Mrs Murphy 02: Ruhe in Fetzen
in einem der alten Schlafzimmer immer eine Frau mit einer Kerze in der Hand. Sie trägt Gewänder aus dem achtzehnten Jahrhundert und sagt den Gästen, sie dürfen da nicht übernachten. Sie soll in den letzten zweihundert Jahren vielen Gästen erschienen sein.«
»Was? Finden sie nicht ihre gesellschaftliche Anerkennung?«, witzelte Harry.
»Wir wissen, dass sie keine guten Manieren haben«, sagte Blair. »Mit den Umgangsformen ist es seit der Französischen Revolution konstant bergab gegangen.«
»Okay.« Cynthia stieß Harry an. »Sie sind dran.«
»Als Thomas Jefferson Monticelli baute, ließ er einen Schotten namens Dunkum kommen. Dieser äußerst tüchtige Mann kaufte Land unterhalb von Carter’s Ridge und baute das heutige Brooklyn-Haus, das Dr. Charles Beegle und seiner Familie gehört – Ehefrau Jean, Sohn Brook und den Töchtern Lynne und Christiana. Der Unabhängigkeitskrieg erreichte schließlich auch unsere Gegend, und danach baute Mr Dunkum noch mehr Wohnhäuser am Fuß der Bergkette. Man kann sie an der Route 20 sehen, schlichte, solide Ziegelbauten in schönen Proportionen. Als er zu Wohlstand gelangte, zogen weniger vermögende Verwandte zu ihm, darunter eine verwitwete Schwester, Mary Carmichael. Mary liebte die Gartenarbeit, und sie hat den Garten angelegt, der heute von Jean Beegle gepflegt wird. An einem heißen Sommertag wollte Jean den Traktor auf dem Plattenweg zu dem Rankengestrüpp hinten im Garten fahren, das ihren Bemühungen mit der Schere widerstanden hatte. Jean war entschlossen, ihm mit dem Traktor zu Leibe zu rücken. Kaum war sie in das Gestrüpp gestoßen, als sie zu ihrem Entsetzen in einen Hohlraum stürzte. Der Traktor hatte sich nicht überschlagen – er ist einfach mitten in einem Erdloch stecken geblieben. Als Jean hinuntersah, erblickte sie einen Sarg. Versteht sich wohl von selbst, dass Jean in Windeseile von dem Traktor geklettert ist.
Chuck hat sich dann von Johnny Haffner, dem Traktorenhändler, einen Traktor geborgt, und die zwei Männer haben zusammen Beegles Traktor herausgezogen. Ihre Neugierde gewann die Oberhand, sie sprangen wieder in das Grab und öffneten den Sarg. Er enthielt das Skelett einer Frau und sogar noch Fetzen eines Kleides, das sehr schön gewesen sein musste. Von Schuldgefühlen übermannt, schlossen Chuck und Johnny den Sarg wieder und überließen die Dame ihrem ewigen Schlummer. Dann schütteten sie die Grube zu.
In derselben Nacht wurde Jean von einem lauten Geräusch geweckt. Sie hörte jemanden dreimal rufen. Eine Stimme, die sie nicht kannte, rief nach ihr. ›Jean Ritenour Beegle, Jean, komm in den Garten.‹
Jeans Schlafzimmer hatte kein Fenster nach dieser Seite, deshalb ging sie nach unten. Sie hatte keine Angst, denn es war ja eine Frauenstimme. Ich hätte mich gefürchtet, glaube ich. Sie ging jedenfalls in den Garten, und da stand eine große, gut gebaute Frau.
Sie sagte: ›Mein Name ist Mary Carmichael, und ich bin 1791 hier gestorben. Weil ich den Garten liebte, hat mein Bruder mich darin beerdigt und einen Rosenstrauch auf mein Grab gepflanzt. Als er starb, haben die neuen Besitzer vergessen, dass ich dort begraben bin, und meinen Rosenstrauch nicht mehr gepflegt. Ich bin in der Küche gestorben, die im Keller des Hauses war. Der Kamin war groß, und es war so kalt. Sie haben mich dort aufgebahrt.‹
Jean fragte, ob sie irgendwas für Mary tun könne.
Das Gespenst antwortete: ›Pflanze einen Rosenstrauch auf mein Grab. Ich liebe rosa Rosen. Und weißt du, ich habe zwischen den zwei Fenstern ein Spalier gebaut.‹ Sie zeigte auf die Fenster, die zum Garten hinausgingen. Es musste das Wohnzimmer gewesen sein. ›Wenn es dir gefällt und hübsch aussieht, baue ein weißes Spalier und lass gelbe Teerosen daran hochranken.‹
Das hat Jean getan, und sie sagt, dass sie Mary in mondhellen Sommernächten manchmal durch den Garten spazieren sieht.«
Während die Menschen mit ihren Gespenstergeschichten fortfuhren, holte Mrs Murphy die zwei Kätzchen zu sich heran. »So, Noel und Jingle, jetzt will ich euch die Geschichte von einem schneidigen jungen Kater namens Dragoner erzählen. Damals, zur Zeit unserer Vorfahren …«
»Wann war das?«, maunzte das graue Kätzchen.
»Bevor wir ein Land waren, damals, als die Briten regierten. In jener Zeit lebte ein großer, hübscher Kater, der immer mit einem britischen Offizier zusammensteckte, und deswegen wurde er Dragoner genannt. Oh, seine Schnurrhaare waren silbern, seine
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