Mr Monk und die Feuerwehr
Joe und Breen.
Dass Breen schuldig war, konnte ich nicht beweisen, aber mir wurde klar, was mir in Sachen Joe so zu schaffen machte. Oh ja, ich weiß, dass es offensichtlich ist, und inzwischen ist es mir auch klar. Aber bis dahin hatte ich es nicht erkannt. So ist das, wenn man mitten in einer Beziehung steckt, auch wenn es nur zwischen zwei Dates ist. Man ist zu sehr auf die eigenen Unsicherheiten, Wünsche und Erwartungen fixiert, dass man nicht sieht, was sich genau vor einem befindet.
Vielleicht ist das auch so, wenn man als Detektiv mitten in einer Untersuchung steckt. Man steht unter solch großem Druck, den Fall zu lösen, und man wird von allen Seiten mit so vielen Fakten beworfen, dass es fast unmöglich wird, klar zu sehen. Statt eines scharfen Bildes sieht man nur Schnee.
Ich kann mir vorstellen, dass es für Stottlemeyer oder Disher oft so war. Schließlich konnte ich miterleben, wie viel Zeit und Energie sie in ihre Ermittlungen steckten, und wie hart sie arbeiten mussten.
Für Monk funktionierte es genau andersherum. Die Ermittlung war leicht, alles andere war für ihn schwierig.
Wir sind so sehr davon abgelenkt, wie schwer es ihm fällt, die einfachsten, alltäglichen Dinge zu tun, dass wir gar nicht merken, wie viel Arbeit er in die Aufklärung eines Verbrechens steckt, und wie sehr er seine Persönlichkeit in Gefahr bringt.
Die Lösung zu einem komplexen Rätsel zu finden, gelingt ihm so schnell und so mühelos, dass wir nur vor Erstaunen den Kopf schütteln können und es als Wunder bezeichnen. Wir machen uns keine Gedanken darüber, welche geistigen und emotionalen Ressourcen er im Griff haben muss, um dieses »Wunder« zu bewirken.
Immerhin reden wir hier über einen Mann, für den es in einem Kino praktisch unmöglich ist, sich für einen Sitzplatz zu entscheiden, der auf der anderen Seite aber tausend mögliche Spuren bei einem Fall ordnen kann, um die Lösung zu finden. Das kann nicht so einfach sein, wie es aussieht. Damit muss Schwerstarbeit verbunden sein. Und ich bin mir sicher, es gibt Zeiten, da sieht nicht einmal er, was für andere offensichtlich ist – oder was für ihn für gewöhnlich offensichtlich ist.
An wen kann er sich in einem solchen Moment wenden, wenn er jemanden braucht, der seinen Schmerz versteht? An niemanden. Denn es gibt niemanden wie Adrian Monk. Zumindest ist mir davon nichts bekannt.
Dennoch war ich entschlossen, es zumindest zu versuchen. Ich ging zu seinem Zimmer und klopfte an.
»Herein«, sagte er.
Als ich die Tür öffnete, saß er auf der Bettkante und hatte ein aufgeschlagenes Buch auf dem Schoß liegen. Er grinste und tippte mit einem Finger auf die Seite.
»Das ist köstlich«, meinte er.
Ich setzte mich zu ihm aufs Bett und sah, dass er einen Comic über Marmaduke las, eine dänische Dogge von der Größe eines Pferdes. In der Geschichte, die Monk sich ansah, kehrte Marmaduke mit einem Autoreifen im Maul in seine Hundehütte zurück. Darunter stand geschrieben: Marmaduke liebt es, Autos zu jagen.
»Dieser Marmaduke«, amüsierte sich Monk. »Er ist so groß.«
»Der Witz wird nie alt«, stimmte ich ihm zu, auch wenn es nicht der Wahrheit entsprach. Tatsächlich verstand ich nicht, wie Monk oder sonst jemand an diesem Comic etwas witzig finden konnte. Aber wenigstens kannte ich jetzt das Geheimnis, wie man sich von einem Kater befreit, nachdem man sich am Abend zuvor sinnlos mit Wasser betrunken hatte.
»Er ist so ein Spitzbube.« Monk blätterte um und deutete auf das Bild, das Marmaduke zeigte, wie er mit hohem Tempo an der Leine lief und sein Herrchen hinter ihm herflog. Darunter stand: Seltsam! Immer wenn ich mit Marmaduke Gassi gehe, kommt ein Sturm auf.
»Wie fühlen Sie sich?«
»Prima«, sagte Monk, ohne überzeugt zu klingen. Er blätterte weiter.
»Sie werden Lucas Breen schon das Handwerk legen, Mr Monk. Ich weiß, Sie schaffen das.«
»Und wenn nicht?«, erwiderte Monk. »Dann wird man Captain Stottlemeyer degradieren, und Julies Herz wird gebrochen sein.«
»Sie werden es beide überleben«, versicherte ich ihm.
»Ich nicht.« Er blätterte weiter. Marmaduke sprang auf der Zeichnung in einen Swimmingpool und erzeugte eine Welle, durch die alles Wasser aus dem Pool spritzte. Wer hat denn Marmaduke zu unserer Poolparty eingeladen?
Monk schüttelte den Kopf. »Er ist unglaublich groß.«
»Sie können nicht jeden Fall lösen, Mr Monk. Sie verlangen einfach zu viel von sich.«
»Wenn ich den Mörder meiner Frau finde,
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