Mrs Murphy 02: Ruhe in Fetzen
Richtige für dich.« Boom Boom hatte eine gemeine Freude daran, andere Leute zu ärgern. Emotionen waren der einzige Austausch, den Boom Boom pflegte. Da sie keine richtige Beschäftigung hatte, kreisten ihre Gedanken um sich selbst und die Gefühle anderer. Manchmal ödeten sie sogar ihre Vergnügungen an.
»Er war für sehr lange Zeit genau der Richtige. Und jetzt nimm deine Post und erlöse mich von deiner perfekt geschminkten Visage.« Harry biss die Zähne zusammen.
»Dies ist ein öffentliches Gebäude, und ich kann tun und lassen, was ich will.«
Mirandas Altstimme vibrierte vor Autorität. »Boom Boom, für eine Frau, die gnadenlos mit ihrer Empfindsamkeit hausieren geht, sind Sie erstaunlich unempfindsam gegen andere Leute. Sie haben hier eine höchst unangenehme Situation geschaffen. Ich schlage vor, Sie denken in Ihrer freien Zeit darüber nach, und das heißt den Rest des Tages.«
Boom Boom stürmte eingeschnappt hinaus. Bevor es Mittag wurde, würde sie ihre sämtlichen Bekannten anrufen, um sie darüber zu informieren, wie mitgenommen sie war, weil Harry und Mrs Hogendobber sich gegen sie verbündet und sie so beleidigt hatten.
Sie würde es außerdem für geboten halten, ihren Psychiater anzurufen und dann etwas zu finden, das ihre Nerven beruhigte.
Mrs Hogendobber bückte sich etwas steif und hob die Post auf, die Harry auf die Erde geworfen hatte.
»Nicht, Miranda, ich mach das schon. Ich hab mich ziemlich albern benommen.«
»Sie lieben ihn noch.«
»Nein«, erwiderte Harry ruhig, »aber ich liebe, was wir einander gewesen sind, und er ist es wert, als Freund geliebt zu werden. Irgendwann wird er irgendeiner Frau ein guter Kamerad sein. Darum geht es doch in der Ehe, oder? Kameradschaft? Gemeinsame Ziele?«
»Im Idealfall. Ich weiß nicht, Harry, die jungen Leute heutzutage wollen so viel mehr als wir früher. Sie wollen Aufregung, Romantik, gutes Aussehen, einen Haufen Geld, immerzu Urlaub. Als George und ich heirateten, hatten wir diese Ansprüche nicht. Wir haben erwartet, dass wir zusammen hart arbeiteten und unsere Aussichten verbesserten. Wir haben gespart und geknausert. Das Feuer der Romantik loderte mal mehr, mal weniger, aber wir waren ein Team.«
Harry dachte über Mrs Hogendobbers Worte nach. Sie hörte auch zu, als Miranda das Gespräch auf Kirchenklatsch brachte. Die beste Sopranistin im Chor und der beste Tenor hatten sich darüber verkracht, wer die meisten Soli bekam. Großzügig verstreute Mrs Hogendobber ihre Perlen der Weisheit.
Um ein Uhr kam Blair mit Orlando Heguay herein. Das Flugzeug hatte Verspätung gehabt, der Flugplatz war überfüllt gewesen, aber alles war gut gegangen. Orlando bezauberte Mrs Hogendobber. Harry fand, er war genau der Richtige für Boom Boom: weltgewandt, reich und unglaublich attraktiv. Ob er auch der Typ war, der einer Frau unablässig die Aufmerksamkeit schenken konnte, die Boom Boom forderte, würde sich beizeiten herausstellen.
Als Blair sein Postfach öffnete, griff eine behaarte Pfote nach ihm. Er riss seine Hand zurück.
»Ich hab dich erschreckt«, lachte Mrs Murphy.
»Du kleiner Teufel.« Blair langte wieder in sein Fach und hielt eine Minute ihre Pfote fest.
Orlando ging umher und blieb vor der Fotografie von dem nicht identifizierten Opfer stehen. Er betrachtete sie genau, dann stieß er einen leisen Pfiff aus. »Großer Gott.«
»Was ist los?«, fragte Mrs Hogendobber.
Harry ging zu ihm, um zu erklären, warum das Foto an der Wand hing, aber bevor sie den Mund aufmachen konnte, sagte Orlando: »Das ist Tommy Norton.«
Alle drehten sich mit aschfahlen Gesichtern zu ihm um. Harry sprach als Erste: »Sie kennen den Mann?«
»Das ist Tommy Norton. Ich meine, die Haare stimmen nicht, und er sieht dünner aus als damals, aber wenn das nicht Tommy Norton ist, dann ist es sein gealterter Doppelgänger.«
Miranda wählte Rick Shaws Nummer, bevor Orlando seinen Satz zu Ende gesprochen hatte.
59
Nach ausgiebigen Entschuldigungen, weil sie Orlando im Urlaub belästigten, hatten Rick und Cynthia die Tür von Ricks Büro geschlossen. Blair wartete draußen und las Zeitung.
»Fahren Sie fort, Mr Heguay.«
»Ich habe Fitz-Gilbert 1971 kennengelernt. Auf dem College waren wir keine dicken Freunde. Er hatte einen guten Freund in New York, Tommy Norton. Tommy Norton habe ich im Sommer 1974 kennengelernt. Er arbeitete als Laufbursche bei der Börsenmaklerfirma Kincaid, Foster und Kincaid. Ich war damals siebzehn, er muss
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