Mrs Murphy 05: Herz-Dame sticht
sinken.
»Miranda und ich wollten eigentlich in der Mittagspause zu Mim, um uns umzuhorchen wegen des Gerüchts, dass Nigel im sechsten Rennen – oder war es das fünfte? – gegen sich selbst gewettet hat.« Sie zuckte die Achseln. »Allerdings, über Linda Forloines kursierte dasselbe Gerücht.«
»Die tausend Dollar?«
»Nehme an, es hat sich rumgesprochen.«
»Ja. Warum seid ihr nicht hingegangen?«
»Larry hat uns erst spät abgelöst. Miranda bekam einen Anruf von ihrer Kirchengruppe, irgendwelche Probleme mit dem Liederfestival, und da bin ich in die Pizzeria gegangen. Es ist sinnlos, Gerüchten hinterherzulaufen, und deswegen kann ich nicht glauben, dass Colbert Mason sich mit dem, was dich betrifft, überhaupt abgibt. Na ja, ich nehme an, er muss der Sache nachgehen.«
»Du hast die Menschen immer besser verstanden als ich. Ich bin nicht bloß Tierarzt, weil ich Tiere liebe. Im tiefsten Innern mag ich die Menschen wohl nicht besonders – oder vielleicht mag ich nur ein paar Auserwählte wie dich.«
»Fang nicht schon wieder damit an«, erwiderte Harry rasch.
»Mom, sei nicht so streng mit ihm.« Mrs Murphy deponierte ihre Maus neben ihrer Futterschüssel.
»Ja, Mom«, fiel Tucker ein.
»Ich fang nicht damit an.« Er seufzte. »Du weißt, ich habe bereut. Ich hab’s dir gesagt. Ich bin dabei, mich zu ändern. Himmel, vielleicht werde ich sogar erwachsen.«
»Mutter hat immer gesagt, Männer werden nicht erwachsen, sie werden alt. Eigentlich dachte ich, Dad sei ein reifer Mann, aber eine Tochter sieht einen Mann ja nicht so wie eine Ehefrau.«
»Willst du mir damit sagen, ich kann nicht erwachsen werden?«
»Nein.« Sie löste die gekreuzten Beine und beugte sich vor. »Ich kann mit solchen Themen nicht gut umgehen. Im Allgemeinen behauptet man, dass Frauen über Gefühle sprechen können und Männer nicht. Ich sehe nicht, dass ich das gut könnte, und ich sehe keinen Grund, es zu lernen. Ich weiß schließlich, was ich fühle. Ob ich das ausdrücken kann oder will, ist meine Sache, oder? Jedenfalls, Gefühle sind wie Quecksilber, rauf, runter, und wenn du das Thermometer zerbrichst, läuft das Zeug raus. Puff.«
»Mary Minor, sei nicht so widerborstig. Ein bisschen Innenschau kann nicht schaden.«
»Nicht schon wieder die Therapieschiene!« Sie hob die Hände.
Er ging nicht auf die Bemerkung ein. »Zuerst wollte ich ja nicht dahin, aber ich hatte mein Leben so durcheinandergebracht, dass mir nur die eine Wahl blieb: hingehen oder einen Pistolenlauf in den Mund stecken.« Er hielt inne. »Eigentlich freu ich mich auf die Sitzungen. Ich nehme an einem Collegekurs teil, und das Thema bin ich. Das bedeutet vermutlich, dass ich selbstsüchtig bin.« Er lächelte gequält.
»Worauf es ankommt, dass es für dich eine« – sie suchte nach dem richtigen Wort – »Bereicherung ist. Du bist offen dafür und hast eine Menge davon. Ich nicht. Ich bin verschlossen. Das ist nicht mein Ding.«
»Was ist dein Ding?«
»Harte Arbeit. Warum fragst du, was du eh schon weißt?«
»Ich wollte es von dir hören.«
»Du hast mich gehört.«
»Harry, es ist in Ordnung, seine Gefühle mitzuteilen.«
»Verdammt noch mal, das weiß ich. Es ist auch in Ordnung, sie nicht mitzuteilen. Wozu ist es gut, Fair? Und wo ist die Grenze zwischen mitteilen und jammern?«
»Jammere ich?«
»Nein.«
Sie saßen und schwiegen. Mrs Murphy kam hereingetappt, ihre Maus ließ sie bei der Futterschüssel zurück.
»Geh mit ihm ins Kino, Mom«, empfahl Tucker.
»Ja«, fiel Murphy ein.
»Du weißt, wenn es eine Möglichkeit gibt, wie ich dir bei diesen Ermittlungen helfen kann, dann tu ich’s.«
»Ich weiß.« Er saß und wartete darauf, zum Bleiben aufgefordert zu werden, und wusste doch, dass sie ihn nicht bitten würde. Schließlich stand er auf, warf die Bierflasche in den Abfall und nahm sein Hemd vom Haken. »Danke fürs Zuhören.«
Sie ging mit ihm in die Küche. »Es wird sich alles einrenken. Es ist Zeitverschwendung, aber tanz eine Weile nach ihrer Pfeife.«
»Als würde ich für mein Essen singen? Weißt du noch, als ich ganz am Anfang war, wie Mim mich hier und da im Stall arbeiten ließ und mich dann verköstigt hat? Ist schon komisch mit Mim. Sie ist herrisch und snobistisch, aber im Grunde ist sie eine gute Seele. Die meisten Menschen sehen das nur nicht.«
»Ich erinnere mich bloß, dass Little Marilyns erster Mann dir auf den Keks gegangen ist.«
»Dieser Kerl.« Fair schüttelte den Kopf. »Ich war
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