Mr. K: Thriller (German Edition)
Speichel aus den Mundwinkeln lief.
Die Geräusche, die ich machte, klangen hohl, was mich vermuten ließ, dass ich mich in einer kleinen und leeren Garage befand. Irgendeine Maschine – vielleicht eine Klimaanlage oder ein Luftentfeuchter – summte monoton vor sich hin. Es roch nach Bleichmittel – ein schlechtes Zeichen – und, was noch schlimmer war, nach Kupfer, menschlichen Exkrementen und verdorbenem Fleisch.
Ich kämpfte gegen die Panik, aber sie gewann die Oberhand. Ich versuchte darüber nachzudenken, was geschehen und wie ich hierhergelangt war. Aber mein Gedächtnis ließ mich im Stich. Hatte ich eins über den Schädel bekommen, oder hatte man mir Drogen verabreicht? Ich war mir nicht sicher, konnte mich an nichts erinnern.
Aber die Gerüche und meine langjährige Erfahrung ließen mich vermuten, dass mein Entführer, wer auch immer er sein mochte, mich umbringen wollte. Ich war eine ehemalige Polizistin, die jetzt als Privatermittlerin arbeitete.
Und so wollte ich meine neue Tätigkeit auf gar keinen Fall beenden.
Einundzwanzig Jahre vorher
15. August 1989
Ich war nicht Polizistin geworden, um solche Sachen zu machen.
Der rote Wagen fuhr heran und hupte. Es war einer dieser seltsamen Kombinationen aus PKW und Pick-up – ich glaube, man nennt so was SUV. Bei diesem stand »Isuzu Trooper« auf dem Kotflügel. Für mich waren diese Dinger zu groß und sperrig, besonders für eine Großstadt wie Chicago. Und bei Spritpreisen von fast einem Dollar zwanzig pro Gallone würden sie nicht lange im Trend liegen.
Die Nacht war heiß und unheimlich schwül, und ich schwitzte, obwohl ich kaum etwas anhatte. Mein knallroter Lippenstift zerlief in der Hitze und ich musste mich andauernd neu schminken. Ich hatte den gesamten Straßenabschnitt für mich allein – die anderen Mädchen hatte ich zuvor vertrieben. Eigentlich konnten sie mir dafür dankbar sein, denn es war kaum etwas los. Außerdem streikte die städtische Müllabfuhr nun schon seit einer Woche, und aus der Seitengasse wehte ein bestialischer Gestank.
»Der ist für dich, Jackie«
, klang es aus dem Hörer in meinem Ohr. Mein Kollege, Officer Harry McGlade, saß etwas weiter weg in einem alten Ford Mustang.
»Findest du dieses Spiel nicht langsam langweilig?«, sprach ich in das Mikrofon, das ich in meinem Madonna-Push-up-BH versteckt hatte. Eigentlich hätte ich dieses Kleidungsstück unter einem Trägertop tragen müssen, nicht als Ersatzdafür.
Jacqueline Streng, Bordsteinschwalbe
. Ich rückte das Körbchen auf meiner Brust zurecht. Der Sender hatte die Größe einer Zigarettenschachtel, war aber härter und wog mehr. Mit seinen scharfen Kanten gehörte er eigentlich nicht an die empfindlichen Körperstellen einer Frau. Er tat weh. Das Kabel lief am BH-Träger entlang zu dem Ohrhörer, der sich unter meiner blonden Medusa-Perücke verbarg.
»Ich find’s erst langweilig, wenn ich ein paar Dollar gewonnen hab«
, sagte Harry.
»Na los, rate mal.«
Ich betrachtete den Typ hinter dem Steuer mit zusammengekniffenen Augen. Auf der Straße war es dunkel, aber er hatte die Innenbeleuchtung eingeschaltet, während er etwas suchte. Vielleicht seine Brieftasche und hoffentlich keine Rasierklinge oder Uzi-Maschinenpistole. Er war ein Weißer Ende vierzig, mit Glatze und einer Brille mit dicken Gläsern. Ein Büroangestellter, wahrscheinlich mit Frau und Kindern.
»Der will sich bestimmt einen blasen lassen«, sagte ich zu Harry.
»Nee, ich tipp eher auf was Perverses.«
»Der sieht wie ein biederer Familienvater aus.«
»Solche Typen sind oft die Schlimmsten.«
»Du hast doch gesagt, die Typen, die schräg aussehen, sind die perversen.«
»Die sind doch so ziemlich alle pervers. Ich wette, der ist Fußfetischist.«
Ich hatte keine Ahnung, was ein Fußfetischist genau machte. Bestimmt irgendwas mit Füßen, aber was? Im Schulungshandbuch des Sittendezernats stand über diese spezielle Vorliebe nichts. Und Harry brauchte ich erst gar nicht zufragen, der würde sich nur über mich lustig machen. Eine Frau hatte es bei der Polizei von Chicago schon schwer genug. Als junge Polizistin, die verdeckt im Rotlichtmilieu ermittelte, war ich eine leichte Zielscheibe des Spottes.
Aber meine jungen Jahre neigten sich dem Ende zu. Heute begann offiziell mein dreißigstes Lebensjahr. Ich würde meinen Geburtstag feiern, indem ich mich vor dem Fernseher volllaufen ließ. Alan, mein Freund, war auf Geschäftsreise und hatte mir bis jetzt kein Geschenk
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