Vergangenheit. Ich habe mich zu einer verantwortungsvollen Erwachsenen gemau-sert, und habe mich der Liga der Jung-Konservativen angeschlossen, dem Verein zur Bekämpfung unamerikanischer Umtriebe in jeder Form, der 110
Gesellschaft der Freunde Salazars und der Frau-enfront gegen Überfremdung. Das sind wirklich keine oberflächlichen Veränderungen. Tief in mir verspüre ich einen glühenden Haß auf all die Dinge, derer ich mich selbst schuldig gemacht habe, ebenso auf die Kunst, welche doch nichts anderes hervorbringt als reine Pornografie. Du siehst also, daß ich erwachsen geworden bin, daß ich mich grundlegend geändert habe und daß ich dir eine gute, treue Frau sein werde.«
Joenes hatte bereits gewisse Vorstellungen von seinem Leben mit Deirdre, in welchem sich haßer-füllte Geständnisse mit tödlicher Langeweile ablö-
sten. Deirdre schwätzte noch weiter über die Vorbereitungen, die sie treffen mußte, dann rannte sie aus dem Tagesraum, um mit ihrem Vater zu tele-fonieren.
Joenes fragte Lum: »Wie kommt man hier wieder raus?«
»He, Mann«, bremste Lum. »Nun mal langsam, du bist ja gerade erst angekommen!«
»Ich weiß. Aber wie komme ich wieder raus?
Kann ich einfach so rausgehen?«
»Natürlich nicht. Schließlich ist das immer noch ein Hort für die kriminellen Geisteskranken.«
»Kann ich nicht einen Arzt bitten, mich zu entlassen?«
»Sicher doch. Aber du solltest ihn lieber nicht in dieser Woche fragen, wo wir doch bald Voll-111
mond haben. Das macht ihn immer ein bißchen reizbar.«
»Ich will heute abend noch weg«, beharrte Joenes.
»Oder spätestens morgen.«
»Das ist aber ziemlich plötzlich«, meinte Lum.
»Machen dich vielleicht die kleine Deirdre und ihre Heiratspläne nervös?«
»Genau«, gab Joenes zu.
»Darüber mach dir mal keine Gedanken«, beruhigte Lum ihn. »Ich werd mich schon um Deirdre kümmern, und ich schaff dich auch bis morgen raus. Hab nur Vertrauen zu mir, Joenesy, und hab keine Sorgen. Lum wird das schon schaukeln.«
Später im Verlaut des Tages holte der Arzt Joenes ab und brachte ihn zu dem Patienten, der sich für die physische Reinkarnation Gottes hielt. Sie schritten durch riesige Eisentüren und landeten in einem langen grauen Korridor. Am Ende des Ganges blieben sie vor einer Tür stehen.
Der Doktor meinte: »Es wäre sicher nicht
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